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Heiliger Bimbam – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Gervase-Fen-Serie (German Edition)

Heiliger Bimbam – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Gervase-Fen-Serie (German Edition)

Titel: Heiliger Bimbam – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Gervase-Fen-Serie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edmund Crispin
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anderen Ecke des Lokals auf.
    Der Abend war warm und konstruktiven Gedanken nicht förderlich; die Gäste schlugen wirkungslos nach den Fliegen, die ihnen an der Nase vorbeisegelten. Außerdem gab es nicht genügend Anhaltspunkte, um die Ereignisse einer gründlichen Untersuchung zu unterziehen. Geoffrey dachte zuerst an seine Fuge, und dann, als ihn das langweilte, was Künstlern mit ihren Werken häufig widerfährt, schob er sie in Gedanken beiseite und dachte statt dessen an Frances. Das Bier machte ihn langsam gefühlsduselig. »Intellekt« trat beiseite und setzte ihn von diesem Umstand in Kenntnis. Er achtete nicht darauf, gab sich dem Luxus hin und unterstützte seine Stimmung mit noch mehr Bier. Mit Hilfe von Vergleichen kategorisierte er die Reize seiner Liebsten, seiner wahren Liebe, seiner Herzallerliebsten. »Herzallerliebste«, bezauberndes Wort, sagte »Intellekt«, in dem vergeblichen Versuch, ihn in eine Diskussion über den Verfall von Sprache zu verwickeln: Ein Jammer, daß es nicht mehr gebräuchlich ist. Lippen wie – wie was? Rubin? Kirschen? Nein, nein; banal, abgedroschen. Dergleichen, sagte »Intellekt«, noch immer bemüht, das Blatt zu wenden, ist mit der Literatur in der Zeit Jakobs I. untergegangen. Von Sonn , zitierte »Intellekt«, ist nichts in meines Liebchens Blicken; Wenn Schnee weiß, ist ihr Busen graulich gar; Weit röter glüht Rubin als ihre Lippen; Wenn Haar Draht ist, hat sie schwarzdrahtnes Haar … »Gefühl« konterte ungehalten mit Soll ich dich einem Sommertag vergleichen? , doch da es nicht genau wußte, wie das Gedicht weiterging, fiel es notgedrungen in gereiztes Gemurmel.
    Der Sieg von »Intellekt« war jedoch nur von kurzer Dauer. Was, dachte Geoffrey, wenn ich sie bitten würde, meine Frau zu werden? »Junggesellentum«, zufrieden in einer bisher unangreifbaren Zitadelle, schreckte auf und lugte nervös hinter seiner Festung hervor. Unbehagen, flüsterte es beschwörend: Unannehmlichkeiten. All deine kleinen Bequemlichkeiten, deine sorgsamen Arrangements für deinen Seelenfrieden würden über Bord gehen, wenn du heiratest. Frauen habe für so etwas nichts übrig, und falls sie doch nichts dagegen hätte, warum sie überhaupt heiraten? Wozu brauchst du einen Spiegel für deine eigenen Launen, um deinem Gesicht zu schmeicheln? Sinnlos und dumm. Du bist besser dran, wenn du bleibst, wie du bist. Auch deine Arbeit – eine Ehefrau würde genau dann darauf bestehen, mit dir auszugehen, wenn du dich gerade mit einer besonders guten Idee abmühst. Und was würde aus deinem Violinkonzert, wenn ein Baby im Haus herumbrüllt? Du bist Künstler. Künstler sollten nicht heiraten. Ein kleiner wohltuender Flirt vielleicht, aber nicht mehr.
    Angesichts dieser unbestreitbar vernünftigen Einwände konnte »Gefühl« nur düster, aber hartnäckig murmeln: Ich liebe sie. Und daraufhin brach in der Zitadelle eine wahre Panik aus. Fenster wurden zugeknallt, die Fallgitter geschlossen, die Zugbrücke hochgezogen …
    »Haben Sie vielleicht Feuer für mich?«
    Schlagartig wurde sich Geoffrey wieder seiner Umgebung bewußt. Der große Mann, der kurz zuvor hereingekommen war, schwenkte fragend eine unangezündete Zigarette.
    »Seit Norwegen«, sagte der Mann, »kriegt man kaum noch Streichhölzer.«
    Das war eine unbestreitbare Tatsache, die keines Kommentars bedurfte. Geoffrey holte ein Feuerzeug hervor und drehte mit dem Daumen vehement an dem Rädchen. Beim zwölften Versuch lächelte der Mann ein wenig traurig. »Vertrackte Dinger«, sagte er.
    »Ich habe es heute morgen aufgefüllt und wahrscheinlich zuviel des Guten getan.« Geoffrey schüttelte das Feuerzeug, und ein Schwall Flüssigkeit schwappte zu Boden. »Ich versuch’s noch einmal.«
    Die Flamme, die hervorschoß, hätte ihm fast das Gesicht weggebrannt. Und in dem Augenblick, als der große Mann zögerlich mit seiner Zigarette näher kam, geschah noch etwas anderes.
    Von der Bar gingen drei Türen ab, die in kleine abgeschiedene Räume führten, wo kleinere Gruppen relativ ungestört trinken konnten. Plötzlich drangen aus einem der Räume beunruhigende Geräusche – fürchterliches Krachen, umstürzende Möbel, Flüche, Stöhnen und der Klang von schnellen Bewegungen und schwerem Atmen; dann wieder Krachen. Die Leute in der Bar lauschten und glotzten verblüfft. Dann schritt der Mann, der Geoffrey um Feuer gebeten hatte, mit gewichtiger Miene zur Tür und stieß sie schwungvoll auf. Geoffrey folgte ihm. Die anderen

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