Heilige Mörderin: Roman (German Edition)
Verlag alle möglichen Vermutungen angestellt. Einige dachten sogar, sie sei ermordet worden. Denn wer würde so etwas trinken, um sich umzubringen?«
Kusanagi blieb auf dem Absatz stehen und sah in Sasaokas rundliches Gesicht.
»So etwas?«
»Ja, das Gift.«
»Sie hat keine Schlaftabletten genommen?«
Sasaoka spitzte die Lippen und winkte ab. »Nein, wissen Sie das denn nicht? Es war Arsensäure.«
»Arsen?« Kusanagi starrte ihn entgeistert an.
»Ja, das gleiche Zeug, das man in diesem Curry in Wakayama gefunden hat.«
Kusanagi verabschiedete sich hastig und rannte die Treppe hinunter. Unterwegs rief er Kishitani an. Er befahl ihm, schnellstens die Unterlagen über den Selbstmord von Junko Tsukui vom zuständigen Polizeirevier zu holen.
»Was ist denn los, Kommissar Kusanagi? Geht es um diese Bilderbuchautorin?«
»Der Chef weiß Bescheid. Frag nicht, und tu, was ich dir sage.«
Er legte auf und winkte ein vorüberfahrendes Taxi heran. »Zum Polizeirevier Meguro«, sagte er.
Kusanagi war nahezu überzeugt, dass noch jemand im Haus gewesen sein musste. Deshalb hatte er seinen Vorgesetzten Mamiya um die Erlaubnis gebeten, weitere Nachforschungen über die frühere Freundin Yoshitaka Mashibas anstellen zu dürfen.
»Aber diese Junko Tsukui ist tot«, hatte Mamiya gesagt.
»Gerade deshalb interessiere ich mich für sie«, erwiderte Kusanagi. »Falls Yoshitaka Mashiba der Grund für ihren Selbstmord war, besteht die Möglichkeit, dass jemand aus ihrem Umfeld ihn hasste.«
»Sie denken an Rache? Aber ihr Selbstmord liegt bereits zwei Jahre zurück. Warum sollte dieser Jemand bis jetzt gewartet haben?«
»Ich weiß es nicht. Vielleicht glaubte er, dass jetzt niemand mehr den Mord mit Junko Tsukuis Selbstmord in Verbindung bringen würde.«
»Dann wäre der Täter ein extrem geduldiger Mensch.« Mamiya wirkte nicht sehr überzeugt, aber er ließ Kusanagi gewähren.
Also rief dieser am nächsten Tag in Junkos Elternhaus an, traf sich mit den Personen, die Abschiedsbriefe erhalten hatten, und sammelte detaillierte Informationen.
Bisher hatte niemand den Selbstmord mit Yoshitaka Mashiba in Verbindung gebracht. Anscheinend gab es nicht einmal jemanden, der wusste, dass Junko mit Mashiba befreundet gewesen war. Der Mutter zufolge hatte man in ihrer Wohnung keinerlei Hinweise auf einen Mann in ihrem Leben gefunden. Deshalb glaubte sie auch jetzt nicht, dass ihre Tochter vielleicht aus Liebeskummer Selbstmord begangen hatte.
Vor drei Jahren war Junko Tsukui das erste Mal mit Yoshitaka Mashiba in dem Tea Room gesehen worden. Ein Jahr danach hatte sie Selbstmord begangen.
Selbst wenn die Trennung von Mashiba der Grund für den Selbstmord war, musste zumindest jemand davon gewusst haben, um den Wunsch nach Rache zu verspüren. Doch bis Kusanagi von dem Gift erfuhr, waren seine Ermittlungen in diese Richtung ins Leere gelaufen. Hätte er sich gleich die Akte über Junko Tsukui aushändigen lassen, wäre er viel früher darauf gestoßen.
Doch nun das mit der Arsensäure.
Natürlich bestand die Möglichkeit, dass es sich um einen Zufall handelte. Durch den Fall mit dem vergifteten Curry in Wakayama war Arsensäure in der Öffentlichkeit zu einem Begriff geworden. So kamen sicher auch Menschen auf die Idee, es für einen Selbstmord oder Mord zu verwenden.
Aber dass jemand mit dem gleichen Gift getötet wurde, mitdem seine ehemalige Freundin sich umgebracht hatte, war ein zu großer Zufall. Plausibler war es, dass die beiden Fälle irgendwie zusammenhingen. Während Kusanagi über diese Dinge nachdachte, klingelte sein Handy. Er warf einen Blick auf das Display. Es war Yukawa.
»Was gibt’s?«
»Ich muss unbedingt etwas mit dir besprechen. Können wir uns heute treffen?«
»Wenn es sein muss. Worum geht’s? Hast du den Trick mit dem Kaffee herausgefunden?«
»Direkt herausgefunden nicht. Aber ich habe eine mögliche Methode entdeckt.«
Etwas gereizt von Yukawas ausweichender Formulierung fasste Kusanagi sein Telefon fester. Wenn er sich so ausdrückte, hatte er meist die richtige Lösung gefunden.
»Hast du mit Utsumi gesprochen?«
»Nein, noch nicht. Und eigentlich habe ich auch im Moment nicht vor, es dir zu sagen. Also mach dir keine Hoffnungen, sonst wirst du enttäuscht.«
»Was soll das? Worüber willst du dann mit mir sprechen?«
»Ich habe eine Bitte. Ich möchte mich vergewissern, ob die Voraussetzungen für den Trick gegeben sind.«
»Du willst Informationen von mir, obwohl du mir über
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