Heilerkrieg 03 - Krieg der Heiler
genauso gern nach Hause wie wir.«
Es fühlte sich seltsam an, Lanelle sagen zu hören, dass sie nach Hause wollte.
»Wie auch immer«, meinte sie und rieb sich die Augen. Zuvor waren mir die dunklen Ringe darunter nicht aufgefallen. »Ich kümmere mich um die Leute in den Lagern.«
»Danke.« Wir ließen Lanelle in einem Zimmer mit Pritschen allein. Mich schauderte, als ich mir den letzten Raum vorstellte, den sie beaufsichtigt hatte. Dort waren alle Pritschen besetzt gewesen. Ein Raum gefüllt mit Leid.
Ich seufzte. »Wann ist bloß alles so aus dem Ruder gelaufen?«
Danello hielt inne. »An dem Tag, als du mir geholfen hast.«
» Was? « Gab er etwa mir die Schuld?
»Nein! So hab ich das nicht gemeint«, sagte er rasch. »Es lag nicht an dir , es war bloß an jenem Tag. Das Fährunglück. All die verletzten Menschen. Damit fing es an.«
Ich blies den Atem aus, aber mein Herz raste immer noch. »Gut, da haben wir von den Experimenten des Herzogs erfahren, aber weißt du, ich glaube, es hat schon davor begonnen.« Ich sah ihn an, und in seinen Augen flackerte Begreifen auf. Und Traurigkeit.
»Vor fünf Jahren.«
Ich nickte. »Vor fünf Jahren.«
Als der Herzog die Macht übernommen hatte und in unsere Heime einmarschiert war. Und bis er weg wäre, würde nichts je wieder in Ordnung sein.
»Nya«, flüsterte Aylin irgendwann in den Stunden vor dem Morgengrauen. »Bist du wach?«
»Ja.« Der Wind hatte mich schon vor einer Weile geweckt, weil er gegen das Bauernhaus peitschte wie Wellen gegen Felsen. Es lag wohl daran, dass er weder von Wäldern noch von Bergen gebremst wurde. Hier gab es nur offenes Ackerland.
Ich vermisste Wellen. Und Wasser. Und das Krächzen der im Wind schwebenden Seemöwen.
Aylin schüttelte mich. »Hörst du mir überhaupt zu?«
»Tut mir leid. Was?«
Sie seufzte tief. »Ich habe dich gefragt, wie lange du vorhast, nach Tali zu suchen.«
»Bis ich sie finde.«
»Und was, wenn du sie gar nicht findest?«
Darüber wollte ich nicht nachdenken. Oder reden. Stille breitete sich in der Dunkelheit aus.
»Ich will nicht herzlos oder so erscheinen«, fuhr Aylin fort, »aber wenn die Gerüchte stimmen und Geveg wieder den Gevegern gehört, na ja, dann wäre es doch toll, nach Hause zurückzukehren, oder?«
Ich schluckte, aber mein Mund fühlte sich trocken an. »Ja.«
»Und ich weiß, dass es Danello auch will, obwohl er dir das nie sagen würde. Er macht sich Sorgen um seinen Vater. Halima und die Zwillinge tun das auch. Sie vermissen ihn wirklich.«
»Vielleicht solltet ihr ohne mich gehen.« Es tat weh, das auszusprechen, aber wie konnte ich sie mit dem Wissen, dass sie nach Hause wollten, hier behalten?
Sie schnaubte und stupste mich in den Arm. »Das will ich damit nicht sagen. Ich meine nur, dass du vielleicht anfangen solltest, über Möglichkeiten nachzudenken, wie man Tali finden könnte, ohne dass du dich ständig in Gefahr bringst.«
»Wie?«
»Keine Ahnung. Durch einen Greifer? Ich habe gehört, Vyand soll gut sein.«
Ich schlug mit meinem Kissen nach ihr. »Aylin! Wie kannst du so etwas auch nur zur Sprache bringen ...«
Etwas schlug gegen die Außenwand – etwas Heftigeres als der Wind. Aylin richtete sich jäh auf.
»Was war das?«, flüsterte sie.
Ich schlüpfte aus dem Bett und achtete darauf, nicht mit den Laken zu rascheln oder den Rahmen zum Quietschen zu bringen. Jeatar besaß gute Möbel, die selten einen Laut von sich gaben. Genauso leise bewegte ich mich über den Teppich, als ich mir den Weg zu den Balkontüren bahnte.
Ein weiteres Pochen, dann ein Kratzen, das sich wie Metall auf Holz anhörte.
Ich zog die Vorhänge gerade weit genug zurück, um hinausspähen zu können. Mondlicht erhellte den Balkon und spiegelte sich wider auf einem ... einem Enterhaken?
Eine Hand landete auf dem Geländer, gefolgt von einem Bein. Ich wich zurück.
»Da ist jemand«, sagte ich. »Verschwinde aus ...«
Hinter mir zerbarst Glas, dann schossen mir heiße Schmerzen in den Rücken.
V IERTES K APITEL
I ch schrie auf und hechtete nach vorn, weg von dem, was mich erwischt hatte. Ich schlug auf dem Boden auf; neben mir landete etwas anderes. Etwas Kleines, das sich bewegte. Es schlitterte zurück zu den Balkontüren, verkeilte sich am Türrahmen, durchbrach diesen jedoch und blieb schließlich am Balkongeländer hängen.
Ein zweiter Enterhaken.
»Aylin, verschwinde aus dem Zimmer!« Ich rappelte mich gerade auf die Füße, als der erste Eindringling die Türen
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