Heilige Mörderin: Roman (German Edition)
sein.«
»Vielen Dank, dass du dir so viele Gedanken um mich machst. Das habe ich nicht verdient.«
»Dann halt den Mund.« Hiromi erstarrte bei Ayanes scharfem Ton. Wieder ließ sie den Kopf hängen.
»Entschuldige«, sagte Ayane leise. »Ich sollte nicht so hart mit dir sprechen. Aber mir gefällt nicht, was du vorhast. Dagegen, dass wir nicht mehr zusammen arbeiten können, kann ich nichts tun, aber ich wünsche mir wirklich, dass du glücklich wirst. Von ganzem Herzen.«
Zögernd hob Hiromi den Kopf. Ayane lächelte. Es war ein einsames, trauriges Lächeln, aber es wirkte nicht aufgesetzt.
»Ayane«, flüsterte Hiromi.
»Den Mann, der die Ursache für all dieses Unglück ist, gibt es nicht mehr. Wir sollten nicht länger zurückschauen.«
Ayane sprach mit weicher Stimme, und Hiromi nickte. Doch in ihrem Herzen wusste sie, dass ihr dies unmöglich war. Ihre Liebe zu Yoshitaka Mashiba, die Trauer darüber, ihn verloren zu haben, und die Schuldgefühle hatten sich tief in ihre Seele gebrannt.
»Wie viele Jahre bist du jetzt bei mir, Hiromi?«, fragte Ayane mit sanfter Stimme.
»Ungefähr drei.«
»Ach, so lange schon. In der Oberschule wärst du jetzt fertig.Vielleicht sollten wir es so sehen, dass deine Lehrzeit bei mir nun abgeschlossen ist.«
Für wie oberflächlich hält sie mich, dass sie mich mit diesem Schmus abspeisen will, dachte Hiromi.
»Du hast noch Schlüssel zu dieser Wohnung, nicht wahr?«
»Ach, ja. Moment bitte.« Hiromi griff nach ihrer Tasche.
»Nein, behalte sie noch.«
»Aber …«
»Du hast doch eine Menge Sachen hier. Du brauchst sicher eine Weile, um alles auszuräumen. Und wenn du sonst noch etwas möchtest, nimm es ruhig, nur keine Hemmungen. Vielleicht den Wandbehang?« Ayane sah auf das Stück, das Hiromi eben betrachtet hatte.
»Darf ich wirklich?«
»Natürlich. Du hast ihn doch gemacht. Er wurde auf der Ausstellung sehr bewundert. Ich wollte ihn dir ohnehin schenken. Deshalb habe ich ihn nicht verkauft.«
Hiromi erinnerte sich. Fast alle Stücke hatten Preise, aber der Wandbehang war als unverkäuflich gekennzeichnet.
»Was meinst du, wie lange wirst du brauchen?«, fragte Ayane.
»Wahrscheinlich kann ich heute und morgen alles fertigmachen.«
»Gut. Ruf mich bitte an, wenn du so weit bist. Den Schlüssel … Ach, den kannst du einfach in den Briefkasten werfen. Und vergiss nichts. Ich will gleich anschließend eine Firma rufen und hier umräumen.«
Hiromi blinzelte überrascht, und Ayane lächelte.
»Ich kann ja nicht ewig im Hotel wohnen. Das ist unpraktisch und auch unwirtschaftlich. Deshalb werde ich hier wohnen, bis ich eine neue Bleibe gefunden habe.«
»Ziehst du denn nicht in euer Haus zurück?«
Ayane seufzte.
»Ich habe daran gedacht, aber es hat keinen Sinn. Die schönen Erinnerungen sind jetzt nur noch bitter. Aber vor allem ist es für mich allein zu groß. Er hat gern allein dort gewohnt, glaube ich.«
»Wirst du es verkaufen?«
»Ich weiß nicht, ob ich nach dem, was dort passiert ist, so leicht einen Käufer finde. Ich werde Herrn Ikai um Rat bitten. Er hat sicher die nötigen Verbindungen.«
Hiromi starrte auf ihren Teebecher und wusste nicht, was sie sagen sollte. Der Tee, den Ayane für sie gemacht hatte, war wahrscheinlich inzwischen kalt.
»Also, ich gehe dann.« Ayane nahm ihren leeren Becher und stand auf.
»Lass stehen. Ich wasche ihn ab.«
»Danke.« Nachdem Ayane den Becher wieder auf den Arbeitstisch zurückgestellt hatte, musterte sie ihn. »Diese Becher hast du mal mitgebracht, weißt du noch? Von einer Hochzeitsfeier, nicht wahr?«
»Ja, stimmt. Sie gehören zusammen.«
Die Becher standen auf dem Arbeitstisch. Die beiden Frauen hatten sie während ihrer gemeinsamen Arbeit oft benutzt.
»Nimm sie bitte auch mit.«
»Ja«, antwortete Hiromi leise.
Ayane hängte sich ihre Tasche über die Schulter und ging in den Flur. Hiromi folgte ihr.
»Es ist ein komisches Gefühl, oder?«, wandte Ayane sich an sie, nachdem sie sich die Schuhe angezogen hatte. »Dass ich die Wohnung verlasse, obwohl du es bist, die geht.«
»Ich mache so schnell wie möglich. Vielleicht schaffe ich es ja sogar schon heute.«
»Du brauchst dich nicht zu beeilen. So habe ich das doch nicht gemeint.« Ayane sah Hiromi an. »Also dann, mach’s gut.«
»Du auch, Ayane.«
Ayane nickte. Mit einem Lächeln trat sie nach draußen und schloss hinter sich die Tür.
Hiromi musste sich setzen. Sie stieß einen tiefen Seufzer aus. Sie war traurig, dass sie
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