Heilige Mörderin: Roman (German Edition)
hängen.
Alles, was sie gesagt hatte, ergab einen Sinn. Die zweifelhaften Aspekte vom Vorabend waren so gut wie geklärt. Was natürlich kein Grund war, Hiromi zu vertrauen.
»Wie gesagt, bestehen kaum Zweifel, dass es sich bei dem vorliegenden Fall um einen Mord handelt. Die Frage, ob Ihnen dazu etwas einfällt, haben Sie bereits gestern Abend verneint. Sie sagten auch, Sie wüssten nichts über Herrn Mashiba außer, dass er der Ehemann Ihrer Lehrerin sei. Könnten Sie uns nun, da Sie Ihr besonderes Verhältnis zu Herrn Mashiba zugegeben haben, doch noch etwas dazu sagen?«
Aber Hiromi Wakayama runzelte die Stirn.
»Nein. Ich kann nicht einmal fassen, dass Yoshitaka ermordet wurde.«
Bisher hatte sie den Toten die ganze Zeit »Herr Mashiba« genannt, und es fiel Kusanagi auf, dass sie nun »Yoshitaka« sagte.
»Erinnern Sie sich bitte ganz genau, worüber Sie in letzter Zeit mit Herrn Mashiba gesprochen haben. Wenn es ein Mord war, heißt das, es muss ein konkretes Motiv existieren. Für gewöhnlich ist dies dem Opfer auch bewusst, und häufig spricht es unwillkürlich darüber, auch wenn es die Absicht hat, es zu verbergen.«
Hiromi presste die Hände gegen die Schläfen und schüttelte den Kopf. »Da war nichts. Beruflich schien alles gut zu laufen, er hatte keinen besonderen Ärger und redete nie schlecht über jemanden.«
»Denken Sie doch bitte noch etwas nach.«
Hiromi warf dem Kommissar einen traurigen, aber auch ein wenig trotzigen Blick zu. »Das habe ich bereits getan. Ich habe die ganze Nacht geweint und gegrübelt, wie es dazu kommen konnte. Hin und her habe ich überlegt, ob erSelbstmord begangen hat oder von jemandem getötet worden ist. Aber ich weiß es einfach nicht. Nichts wäre mir wichtiger, als den Grund für seinen Tod zu erfahren, Herr Kommissar.«
Kusanagi sah, dass ihre Augen gerötet waren. Selbst die Haut darum herum wirkte wund. Vermutlich hatte sie Yoshitaka Mashiba wirklich geliebt. Falls sie schauspielerte, war ihr Auftritt bühnenreif.
»Wann hat Ihr Verhältnis mit Yoshitaka Mashiba begonnen?«
Hiromis Augen weiteten sich. »Ich glaube nicht, dass das etwas mit dem Fall zu tun hat.«
»Die Entscheidung, was damit zu tun hat und was nicht, überlassen Sie doch bitte uns. Wie ich bereits sagte, bleiben diese Dinge unter uns, und wenn keine Verbindung zum Fall besteht, werden wir anschließend auch keine weiteren Nachforschungen anstellen.«
Sie presste die Lippen zu einer Linie zusammen und holte tief Luft.
»Vor drei Monaten.«
»Ich verstehe.« Kusanagi nickte. Er hätte gern einige Details über den Beginn der Affäre erfahren, ließ es jedoch damit bewenden. »Wusste jemand von Ihrem Verhältnis?«
»Nein, niemand.«
»Aber Sie sind doch zusammen essen gegangen. Jemand hätte Sie sehen können.«
»Wir haben immer aufgepasst und sind nie zweimal in das gleiche Restaurant gegangen. Außerdem ging Herr Mashiba häufig mit Klientinnen oder Hostessen essen. Selbst wenn man uns zusammen gesehen hätte, hätte sich niemand etwas dabei gedacht.«
Yoshitaka Mashiba schien auf seine Weise ein Charmeur gewesen zu sein. Gut vorstellbar, dass Hiromi Wakayama nicht seine einzige Geliebte gewesen war. Wenn dem so war, hätte sie ein Motiv gehabt, ihn zu töten.
Utsumi hörte auf mitzuschreiben und schaute auf. »Sind Sie bei Ihren heimlichen Rendezvous auch in Love Hotels gegangen?«
Unwillkürlich warf Kusanagi einen Seitenblick auf seine Kollegin. Es war ihr gelungen, die Frage in einem sachlichen, rein dienstlichen Ton vorzubringen. Er hatte auch vorgehabt, sie zu stellen, wenn auch nicht so unverblümt.
Hiromi Wakayama wirkte verärgert. »Spielt das eine Rolle bei Ihren Ermittlungen?«, fragte sie ein wenig spitz.
»Selbstverständlich«, erwiderte Utsumi mit ungerührter Miene. »Um den Fall zu lösen, müssen wir uns Einblick in sämtliche Bereiche von Yoshitaka Mashibas Leben verschaffen und so viel wie möglich darüber erfahren, was er wo getan hat. Das meiste würden wir durch eine ausgedehnte Befragung seines Umfelds sowieso herausfinden. Ich frage Sie ja nicht, was er dort mit Ihnen gemacht hat, wir müssen nur wissen, wo er sich überall aufgehalten hat.«
Hiromi verzog beleidigt den Mund. »Wir sind meist in ganz normale Hotels gegangen.«
»Mehrmals in ein bestimmtes?«
»Wir hatten drei verschiedene. Aber im Hotelregister werden Sie uns nicht finden. Wir haben immer einen falschen Namen benutzt.«
»Nennen Sie uns sicherheitshalber die Hotels.«
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