Heilige Mörderin: Roman (German Edition)
schaute hinein.
»Genau, wie ich es erwartet habe«, sagte er und goss das Wasser ins Spülbecken. Überrascht sah Kusanagi, dass es rot gefärbt war.
»Was ist das?«
Yukawa stellte den Kessel in die Spüle und lachte. »Ich habe geschwindelt, als ich sagte, es gebe keine Tricks. In Wirklichkeit habe ich eine Gelatinekapsel mit rotem Farbstoff in den Kessel gegeben. Wenn das Wasser kocht, löst sich die Gelatine langsam auf, und das Pulver vermischt sich mit dem Wasser.« Er wurde wieder ernst und nickte Utsumi zu. »Der Kessel könnte zweimal benutzt worden sein, bevor das Opfer zu Tode kam.«
»Also Samstagabend und am Sonntagmorgen«, erwiderte Utsumi.
»Je nach Dicke der Gelatine wäre das Gift erst beim dritten Mal ausgetreten. Sie sollten dies von der Kriminaltechnik überprüfen lassen. Man sollte auch in Betracht ziehen, wo im Kessel die Gelatine angebracht werden müsste, und ob es Alternativen zu Gelatine geben könnte.«
»Gut.« Utsumi notierte sich Yukawas Anweisungen.
»Was ist los, Kusanagi? Was schaust du so verdrießlich?«, neckte Yukawa seinen Freund.
»Tue ich ja gar nicht. Aber kein normaler Mensch würde sich eine so abseitige Methode für einen Giftmord ausdenken.«
»Wieso abseitig? So raffiniert ist das gar nicht für jemanden, der häufiger mit Gelatine zu tun hat. Zum Beispiel eine Hausfrau, die über besondere Kochkünste verfügt.«
Kusanagi knirschte unwillkürlich mit den Zähnen. Sein Freund hatte eindeutig Ayane Mashiba als Täterin im Auge. Wahrscheinlich hatte Utsumi ihm das eingeredet.
Utsumis Handy klingelte. Sie nahm ab, sagte ein paar Worte und sah dann Kusanagi an. »Es war das Labor. Sie haben tatsächlich nichts in den leeren Flaschen gefunden.«
Kapitel 13
»Wir wollen nun schweigen.«
Der Anweisung des Zeremonienmeisters folgend schloss Hiromi die Augen. Unmittelbar darauf ertönte Musik im Raum. Hiromi hielt erstaunt den Atem an. »The Long and Winding Road« von den Beatles. Yoshitaka Mashiba hatte die Beatles gemocht, im Auto hatten sie diese häufig gehört. Das melancholische Lied mit seinem langsamen Rhythmus hatte er besonders geliebt. Ayanes Wahl, dachte Hiromi bitter. Die Stimmung des Liedes passte fast zu gut zu diesem Anlass. Erinnerungen an Yoshitaka übermannten sie. Das Blut stieg ihr ins Gesicht, und die heißen Tränen drohten, unter ihren geschlossenen Lidern hervorzuquellen.
Natürlich wusste Hiromi, dass sie jetzt nicht weinen durfte. Es würde einen sehr seltsamen Eindruck hervorrufen, wenn eine Frau, die in keiner direkten Beziehung zu dem Verstorbenen stand, sich hier die Augen ausweinte. Auch Ayane durfte sie ihre Tränen nicht zeigen.
Als das Stück beendet war, legten die Trauergäste der Reihe nach ihre Blumen am Altar ab. Ayane stand bescheiden neben dem Altar und verbeugte sich vor jedem Einzelnen.
Yoshitakas Leichnam war am Tag zuvor von der Polizei in die Trauerhalle gebracht worden. Tatsuhiko Ikai hatte die Zeremonie organisiert, die offenbar anstelle einer Totenwache stattfand. Für den folgenden Tag war noch eine etwas aufwendigere Firmenfeier geplant.
Hiromi war nun an der Reihe. Sie stellte sich neben denAltar. Mit gefalteten Händen sah sie zum Foto des Verstorbenen auf, das einen lachenden, braungebrannten Yoshitaka zeigte.
Wieder konnte Hiromi die Tränen kaum zurückhalten. Eine Welle der Übelkeit stieg in ihr auf. Unwillkürlich löste sie die Hände und presste die rechte vor den Mund. Ihre Übelkeit unterdrückend, wandte sie sich zum Gehen. Doch als sie noch einmal aufschaute, erstarrte sie fast vor Schreck. Ayane stand direkt vor ihr und sah sie mit versteinerter Miene an.
Hiromi verbeugte sich und wollte an ihr vorbeigehen.
»Hiromi«, sagte Ayane. »Geht es dir gut?«
»Ja, alles in Ordnung.«
Ayane nickte und wandte sich wieder dem Altar zu.
Hiromi verließ den Saal. Sie wollte diesem Ort so schnell wie möglich den Rücken kehren.
Als sie zum Ausgang kam, berührte sie jemand von hinten an der Schulter. Sie wandte sich um. Es war Yukiko Ikai.
»Ah, hallo«, begrüßte Hiromi sie.
»Das muss ja furchtbar für Sie sein. All die Fragen, die die Polizei Ihnen gestellt hat«, sagte Yukiko mitfühlend, doch ihre Augen funkelten vor Neugier.
»Na ja, so schlimm war es auch nicht.«
»Ich frage mich, was die Polizei unternimmt. Angeblich gibt es noch keine Spur vom Täter.«
»Anscheinend nicht.«
»Mein Mann sagt, wenn der Fall nicht schnell gelöst wird, kann sich das auch negativ auf die Firma
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