Heilige Mörderin: Roman (German Edition)
hatte, und nicht, um mit ihm zu reden.« Hiromi klang defensiv.
»In welchem Zimmer hielten Sie und Frau Mashiba sich für gewöhnlich auf?«
»Im Wohnzimmer.«
»Jedes Mal?«
»Ja. Was spielt das für eine Rolle?«
»Und haben Sie währenddessen auch Tee oder Kaffee getrunken?«
»Ja, immer.«
»Manchmal auch von Ihnen zubereitet?«
»Ja, hin und wieder. Wenn Frau Mashiba gerade etwas anderes tat.«
»Sie hat Ihnen auch gezeigt, wie Sie den Kaffee kochen sollten. So sagten Sie doch? Deshalb sind Sie an dem bewussten Morgen auch ihren Anweisungen gefolgt.«
»Ja. Fangen Sie jetzt wieder mit dem Kaffee an? Wie oft haben wir schon darüber geredet?« Hiromi verzog den Mund.
»Haben Sie während der Party mit den Ikais den Kühlschrank geöffnet?«
»Den Kühlschrank?«
»Im Kühlschrank waren Flaschen mit Mineralwasser. Ich würde gern wissen, ob Sie die gesehen haben.«
»Ja, einmal bin ich an den Kühlschrank gegangen, um Wasser zu holen.«
»Wie viele Flaschen waren zu dem Zeitpunkt noch da?«
»Das weiß ich nicht mehr. Aber einige waren es bestimmt.«
»Eine oder zwei Flaschen?«
»Dann würde ich mich doch erinnern. Nein, es waren eine ganze Reihe, vier oder fünf.« Hiromis Stimme wurde lauter.
»Gut, ich verstehe.« Die Polizistin nickte, ihr Gesicht wie eine No-Maske.
»Sie sagten, Herr Mashiba habe Sie angerufen und zu sich gebeten. Kam das öfter vor?«
»Nein. Es war das erste Mal.«
»Warum hat Herr Mashiba Sie ausgerechnet an diesem Tag zu sich eingeladen?«
»Das war … weil seine Frau zu ihren Eltern gefahren war.«
»Hatte es bis dahin keine andere Gelegenheit gegeben?«
»Ich weiß nicht, aber nun wollte er mir wohl möglichst schnell erzählen, dass seine Frau mit der Scheidung einverstanden sei.«
»Aha.« Utsumi nickte.
»Wissen Sie, ob sie irgendwelche Hobbys hatten?«
»Hobbys?« Hiromi runzelte die Stirn.
»Ja, hatte das Ehepaar Mashiba Hobbys? Sport, Reisen, oder machten sie gern Ausflüge mit dem Auto?«
Hiromi zuckte die Achseln.
»Herr Mashiba spielte Tennis und Golf, aber Ayane interessierte sich hauptsächlich für Patchwork und Kochen.«
»Und wie verbrachte das Ehepaar seine freien Tage?«
»Darüber weiß ich nichts.«
»Jede Kleinigkeit kann wichtig sein.«
»Frau Mashiba beschäftigte sich meistens mit einer Patchwork-Arbeit. Herr Mashiba sah sich gern DVDs an.«
»Wo hielt sich Frau Mashiba auf, wenn sie nähte?«
»Im Wohnzimmer, glaube ich.« Hiromi fragte sich verwundert, ob diese Fragen auf etwas Bestimmtes hinausliefen.
»Sind die beiden mal zusammen verreist?«
»Direkt nach ihrer Hochzeit waren sie in Paris und London. Danach haben sie meines Wissens keine Reise mehr gemacht.Herr Mashiba war ohnehin beruflich häufig unterwegs.«
»Wie sieht es mit Einkaufen aus? Ist sie nie mit Ihnen oder ihrem Mann in die Stadt zum Shopping gegangen?«
»Oft haben wir das Material für unsere Patchwork-Werkstatt zusammen eingekauft.«
»Sonntags?«
»Nein, an Wochentagen vor dem Unterricht. Weil wir so viel kauften, brachten wir die Sachen oft gleich hierher in die Schule.«
Utsumi nickte und schrieb in ihr Notizbuch.
»Das war’s. Vielen Dank.«
»Was sollten denn die ganzen Fragen, die Sie mir eben gestellt haben? Ich verstehe überhaupt nicht, was das bedeuten soll.«
»Welche Fragen denn?«
»Alle. Ich kann mir nicht vorstellen, was Hobbys und Einkäufe mit diesem Fall zu tun haben.«
Utsumi blickte sie einen Moment lang verwirrt an, dann lächelte sie.
»Das müssen Sie nicht unbedingt verstehen. Die Polizei hat ihre eigene Art zu denken.«
»Würden Sie mir das erklären?«
»Nein, verzeihen Sie, das wäre gegen die Vorschrift.« Die Polizistin erhob sich rasch. Nachdem sie sich noch einmal für die Störung entschuldigt und kurz verbeugt hatte, ging sie hinaus.
Kapitel 21
»Als sie sich nach dem Sinn der Fragen erkundigte, wurde ich ganz verlegen. Denn ich kannte ihn ja selbst nicht. Dabei sagt man uns ständig, wir sollen mit unseren Fragen immer ein bestimmtes Ziel ansteuern«, sagte Utsumi und griff nach ihrem Kaffeebecher.
Sie hatte Yukawa auf seine Bitte die Ergebnisse ihrer Befragung ins Labor gebracht.
»Das ist ja auch richtig.« Yukawa schaute auf. »Aber wir untersuchen ja hier ein ganz besonderes Verbrechen, wie es in der Vergangenheit wahrscheinlich noch nie vorgekommen ist. Um etwas Nicht-Vorhandenes zu beweisen, muss man verschlungene Pfade gehen. Und oft sind die Ermittelnden zu voreingenommen. Haben Sie schon
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