Heilerkrieg 03 - Krieg der Heiler
zupfte an meinem Ärmel. Sie deutete in eines der Gebäude, dessen Fenster zerbrochen, aber nicht mit Brettern vernagelt war. Auf einem kleinen Tisch an einer Wand flackerten Kerzen. Dazwischen stand eine Opferschale ... und zwar unter dem Steckbrief mit meinem Gesicht.
»Ist das ein Schrein? « Das konnte nicht sein. Nicht hier, nicht in Geveg.
»Ich vermute mal, die Heiligenjünger auf dem Bauernhof waren nicht die einzigen.«
Und sie würden nicht damit aufhören, ihren Glauben an mich zu verbreiten. Aber hier kannten mich die Leute. Sie wussten, dass ich von niemandem gesandt worden war, um irgendetwas zu vollbringen. Bei den Heiligen, die meisten würden mich nicht einmal einstellen . Wie konnten sie also ... Ich schaute zurück zu dem Schrein und schluckte. Mich anbeten . Das war in jeder Hinsicht falsch.
Schlimmer noch, es würde die Heiligen vielleicht erzürnen.
»Hoffen wir mal, das bedeutet, dass die Menschen hier auf unserer Seite sind«, meinte ich und bewegte mich von dem Fenster weg.
Ich verlangsamte die Schritte, als wir uns der Brücke näherten, und hielt mich hinter allem, was ich als Deckung finden konnte. Selbst wenn nicht Krieg herrschte, wurden die Brücken in der Regel bewacht, außerdem stellten sie praktische Plätze für einen Hinterhalt dar. Ich spähte durch die Dunkelheit. Nur Stein und Schatten. Aber ein guter Hinterhalt würde auch keine anderen Anzeichen erkennen lassen.
Unter der Brücke rauschte Wasser hindurch. Das Platschen und Gurgeln klang so, als hätte seit geraumer Zeit niemand mehr jemanden damit beauftragt, das Laub zu entfernen. Die Kanäle mussten verstopft sein von lauter Wasserhyazinthen. Mit einer Gondel darin zu fahren wäre wahrscheinlich unmöglich.
In der Nähe der Brücke hustete jemand. Ich hob die Hand und kauerte mich hin. Die anderen duckten sich hinter mir. Also erwartete uns tatsächlich ein Hinterhalt. Ich konnte mit Müh und Not kantige Schatten ausmachen, als befände sich am Fuß der Brücke eine Art Barrikade. Zertaniks Stadthaus lag in einer Baseeri-Gegend, die vermutlich von Baseeri kontrolliert wurde. Wir würden einen anderen Weg dorthin finden müssen.
Ich gab das Zeichen zum Rückzug, und wir schlichen uns von der Brücke weg. Wir versteckten uns in den Schatten hinter einem Gebäude.
»Glaubt ihr, alle Brücken werden bewacht?«, flüsterte Aylin.
Danello nickte. »Wahrscheinlich schon. Das sind natürliche Engpässe, einfach zu verteidigen.«
»Gibt es einen anderen Weg hinein?«, fragte Quenji.
»Ja«, antwortete ich. »Aber dafür müssten wir drei Brücken überqueren und über den Gildeplatz. Ich bin sicher, die Gilde wird gut bewacht, vermutlich von Unsterblichen.«
Soek schaute auf. »Was ist mit den Dächern?«
»Das würde Tali nie schaffen. Wie wär’s mit tiefer?« Ich deutete auf den Kanal. »Nicht weit von hier ist ein Gondeldock. Dort können wir ins Wasser steigen, durch den Hauptkanal schwimmen und auf der anderen Seite hinausklettern. Die Soldaten an der Brücke werden uns nicht einmal sehen.«
»Und das ist besser als klettern?«, fragte Danello.
»Zumindest kann sie nicht abstürzen und sich den Hals brechen. Sie ist immer eine gute Schwimmerin gewesen.«
»Du wirst ihre Handfesseln lösen müssen.«
Ich zögerte.
»Du könntest ihr ein Seil umbinden«, schlug Soek vor. »So kann sie schwimmen, und du kannst sie trotzdem festhalten.«
»Das könnte klappen.«
»Was ist mit Krokodilen?« Aylin legte die Stirn in Falten. »Jagen die nicht nachts?«
»Krokodile?«, meldete sich Quenji zu Wort. Soek schaute genauso besorgt drein wie er.
»Die werden in der Halbmondbucht oder bei den Bauerninseln sein, wo die Tiere sind.« Es sei denn, Wasserhyazinthen gaben gute Jagdgründe ab. Ich schaute zu den Pflanzen, die das dunkle Wasser bedeckten. Wir würden es nicht einmal sehen , wenn da drin ein Krokodil steckte. Jedenfalls nicht, bevor es uns im Maul hätte.
»Ich weiß nicht recht«, sagte Soek. »Vielleicht sollten wir das Boot nehmen. Es muss doch auf der Insel einen Platz geben, wo wir anlegen können.«
Ich schüttelte den Kopf. »Nicht durch diese Pflanzen. Die sind zu dicht.«
»Ich schätze, dann werden wir nass.« Aylin seufzte. »Und dabei waren das neue Sandalen.«
Wir schlichen um die Gebäude, dann die Seemauer entlang zu einem überwucherten Dock. Das Schmuckgeschäft darüber hatte vor einer ganzen Weile geschlossen, schon bevor wir Geveg verlassen hatten. Kein Geveger konnte sich Schmuck
Weitere Kostenlose Bücher