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Heiliger Zorn

Heiliger Zorn

Titel: Heiliger Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
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den Keller ging, als ich danach fragte. Wie es schien, gab es immer noch sehr viele Menschen auf Vchira Beach, die den Unterschied zwischen Risikobereitschaft und Dummheit nicht kannten.
    Ja, möglicherweise dich eingeschlossen, Tak. Hast du in letzter Zeit mal irgendwelche Sicherheitsvorkehrungen getroffen?
    Zehn Minuten später steckte ich im Anzug und ließ Kern Point hinter mir, vor mir der Kegel des Scheinwerfers in der zunehmenden Abenddämmerung.
    Irgendwo im Süden, jemand, der schlecht Saxofon spielte.
    Bei anderen Gelegenheiten hatte ich schon mehr und bessere Hinweise gehabt, aber diesmal hatte ich einen entscheidenden Faktor auf meiner Seite. Ich kannte Brasil, und ich wusste, wenn er hörte, dass jemand nach ihm suchte, würde er sich bestimmt nicht verstecken. Er würde herauskommen und sich der Sache stellen, genauso, wie man einer großen Welle entgegenpaddelte. Oder wie man die Konfrontation mit einer Gruppe von Harlan-Loyalisten suchte.
    Wenn ich genug Lärm machte, würde ich gar nicht nach ihm suchen müssen.
    Er würde mich finden.
     
    Drei Stunden später verließ ich den Highway und tauchte in die kaltblaue Tünche ein, die von insektenumschwirrten Angier-Lampen um ein 24-Stunden-Restaurant mit angeschlossener Werkstatt verstreut wurde. Leicht ermüdet rekapitulierte ich und urteilte, dass ich genug Lärm gemacht hatte. Mein Vorrat an Kreditchips kleineren Werts hatte sich erschöpft, ich war leicht benebelt von zu vielen gemeinsamen Drinks und Pfeifen überall am Strip, und die Knöchel meiner rechten Hand schmerzten immer noch ein wenig von einem schlecht gezielten Schlag in einer Strandkneipe, wo man nicht gut auf Fremde reagierte, die sich nach lokalen Legenden erkundigten.
    Unter den Angier-Lampen war die Nacht angenehm kühl, und im Parkplatzbereich kasperten Gruppen von Surfern mit Flaschen und Pfeifen in den Händen herum. Gelächter, das von der Dunkelheit außerhalb des Lichtscheins zurückgeworfen zu werden schien, jemand, der mit heller, aufgeregter Stimme eine Geschichte über ein kaputtes Brett erzählte. Ein paar ernsthaftere Gruppen, die sich um die geöffneten Innereien von Fahrzeugen in Reparatur versammelt hatten. Laserschneider, die an- und ausgingen und unheimliche grüne oder rote Funken aus exotischen Legierungen schlugen.
    Am Tresen bekam ich erstaunlich guten Kaffee und nahm ihn mit nach draußen, um die Surfer beobachten zu können. Es war eine Subkultur, zu der ich während meiner Jugendzeit in Newpest nie Zugang gefunden hatte. Die Ehre der Gang verbot es, sich gleichzeitig dem Tauchen und dem Wellenreiten zu widmen, und ich war zuerst auf den Unterwassersport gestoßen. Danach hatte ich nie die Loyalität gewechselt. Etwas an der schweigenden Welt unter der Oberfläche hatte mich angezogen. Dort herrschte eine gewaltige, langsam atmende Ruhe, es war eine Pause von all dem Straßen-Wahnsinn und meinem noch unruhigeren Leben zu Hause.
    Da unten konnte man sich völlig ausklinken.
    Ich trank den Kaffee aus und kehrte ins Restaurant zurück. Die Gerüche von Ramen-Suppen kringelten sich durch die Luft und zerrten an meinen Eingeweiden. Plötzlich wurde mir klar, dass ich seit dem späten Bordfrühstück mit Japaridze auf der Brücke der Tochter des Haiduci nichts mehr gegessen hatte. Ich bestieg einen Tresenhocker und nickte dem gleichen methäugigen Jungen zu, der mir auch den Kaffee serviert hatte.
    »Riecht gut. Was haben Sie da?«
    Er nahm eine lädierte Fernbedienung und hielt sie in die ungefähre Richtung der Autoküche. Holos schossen über den verschiedenen Töpfen empor. Ich scannte sie und wählte ein altes Lieblingsgericht, bei dem sich kaum etwas falsch machen ließ.
    »Ich nehme den Chili-Rochen. Das ist tiefgefrorener Rochen, nicht wahr?«
    Er verdrehte die Augen. »Erwarten Sie etwa frischen? In so einem Laden? Zu so einem Preis?«
    »Ich war lange fort.«
    Doch damit löste ich keine Reaktion in seinem methbetäubten Gesicht aus. Er aktivierte nur die Autoküche und schlenderte zu den Fenstern davon, um die Surfer anzustarren, als wären sie eine seltene und wunderschöne Meeresspezies hinter der Scheibe eines Aquariums.
    Ich hatte meine Schale mit Ramen zur Hälfte aufgegessen, als sich hinter mir die Tür öffnete. Niemand sagte etwas, aber ich wusste es längst. Ich stellte die Schale ab und drehte mich langsam auf dem Hocker um.
    Er war allein.
    Es war nicht das Gesicht, an das ich mich erinnerte, nicht einmal annähernd. Nach unserer letzten

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