Heilige Mörderin: Roman (German Edition)
Tür zum Wohnzimmer stand Ayane.
Kapitel 16
»Sie möchten wohl mal nach dem Rechten sehen?«, stammelte Kusanagi.
»Nein, ich brauche nur noch ein paar Sachen zum Anziehen. Und wer ist der Herr?«, fragte Ayane.
»Ich heiße Yukawa und unterrichte Physik an der Kaiserlichen Universität«, stellte Yukawa sich vor.
»Sie sind Universitätsprofessor?«
»Wir sind befreundet«, sagte Kusanagi. »Er ist bisweilen als wissenschaftlicher Berater für uns tätig. Deshalb habe ich ihn heute hergebeten.«
»Aha, ich verstehe.« Ayane wirkte verunsichert, äußerte sich aber nicht mehr zu Yukawas Anwesenheit. »Gibt es etwas, das ich nicht anfassen sollte?«
»Nein, durchaus nicht. Bitte, tun Sie sich keinen Zwang an. Tut mir leid, dass sich die ganze Sache so hinzieht.«
»Machen Sie sich keine Gedanken.« Ayane machte kehrt und ging in den Flur. Doch sie blieb gleich wieder stehen und wandte sich noch einmal den beiden Männern zu.
»Darf ich fragen, was genau Sie jetzt untersuchen?«
»Selbstverständlich.« Kusanagi befeuchtete seine Lippen. »Da noch immer unklar ist, auf welchem Wege das Gift in den Kaffee kam, führen wir diesbezüglich noch einige Tests durch. Ich kann mich nur immer wieder für die Unannehmlichkeiten entschuldigen.«
»Aber das macht doch nichts. Lassen Sie sich nicht stören. Falls Sie etwas brauchen, rufen Sie mich bitte. Ich bin oben.«
»Das werden wir. Vielen Dank.« Kusanagi verbeugte sich kurz vor Ayane.
»Dürfte ich Sie vielleicht noch etwas fragen?«, schaltete sich Yukawa unvermittelt ein.
»Was denn?« Ayane machte ein argwöhnisches Gesicht.
»Sie benutzen ein Filtersystem. Wahrscheinlich muss man den Filter in gewissen Abständen austauschen. Wann haben Sie das zum letzten Mal getan?«
»Ah, ja.« Ayane kam wieder näher. Nachdem sie einen Blick auf die Spüle geworfen hatte, trat ein verlegener Ausdruck auf ihr Gesicht. »Ich fürchte, ich habe ihn noch nie gewechselt.«
»Noch kein einziges Mal?«, fragte Yukawa verblüfft.
»Ich habe schon daran gedacht, dass ich es bald machen lassen müsste. Ich habe den Filter einsetzen lassen, als ich hier eingezogen bin, also vor fast einem Jahr. Der Installateur sagte, man solle ihn etwa einmal im Jahr wechseln.«
»Also wurde der Filter vor einem Jahr das letzte Mal ausgetauscht.«
»Ja, ist das schlimm?«
»Nein, nein.« Yukawa winkte ab. »Das war nur eine Frage. Aber wahrscheinlich sollten Sie ihn allmählich wechseln. Studien zufolge können alte Filter mehr schaden als nützen.«
»Das werde ich tun. Aber vorher müsste ich mal unter dem Waschbecken saubermachen. Es sieht fürchterlich aus, oder?«
»Das ist in jeder Wohnung so. Außerdem –«, Yukawa warf dem Kommissar einen Blick zu und fuhr fort, »würde Kusanagi bestimmt gern den Kundendienst für Sie anrufen. So etwas soll man lieber gleich erledigen.«
Kusanagi sah seinen Freund erstaunt an. Dieser ignorierteden Blick und wandte sich wieder an Ayane. »Was meinen Sie?«
»Jetzt sofort?«
»Ja, offen gesagt, könnte das sogar unsere Ermittlungen voranbringen. Je früher, desto besser.«
»Wenn das so ist, habe ich nichts dagegen.«
Yukawa lächelte und sah Kusanagi an. »Also dann.«
Der Kommissar warf ihm einen ärgerlichen Blick zu. Aber er wusste aus Erfahrung, dass sein Freund nicht aus einer Laune heraus handelte. Zweifellos rechnete er damit, dass sein Manöver etwas zu Tage fördern würde.
Kusanagi wandte sich wieder Ayane zu. »Würden Sie mir die Nummer vom Kundendienst geben?«
»Ja, einen Moment bitte.«
Als Ayane den Raum verlassen hatte, sah Kusanagi seinen Freund wieder ärgerlich an.
»Was soll das? Was spielst du für ein Spiel? Und ohne mich vorzuwarnen.«
»Wann hätte ich dich denn vorwarnen sollen? Bevor du meckerst, solltest du etwas ganz Bestimmtes tun.«
»Was denn?«
»Die Kriminaltechnik anrufen. Du willst doch nicht, dass der Kundendienst alle Beweise vernichtet? Es wäre besser, wenn ein Kriminaltechniker den Filter herausnehmen würde.«
»Und der soll den Filter dann mitnehmen?«
»Den und auch den Schlauch.« Yukawa sprach mit leiser Stimme, und in seinen Augen lag ein kaltes Glitzern. Kusanagi gab sich geschlagen und schluckte seine Antwort herunter. In dem Moment kam Ayane zurück.
Nach etwa einer Stunde hatten die Kriminaltechniker den Filter und den dazugehörigen Schlauch entfernt. Der Kommissarund Yukawa standen daneben und schauten zu. Beides war ziemlich verschmutzt. Die Beamten packten Filter und
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