Heiliger Bimbam – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Gervase-Fen-Serie (German Edition)
Mit seinem schwarzen Gewand, das im Wind flatterte, sah er aus wie eine irrwitzige Krähe, als er quer über die nassen Felder in die dunkler werdende Dämmerung rannte. Geoffrey nahm grimmig die Verfolgung auf, wenngleich er keinen klaren Schlachtplan hatte. Die Jagd erwies sich als fruchtlos, denn kurz darauf blieb der Zelebrant stehen, wandte sich um und feuerte mit seiner Pistole auf Geoffrey, was als Offensivmaßnahme völlig nutzlos war, da der Schuß sicherlich mindestens hundert Meter zu kurz war. Aber als Abschreckung reichte es aus. Geoffrey wurde langsamer, blieb stehen und sah zu, wie die Gestalt davonrannte und schließlich in einem Wäldchen verschwand. Dann kehrte er zu der Baracke zurück. Es war zwar nicht heroisch, aber vernünftig.
»Ich weiß ja nicht, was Sie sich von dieser Verfolgungsjagd versprochen haben«, sagte Fen verstimmt, als Geoffrey wieder auftauchte. »Ich bin«, fügte er noch erboster hinzu, »über und über mit Blutergüssen bedeckt.«
Er inspizierte sich behutsam.
»Er ist mir entwischt«, sagte Geoffrey eher überflüssigerweise.
Dallow, der die Situation nun anscheinend erfaßt hatte, stieß einen leisen mißbilligenden Seufzer aus. »Ich muß gestehen, mein li -ieber Professor«, sagte er, »daß ich bewußt ein wenig getrödelt habe, weil ich irgendwelchen Ärger befürchtete. Aber das hier habe ich nun wirklich nicht kommen sehen.«
Fen drückte probeweise an sich herum und heulte jäh auf.
»Vielleicht könnten Sie uns verraten«, sagte er, als der Schrei verklungen war, »warum Sie so besorgt waren.«
Der Kanzler hatte eine Antwort parat – fast zu parat, so schien es Geoffrey. »Zunächst einmal«, hob er an, wobei er klang wie jemand, der eine Vorlesung beginnt, »waren es rituelle Erwägungen. Zweitens die zwingende Notwendigkeit zur Anonymität in diesem Bereich. Ich vermutete, daß Ihr unangemeldetes Erscheinen nicht willkommen wäre, obwohl ich nie gedacht hätte …« Er hielt inne, ohne auch nur ansatzweise vorzutäuschen, daß ihm die Worte fehlten.
Fen brummte. Er untersuchte die Stelle, wo die Kugel sich tief in einen Holzbalken gegraben hatte, dann den gesamten Raum. Dieser enthielt absolut nichts, außer dem Tisch, dem Stuhl, einer Unmenge Staub und sie selbst.
»Nutzlos«, rief er angewidert. »Gehen wir.«
»Vielleicht erlauben Sie mir, mein li -ieber Professor, Sie bis zu meinem Haus zu begleiten?«
Fen gab seine mürrische und unhöfliche Einwilligung. Sie machten sich auf den Weg, schritten niedergeschlagen und schweigend dahin. Fen war derart in Gedanken versunken, daß er sogar achtlos an drei Libellen, einem goldfarbenen Käfer und einem Nest fliegender Ameisen vorbeiging, ohne sich dazu herabzulassen, sie zu bemerken. Geoffrey grübelte ziemlich unintelligent und fruchtlos über den Fall nach. Woran Dallow dachte, war unmöglich festzustellen, aber in kurzen Abständen schien er leise Passagen aus Thomsons Die Stadt der schrecklichen Nacht zu rezitieren. Erst als sie fast an seinem Haus waren, rief Fen:
»Ach, du meine Güte! Was war ich doch für ein Narr«, sagte Fen.
»Das Stadium kenne ich«, warf Geoffrey ein. »Gleich sagen Sie uns, daß Sie wissen, wer der Mörder ist, wir fragen nach, und Sie werden es uns nicht sagen, obwohl es keinen erdenklichen Grund gibt, warum Sie das nicht tun sollten.«
»Natürlich gibt es einen Grund, warum ich das nicht tun sollte.«
»Und der wäre?«
»Weil«, sagte Fen ernst, »Sie selbst es waren.«
»Ach, hören Sie doch auf mit dem Blödsinn.«
»Also schön, ich weiß, daß Sie es nicht waren. Aber im Ernst, es gibt einen guten Grund, warum ich es nicht sagen sollte. Einen überaus wichtigen Grund. Letzten Endes werden Sie ihn erfahren.«
»Und Sie sind sich Ihrer Sache wirklich sicher?«
»Logisch sicher. Ich begreife einfach nicht, wieso ich nicht schon früher drauf gekommen bin. Leider gibt es nicht den kleinsten stichhaltigen Beweis – nichts, was die betreffende Person überführen würde. Aus diesem Grunde muß ich mit größter Umsicht vorgehen. (Ich spreche hier übrigens von dem Mord an Butler.) Doch die Identität der betreffenden Person ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Oder vielleicht …«
»Na?«
»Die Sache hat einen Haken.« Fen schien sehr nachdenklich. »Bloß einen. Und der hängt von etwas ab, das ich Peace fragen muß. Zumindest –« Er stockte. »Doch, davon muß es abhängen.«
»Sie meinen, Peace ist nicht schuldig.«
»Ganz sicher nicht.«
»Aber
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