Heilerkrieg 03 - Krieg der Heiler
du?«
Sie rückte näher und legte ihre Hand auf die meine. Ich zog meine weg und führte sie zurück zu Danello. Mittlerweile war er totenblass, kalt und klamm. Der Schaden war überall, breitete sich schneller aus, als ich heilen konnte.
Ich schloss die Augen und drang tiefer vor, hetzte dem Gift hinterher, versuchte, es zu überholen. Tali legte die Hand wieder auf meinen Arm, und das Kribbeln kehrte zurück.
Sie umklammerte meinen Arm fester. »Zu viel«, flüsterte sie.
Kleider raschelten, und jemand setzte sich auf meiner anderen Seite neben mich. Warme Hände legten sich um meine Stirn. Soek.
»Aylin, wir brauchen die andere Armschiene«, sagte er.
»Ich hole sie.«
Ich rechnete damit, dass Ipstan abermals Einwände erheben würde, doch er sagte kein Wort. Die Heiler in der Ecke murmelten untereinander, dann wurden ihre Stimmen lauter, als kämen sie näher, um uns zuzusehen.
Ich zog , so schnell ich konnte, stemmte mich gegen den steten Strom der Schmerzen. Soek und Tali leiteten sie genauso schnell ins Metall ab. Ich betete ebenso inbrünstig, wie ich heilte. Alles, was Mama und Großmama je über Gift gesagt hatten, hallte mir durch den Kopf. Es kann nicht geheilt werden. Ein Vergifteter kann nicht gerettet werden. Es ist unmöglich.
Allerdings hatte ich das Unmögliche schon einmal möglich gemacht.
So Saea wollte, konnte ich es noch einmal tun.
Wir heilten stundenlang. Die Sonne war untergegangen, und Aylin brachte Lampen und eine Mahlzeit, wenngleich ich nicht essen konnte. Sie setzte mir einen Becher an die Lippen, und ich trank Fruchtsaft, als mein Mund zu trocken wurde, um zu schlucken. Neben uns türmten sich drei Teile der Pynviumrüstung – zwei Armschienen und ein Beinschoner. Bald würden wir ein viertes Teil brauchen.
Kione war mit Danellos Vater eingetroffen. Er saß mit angespannter Kieferpartie und besorgten Augen in unserer Nähe und beobachtete den Überlebenskampf seines Sohnes. Ipstan war noch da, und andere hatten sich zu ihm gesellt, sich wie Bussarde um einen Sterbenden geschart.
»Wie lange kann sie noch so weitermachen?«
»Glaubst du, sie kann ihn retten?«
»Was geschieht, wenn ihnen das Pynvium ausgeht?«
Daran wollte ich nicht denken. Soek und Tali konnten versuchen, die Heilung aufrechtzuerhalten, während ich die Rüstung blitzte, aber wir mussten alle zusammenarbeiten, um nicht von den Schäden überrollt zu werden. Wenn ich aussetzte, würde das Gift Danello bestimmt töten, bevor ich wieder mitmachen konnte.
»Weißt du, du könntest ruhig helfen«, hatte Aylin irgendwann nach Mitternacht zu dem verbliebenen Heiler gesagt. Er hatte nichts erwidert, sondern war rasch gegangen, verfolgt von den missbilligenden, finsteren Blicken der anderen.
Weiteres Pynvium türmte sich neben uns, eine gesamte Rüstung. Tali zitterte, doch ich vermochte nicht zu sagen, ob die Rüstung sie störte, oder ob es bloß an Erschöpfung lag.
Ipstan ging. Andere kamen. Jemand brachte Kerzen und sang Gebetslieder. Saama saß eine Weile bei uns. Dieselben beiden Mädchen, die zuvor Botengänge für sie erledigt hatten, halfen ihr herein. Der Strom der Menschen war so stet wie jener der Schmerzen.
Es war wie bei der Waffe des Herzogs. Meine Haut brutzelte von innen, meine Kehle war rau. In den Händen hatte ich kein anderes Gefühl mehr als das Kribbeln, das mich immer und immer wieder durchlief.
Danellos stöhnte; für ihn gestaltete sich die Heilung genauso schmerzhaft. Wahrscheinlich sogar noch schmerzhafter, zumal wiederholt dieselben Organe zerstört und geheilt wurden.
Die Glocken des Uhrturms läuteten dreimal, als wollten sie sagen: Lass. Ihn. Sterben.
»Vielleicht sollten wir ... Ich meine, er hat solche Schmerzen«, sagte sein Vater und hatte Mühe, die Worte herauszubekommen. »Vielleicht ist es an der Zeit aufzuhören.«
»Nein.« Ich weigerte mich, ihn sterben zu lassen. Weigerte mich, einen weiteren Freund zu verlieren.
»Nya, er leidet. Wir können ihm das nicht länger antun.«
Heiße Tränen rollten mir über die Wangen. »Ich gebe ihn nicht auf.«
Danello, bleib bei mir. Du hast versprochen, dass du bei mir bleibst.
Der Sonnenaufgang erhellte das Lagerhaus, gelbe Lichtstrahlen fielen durch die Fenster ein wie Speere. Ich kniff die Augen zusammen und wandte das Gesicht ab. Mittlerweile lagen fast zwei gesamte Pynviumrüstungen neben uns, und Tali und Soek hielten die letzten Teile in den Händen.
Meine Kleider und wahrscheinlich auch die der anderen waren
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