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Heike Eva Schmidt

Heike Eva Schmidt

Titel: Heike Eva Schmidt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Purpurmond
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des weiten Hemdes reichte, dass sich der Stoff eng an meinen Oberkörper schmiegte. Meine Körbchengröße war zwar nicht berauschend, aber sie genügte, um Daniel und Jakob zu zeigen, dass da ein weibliches Wesen vor ihnen stand.
    Schade, dass die Digitalkamera im Jahr 1630 noch nicht erfunden worden war, dachte ich flüchtig. Zu gerne hätte ich ihre Gesichter fotografiert.
    »Das ist ja eine Frau«, rief Daniel anklagend.
    Jakob fand seine Sprache wieder und funkelte erst mich, dann Daniel wütend an. »Seht mich nicht so an, junger Herr. Diese Tatsache war auch mir nicht bekannt«, verteidigte er sich vor dem Richtersohn.
    »Aber Dorothea wusste es!«, trumpfte ich auf. »Und damit erklärt es sich wohl von selbst, dass die Klostervorsteherin Zeugin einer harmlosen Umarmung war.«
    Daniel nickte und sah nun sehr erleichtert aus. Er schenkte mir sogar ein Lächeln, auch wenn es noch etwas verrutscht wirkte – so als hätte ich mich gerade als Ensemblemitglied einer Travestieshow geoutet. Ich grinste aufmunternd zurück. Schließlich war ich eine Nachfahrin der Förgs, daher waren Daniel und ich quasi verwandt – wenn auch mit einem Abstand von 300 Jahren. Ich bemerkte, dass Daniels Blick stirnrunzelnd auf meinen Füßen ruhte. Meine Turnschuhe! Wahrscheinlich hatte der Richtersohn solches Schuhwerk noch nie gesehen, schon gar nicht an einem als Mönch verkleideten Mädchen.
    »Das erkläre ich dir ein andermal«, sagte ich hastig, und er schien sich damit zufriedenzugeben.
    Jakob hingegen wich meinem Blick aus und starrte finster auf den Fußboden. Keine Ahnung, was ihm jetzt schon wieder die Petersilie verhagelt hatte. Eigentlich hätte er ebenso aufatmen müssen wie ich, immerhin hatten wir Daniel überzeugt.
    Jakobs düstere Miene ignorierend, wandte ich mich an Daniel: »Ich bin froh, dass du uns glaubst. Dorothea liebt dich über alles. Und nur du kannst ihr helfen. Denn dein sauberer Herr Vater hat dir eins verschwiegen: Dorothea sitzt im Verlies des Drudenhauses …«
    Wie angestochen fuhr Daniel von dem gepolsterten Samtstuhl hoch, auf den er sich niedergelassen hatte. Er war so bleich geworden wie der Halbmond, der am Himmel stand.
    »Sie ist … im Malefizhaus?«, würgte er hervor.
    Ich nickte. Daniel ließ sich zurückfallen und schloss gequält die Augen: »Und dafür habe ich der Äbtissin einen Batzen Taler gegeben«, sagte er bitter. »Dafür, dass sie Dorothea bei erster Gelegenheit aus ihrem Schutz entlässt …«
    Ich rief: »Dann warst du es also, der dafür gezahlt hat, dass Dorothea im Kloster aufgenommen wurde?«
    Daniel blickte uns müde an, ehe er sich an Jakob wandte: »Ich hätte sie sonst nicht schützen können, das weißt du!«
    Jakob nickte nur. Als er meinen fragenden Blick bemerkte, seufzte er: »Üblicherweise ist es den adligen Töchtern und Witwen vorbehalten, Aufnahme in einem Nonnenkloster gewährt zu bekommen. Nur sie verfügen über die nötigen Mittel.«
    »Wie jetzt? Die müssen noch dafür zahlen, dass man sie tagelang einsperrt?«, rief ich perplex.
    Die beiden Männer musterten mich befremdet und schwiegen. Ich gab es auf, die Regeln von vor 300 Jahren verstehen zu wollen, und wandte mich erneut an Daniel: »Offenbar hat Dorothea geahnt, dass dein Vater sie suchen würde, und versucht, vor ihm zu fliehen. Sie wollte ihm weismachen, ihr sei etwas zugestoßen. Zu diesem Zweck hat sie sogar ihr eigenes Haus in Brand gesteckt. Hat aber nichts genützt, er hat sie irgendwie gefunden und ins Drudenverlies eingesperrt. Vor zwei Tagen«, fügte ich noch hinzu.
    Ich erschrak über die plötzliche Veränderung, die mit dem Sohn des Richters innerhalb von Sekunden vor sich gegangen war: Seine Brust hob und senkte sich schwer unter der Samtweste, und Schweißperlen glitzerten auf seiner Stirn, wie Tau auf Grashalmen. Sein Gesicht war wächsern und die Oberlippe zu einem Fletschen hochgezogen. Er erinnerte mich an einen beißwütigen Hund. Im ersten Moment hatte ich Panik, dass sich Daniels Zorn nun gegen mich richten würde, doch dann stieß er hervor: »Verdammt soll er sein! Ich bringe ihn um!«
    Er wollte aus dem Zimmer stürzen. Mit einer Behendigkeit, die mich – und wohl auch Daniel – überraschte, war Jakob an seiner Seite und riss ihn am Arm zurück.
    »Oh nein, das werdet Ihr nicht!« Seine Stimme klang laut und bestimmt. Die beiden Männer rangelten miteinander, doch Jakob hielt Daniel eisern fest. Schließlich senkte der den Kopf und gab auf.
    »Jakob hat recht,

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