Heidi Klum - Chamäleongesicht. Biographie (German Edition)

Beitrags. Was sie daran stört: Diese Auftritte können ihr Bild in der Öffentlichkeit nicht wesentlich erweitern oder bereichern. Heidi möchte ihr Talent auch jenseits des Modeltagesgeschäfts beweisen, sich dem Publikum von einer neuen Seite zeigen. Eine Wegmarke wird hier im April 2001 die Moderation der Abschlusssendung von „Fashionably Loud Europe“ auf MTV in Mailand. Die Sendung wird für Heidi zum Erfolg aus mehreren Gründen. Der Spartenkanal ist zwar klein, doch er hat ein junges, hippes, modebewusstes Publikum, das die Käufer von morgen darstellt. Dann findet die von IMG veranstaltete Show, in der sich Modewelt und Pop begegnen sollen, in einer der europäischen Modemetropolen statt. Und noch dazu darf Heidi hier aus der ihr zugedachten Rolle als Zwischenansagerin schlüpfen und neben einer der Hauptattraktionen des Abends auf der Bühne stehen. Es handelt sich dabei um die Gruppe Wheatus, deren Hit „Teenage Dirtbag“ derzeit in Australien an der Spitze der Charts steht und auch in Deutschland bis Platz 2 der Hitparade vorstößt. Wheatus gelten gerade als besonders angesagt, weil ihr Lied die Titelmelodie eines erfolgreichen Kinofilms des aus der American-Pie-Serie bekannten Teenie-Stars Jason Biggs darstellt. Im dazu verbreiteten Video himmelt Biggs ein Mädchen an, das sich im Laufe des Clips dann auch singend an ihn wendet. Diesen Part übernimmt Heidi auf der Bühne in Mailand. Das Erlebnis ist für sie so überwältigend, dass sie es auch heute noch auf ihrer Webseite als eines der Ereignisse erwähnt, die ihre Karriere geprägt haben. Und tatsächlich markiert der Auftritt den Beginn ihrer Karriere neben und nach dem Laufsteg. Die Abschlusssendung von „Fashionably Loud Europe“, das seit einer Weile am Samstag um 17 Uhr auf MTV läuft, wird zwar bald ebenso vergessen sein wie die ganze Sendung, doch „Fashionably Loud“ ist das Versuchslaboratorium für Reality-Formate, mit denen Heidi und vor allem Tyra Banks von nun an ihre Karriere beflügeln würden. Die Agentur IMG Models sucht weitere Verwertungsketten ihrer Klientinnen im Fernsehen. Ihr Hauptprodukt wird zwei Jahre später „American Next Top Model“ werden. Sollte „Fashionably Loud Europe“ noch die Modewelt mit internationalen Popstars zusammenführen, erkennt man nun durch den Erfolg von Casting-Shows, dass eine einfache Präsentation schöner Menschen und schöner Kleider nicht ausreicht, um dauerhaftes Interesse des Fernsehzuschauers zu schüren. Heidi selbst hat schon bei „Model Mission“ auf MTV in Amerika als Co-Moderatorin Gelegenheit, ihre Eignung für dieses Format zu überprüfen. Dass dann Tyra Banks im Jahr 2003 die erste aus der Riege der bei IMG in Vertrag stehenden Models wird, die eine Show angeboten bekommt, liegt an ihren Talenten. Tyra scheint wie gemacht zum Moderieren, und sie ist so talentiert auf anderen Gebieten, dass sie sogar das Titellied der Show „America's Next Topmodel“ schreibt und auch selbst einsingt.
    „ Fashionably Loud Europe“ ist in diesem Zusammenhang ein Test über Heidis Eignung für eine ähnliche Rolle. Dieser Test ist gelungen. Schon 2003 beginnen die Vorverhandlungen zu „Project Runway“, der Show, die Heidi in Amerika berühmt machen wird. Dass es weitere zwei Jahre dauern wird, bis dann die Premiere im Bravo-Kanal statt findet, hat andere Gründe. „Fashionably Loud Europe“ gibt aber auch Heidis Selbstbewusstsein Auftrieb. An dem Abend in Mailand gelingt es ihr nebenbei auch, die Modestadt für sich zu erobern, in der sie ein knappes Jahrzehnt zuvor noch als namenloses Möchtegernmodel orientierungslos herumstolperte.
    Auch Heidis Filmkarriere macht nun erste Schritte. Sie spielt 2001 ein Topmodel in Jamiroquais Video „Love Foolosophy“. Zu Beginn des Videos liegt sich auf dem Rücksitz seines Rolls Royce, den er durch die Alpen steuert und schläft. Ihre Hündin Sheila ist mit von der Partie, genießt den Fahrtwind im Wagen. Später sind die beiden auf einer Gartenparty zu sehen. Als Jamiroquai ein Mädchen am Poolrand beäugt, stößt ihn Heidi ins Wasser, dreht sich um und geht weg, ihre Hündin an der Seite. Ihr Gesicht bleibt während der ersten Hälfte des Clips ausdruckslos, und sie stakst neben dem etwas kleineren Jamiroquai her, der optisch an ihren späteren Freund Anthony Kiedis erinnert, hochmütig wie auf dem Laufsteg. Ohne ihr Lächeln wirkt sie blass. Später sieht man sie dann ausgelassen hinter Jamiroquai im Wagen albern, und sie lächelt