Heiliger Zorn
nicht geholfen. Du kannst nichts machen. Es gibt keine Möglichkeit, wie du…«
»Warum sagst du es mir nicht einfach, Plex? Dann hast du es von der Seele. Lass die Logistik meine Sorge sein.«
Also sagte er es mir. Und als ich über die Logistik nachdachte, machte ich mir große Sorgen.
Auf dem Weg nach draußen dachte ich die ganze Zeit über meine Sorgen nach, wie ein Wolf, der mit der Pfote in eine Falle geraten war. Die ganze Zeit auf dem Weg nach draußen. An den bedröhnten Tänzern im Strobolicht vorbei, an den aufgezeichneten Halluzinationen und den chemisch lächelnden Gesichtern vorbei. An den vibrierenden durchsichtigen Wänden vorbei, wo eine Frau mit bloßem Oberkörper meinen Blick auffing und sich an die Scheibe presste, damit ich sie betrachten konnte. An den billigen Türstehern und Detektoren vorbei, den letzten Ausläufern der Wärme und dem Rifftaucher-Rhythmus aus dem Club und hinaus in die Kühle der Nacht im Lagerhausviertel, wo es gerade zu schneien begann.
Diese Quell, klar, Mann, die hat echt was drauf, was einen verdammt nachdenklich macht. Ist nur so, dass manche Dinge bleiben und andere nicht, aber manchmal hat man was, das nicht bleibt, entweder weil es weg ist oder weil es auf den richtigen Moment wartet, um wiederzukommen, bis es vielleicht eine bestimmte Veränderung gegeben hat. So ist es in der Musik, und so ist es auch im Leben, Mann. Ja, so ist es im Leben.
Dizzy Csango,
aus einem Interview für das Magazin New Sky Blue
20
Überall im Süden gab es Sturmwarnungen.
Auf einigen Planeten, die ich kennen gelernt hatte, wurden die Hurrikane gesteuert. Satelliten beobachteten die Sturmsysteme und erstellten Modelle, um zu sehen, wohin sie sich bewegten, und wenn es nötig war, ließen sich integrierte Strahlenwaffen einsetzen, um ihnen das Herz auszubrennen, bevor sie Schaden anrichten konnten. Diese Option hatten wir auf Harlans Welt nicht. Entweder waren die Marsianer damals der Ansicht gewesen, es würde sich nicht lohnen, ihre Orbitale mit solchen Sachen zu programmieren, oder die Orbitale hatten irgendwann aufgehört, sich um solche Sachen zu kümmern. Vielleicht waren sie insgeheim sauer, weil man sie einfach zurückgelassen hatte. Auf jeden Fall hieß das, dass wir uns auf urzeitliche Methoden beschränken mussten, auf die oberflächengestützte Beobachtung und einen gelegentlichen Erkundungstiefflug per Helikopter. Meteorologische KIs halfen bei der Vorhersage, aber drei Monde und eine Schwerkraft von 0,8 Ge hatten ziemlich chaotische Wettersysteme zur Folge. Gerade die Stürme waren dafür berüchtigt, dass sie seltsame Dinge anstellten. Wenn ein Hurrikan auf Harlans Welt in Fahrt kam, konnte man nur noch sehr wenig tun, außer ihm möglichst weit aus dem Weg zu gehen.
Dieser Sturm hatte sich schon seit längerer Zeit zusammengebraut – ich erinnerte mich, in den Nachrichten davon gehört zu haben, in der Nacht, als wir aus Drava verschwunden waren –, und jeder, der sich davonmachen konnte, hatte sich davongemacht. Überall im Golf von Kossuth waren die Floßstädte und Meeresfabriken mit voller Kraft auf Westkurs gegangen, so schnell sie sich bewegen konnten. Fischtrawler und Rochenjäger, die sich zu weit im Osten aufhielten, suchten die Ankerplätze in den relativ gut geschützten Häfen zwischen den Irezumi-Untiefen auf.
Der Hoverlader-Verkehr vom Safran-Archipel wurde um den westlichen Bogen des Golfs herumgeleitet, wodurch die Reise einen ganzen Tag mehr beanspruchte.
Der Kapitän der Tochter des Haiduci nahm es mit philosophischer Gelassenheit.
»Schon Schlimmeres gesehen«, brummelte er, während er auf die abgeschirmten Displays auf der Brücke stierte. »Damals in den Neunzigern war die Sturmsaison so heftig, dass wir über einen Monat lang in Newpest lagen. Im Norden war überhaupt kein sicherer Verkehr mehr möglich.«
Ich grunzte unverbindlich. Er hob den Blick von seinen Instrumenten und sah mich blinzelnd an. »Damals waren Sie gar nicht auf dem Planeten, was?«
»Richtig.«
Er lachte keuchend. »Ja, richtig. All die exotischen Reisen, die Sie gemacht haben. Also, wann bekomme ich mal Ihr hübsches Gesicht auf KossuthNet zu sehen? Haben Sie eine Eins-zu-eins-Verbindung zu Maggie Sugita, wenn wir reinkommen?«
»Geben Sie mir noch etwas Zeit, Mann.«
»Noch mehr? Haben Sie immer noch nicht genug Zeit gehabt?«
So verlief das übliche Geplauder, mit dem wir uns seit Tekitomura unterhalten hatten. Ari Japaridze war genauso
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