Heidi Klum - Chamäleongesicht. Biographie (German Edition)
allamerikanische Sexbombe in den Köpfen der Zuschauer festigt. Inszenierte Missgeschicke wie diese machen Schlagzeilen, sind reine PR-Aktionen, die Heidi als Model bekannter machen und das verruchte Image von Victoria's Secret unterstreichen sollen. Es ist das alles eine große Verarsche, die Heidi in ihrem Buch fortsetzt, wenn sie davon schreibt: „Ich hatte einst versprochen, zur Feier dieses Meilensteins vor laufender Kamera zu jodeln. Jay ließ eine große Torte herein rollen und bestand auf der Einlösung meines Versprechens. Die Band schlug eine Melodie an, ich jodelte und beschloss, zum krönenden Abschluss noch einen kleinen „Juchzer“ zu geben – einen Schrei aus den Alpen. Ich holte tief Luft – vielleicht etwas zu tief – und krach! Der BH barst. Einige der 3000 Diamanten kullerten auf den Boden (und meine Brüste aus ihrem Gewahrsam).“ Es wäre interessant, zu wissen, wie oft die Szene geprobt werden musste, um dieses „Missgeschick“ für den zugleich prüden und doch nach Sex gierenden amerikanischen Fernsehzuschauer „natürlich“ rüberzubringen. Jedenfalls sieht man in der Sendung Heidis Brustwarzen nicht, schon weil Janet Jackson Jahre zuvor mit einer ähnlichen Aktion, die nicht als Unfall inszeniert war, Schiffbruch erlitten hatte.
Heidi wird für das Klischee des vor Lebensfreude sprudelnden, älpischen Paradieses auch in anderen ähnlichen Szenen missbraucht. Es geht dabei immer um üppige Brüste, die Milch geben und Frauen zu Sexbomben machen. Dieses Bild wird in einer Werbekampagne für das Trinken von Kuhmilch in den USA auf den Punkt gebracht. Heidi trägt in dem Spot ein Dirndl, aus dem fast ihr Busen kullert, hat einen weißen Streifen vom Trinken auf der Oberlippe, steht neben einer Kuh mit vollem Euter und spricht davon, wie gesund es für sie selbst und ihre eigenen Kinder sei, Milch zu trinken. Und dazu wird auch gejodelt, ebenso wie zur Emmy-Nominierung oder wie in dem Werbeclip für die Victoria's Secret Fashion Show 2007, wo Heidi, wie der Spiegel anmerkt, „Englisch mit klischeehaftem, deutschem Akzent“ spricht (etwa so, wie eben sonst auch), und mit ihren „Tröten“ herumspielt. Der Spot ist auf YouTube sehr beliebt geworden und fast cartoonhaft, eine gnadenlose Selbstparodie einer Sexbombe, die ihre Brüste befummelt, sie hin und her dreht und damit maschinengewehrhaft zu schießen droht. Heidi stammelt, stößt Laute heraus – und jodelt dabei eben auch. Selten ist Unterwäsche eines Herstellers, der Geschlechtslust in Wallung bringen möchte, unter so großem persönlichen Einsatz verkauft worden. E!online fasst die Reaktionen auf den Maschinengewehrspot treffend zusammen: „Entweder hat sie den Verstand verloren oder zu viel Kleber geschnüffelt. Egal, der Gaga-Clip ist das Beste, was wir je gesehen haben.“
Ein Zerrbild dessen, was Heidi das Jodeln selbst einmal bedeutet hat, findet seinen Weg sogar bis in die Sendung Germany's Next Topmodel , in dem ein Mädchen im Dirndl im Publikum vorkommt, das der jungen Heidi sehr ähnlich sieht. Die Szene wirkt gestellt, wie von der Regie vorgeplant und ist das wohl auch gewesen. Das mit deutlich oberbayerischem Akzent sprechende Mädchen trägt in der Szene ein Dirndl wie aus dem Kostümfundus von ProSieben , sieht aus wie etwas, das man aus Theateraufführungen kennt, aber in Traditionsshops schon seit Jahrzehnten nicht mehr kaufen kann. Auch die Jury scheint für die Szene nach Regieanweisung postiert, sitzt behelfsmäßig auf großen Würfeln, Heidi mit gestrecktem Rücken auf einem Podest. Die Einleitung zu der Szene wirkt wie aus einem Skript. Heidi fordert die junge Frau dazu auf, zu jodeln – weil sie ein Dirndl trägt. Als diese behauptet, sie könne nicht jodeln, sagt Heidi, sie solle doch „Hütermadel“ singen. Sie spricht den Titel aus, als würde sie so was nur aus den Medien kennen. Dem Mädchen scheint Hubert von Goiserns Hit „Koa Hiatamadl mog i net“ aus dem Jahr 1992, mit dem er die Hitparaden stürmte, sogar ein Begriff zu sein, was möglich ist, für die Generation aber nicht gerade wahrscheinlich. Denn damals war die Kandidatin, sofern schon geboren, dann doch ein Baby. Heidi dagegen war damals achtzehn. Niemand im Publikum ahnt, dass „Hiatamadl“ Heidis Lieblingslied im Winter ihrer Liebe in Südtirol war. Das Lied, das sie oft mit ihrem damaligen Freund auf der Bühne gesungen hat. Heidi selbst lässt bei GNTM in keiner Weise erkennen, welche autobiographische Nahebeziehung sie
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