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Heiliger Zorn

Heiliger Zorn

Titel: Heiliger Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
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also endlich wieder in der Stadt?«
    »Beinahe.«
    »Kommst du raus, um mich zu besuchen?«
    »Ja, weißt du, das ist das Problem. Mir ist was dazwischengekommen, und ich schaffe es nicht. Aber ich möchte nicht, dass du dir die Fische entgehen lässt…«
    »Ich auch nicht. Deine letzte Lieferung hat nicht lange vorgehalten. Ist inzwischen kaum noch genießbar. Meine Jungs finden, dass ich verrückt bin, weil ich sie immer noch serviere, aber ich habe ihnen gesagt, dass Takeshi Kovacs von der alten Schule ist. Er bezahlt seine Schulden. Wir tun, worum er uns bittet, und wenn er endlich wieder aufkreuzt, wird er das Richtige tun.«
    Ich zögerte. Taxierte.
    »Ich kann dir dein Geld im Moment nicht geben, Rad. Ich wage mich nicht einmal in die Nähe einer größeren Kredittransaktion. Wäre für dich genauso ungünstig wie für mich. Ich brauche etwas Zeit, um die Sache in Ordnung zu bringen. Aber du kannst die Fische haben, wenn du mir innerhalb der nächsten Stunde jemanden schickst, der sie abholt.«
    Wieder breitete sich Stille in der Leitung aus. Damit beanspruchte ich die schuldnerische Elastizität bis zum Zerreißen, und wir beide wussten es.
    »Ich habe hier vier für dich. Das ist einer mehr als erwartet. Du kannst sie haben, alle. Du kannst sie ohne mich servieren, sie benutzen, wozu du willst, oder gar nicht benutzen, falls mein Kreditrahmen wirklich erschöpft ist.«
    Er sagte nichts. Seine Präsenz kam erdrückend über die Verbindung, wie die feuchte Hitze von der Tang-Lagune. Meine Envoy-Sinne sagten mir, dass dies der Bruch war, und die Envoy-Sinne täuschten sich nur selten.
    »Das Geld kommt, Rad. Drück mir Verzugszinsen auf, wenn es darum geht. Sobald ich diese andere Scheiße erledigt habe, sind wir wieder wie gewohnt im Geschäft. Das hier ist nur vorübergehend.«
    Immer noch nichts. Die Stille begann zu singen, das leise Todeslied eines straff gespannten Kabels. Ich blickte über die Tang-Lagune hinaus, als könnte ich ihn dort irgendwo sehen und Blickkontakt herstellen.
    »Er hätte dich erwischt«, sagte ich unverblümt. »Das weißt du.«
    Die Stille hielt noch einen Moment länger an, dann riss sie. In Segesvars Stimme schwang falsche Unbekümmertheit.
    »Wovon redest du, Tak?«
    »Du weißt genau, wovon ich rede. Von unserem Freund und Meth-Dealer, damals. Du bist mit den anderen weggelaufen, Rad, aber mit deinem Bein hattest du keine Chance. Wenn er an mir vorbeigekommen wäre, hätte er dich eingeholt. Das weißt du. Die anderen liefen weg, ich blieb zurück.«
    Ich hörte, wie er am anderen Ende der Leitung ausatmete. Es klang wie etwas, das von einer Rolle gewickelt wurde.
    »Also Verzugszinsen«, sagte er. »Sagen wir dreißig Prozent?«
    »Klingt angemessen«, log ich, zu unser beider Wohl.
    »Ja. Aber ich glaube, deine frühere Fischlieferung werde ich jetzt von der Speisekarte nehmen müssen. Warum kommst du nicht vorbei, um deine traditionelle Abschiedsrede zu halten, und dann diskutieren wir über die Bedingungen dieser… Refinanzierung.«
    »Ich habe dir schon gesagt, dass das nicht geht, Rad. Ich bin nur auf der Durchreise. In einer Stunde bin ich schon wieder weg. Dürfte mindestens eine Woche dauern, bis ich zurückkommen kann.«
    »Dann«, und ich konnte beinahe hören, wie er die Achseln zuckte, »wird es wohl nichts mit der Abschiedsrede. Ich hätte nicht gedacht, dass du so was willst.«
    »Ich will es auch gar nicht.« Das war die Bestrafung, ein zusätzlicher Aufschlag über meine freiwilligen dreißig Prozent hinaus. Segesvar hatte mich durchschaut, was eine entscheidende Fähigkeit im organisierten Verbrechen darstellte, und er war gut in seinem Gewerbe. Die haiduci von Kossuth hatten vielleicht nicht die Qualität und das Niveau der Yakuza weiter nördlich, aber im Grunde handelte es sich um das gleiche Spiel. Wenn man seinen Lebensunterhalt mit Erpressung bestreiten wollte, war es gut, wenn man wusste, wie man an Menschen herankam. Und wie man an Takeshi Kovacs herankam, stand mit großen blutigen Buchstaben quer über meine jüngste Vergangenheit geschrieben. Es konnte nicht allzu schwer gewesen sein, mich zu durchschauen.
    »Dann«, sagte er herzlich, »werden wir uns gemeinsam betrinken. Vielleicht gehen wir sogar zu Watanabe, um der guten alten Zeiten willen. Auf einen sake und eine Pfeife. Ich muss dir in die Augen schauen können, mein Freund. Um zu wissen, dass du dich nicht verändert hast.«
    Aus dem Nichts tauchte Lazlos Gesicht auf.
    Ich verlasse mich

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