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Heiliger Zorn

Heiliger Zorn

Titel: Heiliger Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
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atmete einmal durch. »Nein.«
    »Ein BaKroom-Boy?«
    »Haben Sie einen Namen?«, fragte ich zurück.
    Er zuckte die Achseln. »Klar. Milan. In dieser Gegend nennen sie mich Gungetter.«
    »Also gut, Milan«, sagte ich ruhig. »Langsam gehen Sie mir auf den Geist. Können Sie mir nun helfen oder nicht? Wissen Sie, wo Brasil steckt, oder atmen Sie nur die Dunstspur des Ruhms, die er hier vor dreißig Jahren hinterlassen hat?«
    »He!« Die blassblauen Augen kniffen sich zusammen. Die Arme lösten sich aus der Verschränkung, die Fäuste spannten sich zu kleinen Hämmern, die an seiner Seite hingen. »Hören Sie, ich gehöre hierher, sam. Ich surfe. Ich habe mich schon auf Vchira herumgetrieben, bevor Sie Fickrotz in der Röhre Ihrer Mutter waren.«
    »Das bezweifle ich, aber wir wollen uns nicht um Kleinigkeiten streiten. Ich suche nach Jack Soul Brasil. Ich werde ihn finden, ob Sie mir dabei helfen können oder nicht, aber vielleicht könnte ich durch Sie etwas Zeit sparen. Die Frage ist nur, ob Sie es tun werden.«
    Er starrte mich immer noch wütend an, immer noch in aggressiver Haltung. Im zehn Jahre alten Sleeve wirkte es nicht sehr beeindruckend.
    »Die Frage ist, wie viel Ihnen die Hilfe wert ist, sam.«
    »Aha.«
    Nach der Bezahlung rückte Milan mit widerwilligen Fragmenten heraus, die das sehr eingeschränkte Ausmaß seines Wissens vertuschen und strecken sollten. Ich gab ihm Rum und Kaffee aus, in einem Straßencafe gegenüber von seinem Laden – kann ihn nicht einfach zumachen, sam, wäre mehr, als mir mein Job einbringt –, und ließ die Prozedur des Geschichtenerzählens über mich ergehen. Das meiste identifizierte ich mühelos als gut abgehangene Strandlegenden, aber aus ein paar Dingen, die er sagte, schloss ich, dass er Brasil wirklich ein paarmal getroffen haben musste, dass er vielleicht sogar mit ihm gesurft hatte. Die letzte Begegnung lag offenbar ein Jahrzehnt oder so zurück. Heldentum, Seite an Seite, im Kampf mit leeren Händen, gegen den Übergriff einer Surfergang der Harlan-Loyalisten, ein paar Kilometer von Kem Point entfernt. Die Rauferei geht los, Milan ist mit bescheiden untertriebener Wildheit dabei – Sie hätten die verdammten Narben an diesem Sleeve sehen sollen, Mann, ich hätte ihn gerne länger behalten –, aber das höchste Lob bleibt Brasil vorbehalten. Wie ein verdammter Sumpfpanther, sam. Die Scheißer haben ihm die Brust aufgerissen, und er hat’s nicht mal gemerkt. Er hat sie alle niedergemacht. Einfach so. Nichts mehr übrig, als er fertig war. Haben sie in Einzelteilen nach Norden zurückgeschickt. All das gefolgt von orgiastischen Feiern – Lagerfeuerschein und die Schreie der Frauen im wilden Höhepunkt vor dem Hintergrund der Brandung.
    Es war das Standardbild, das mir schon früher von anderen Vchira-Enthusiasten ausgemalt worden war. Ich blickte an den offensichtlichen Ausschmückungen vorbei und zog ein paar nützliche Details heraus. Brasil hatte Geld – all die Jahre mit den Kleinen Blauen Käfern, klar. Er tut sich auf gar keinen Fall schwer damit, sich seine Kohle zu verdienen, indem er Anfänger ausbildet, Bretter verkauft und das Ersatzfleisch irgendeines Scheiß-Millsport-Aristos fünf Jahre vor der Übernahme trainiert –, aber der Mann hatte sich immer noch nicht mit der geklonten Reinkarnation anfreunden können. Er trug bestimmt gutes Surferfleisch, aber ich würde sein Gesicht nicht wiedererkennen. Gucken Sie nach den Scheißnarben auf seiner Brust, sam. Ja, er hatte immer noch lange Haare. Nach den aktuellsten Gerüchten hatte er sich irgendwo im Süden in einem verschlafenen Stranddorf verkrochen. Offenbar lernte er Saxofon. Da war dieser Jazzmusiker, hatte früher bei Csango Junior gespielt, der Milan erzählt hatte…
    Ich bezahlte die Drinks und erhob mich. Die Sonne war untergegangen, und das schmutzig-goldene Meer war zu ordinärem Metall abgestumpft. Überall am Strand unter uns erwachten Lichter zum Glühwürmchenleben. Ich überlegte, ob ich bei der Gondelvermietung vorbeischauen sollte, bevor sie geschlossen wurde.
    »So ein Aristo«, sagte ich müßig. »Sie bringen seinem Körper fünf Jahre lang das Surfen bei, trainieren seine Reflexe. Was haben Sie davon?«
    Milan zuckte die Achseln und trank die Neige seines Rums aus. Der spendierte Alkohol hatte ihn besänftigt. »Wir handeln mit Sleeves. Im Gegenzug kriege ich seinen, wenn dieser hier sechzehn ist. Also habe ich davon den Sleeve eines Aristos, Mitte dreißig, mit kosmetischer

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