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Heiliger Zorn

Heiliger Zorn

Titel: Heiliger Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
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von Konrad Harlan wenig schmeichelhaft unter Plastik verhüllt worden war. Von dort ging es in eine Zimmerflucht, die ursprünglich eine Erdgeschosswohnung gewesen sein musste. Zwei Reihen unbequem wirkender Stühle, genauso schlicht wie der Synth des Wärters, standen vor einem Schreibtisch, hinter dem sich eine schwere Stahltür befand. Ein zweiter Entsagender, eine Frau, wartete am Schreibtisch auf uns. Wie ihr Kollege war sie in einen Synth gesleevt und in einen grauen Overall gekleidet, aber ihre Gesichtszüge wirkten ein klein wenig lebhafter. Vielleicht gab sie sich nur mehr Mühe und arbeitete für die volle Akzeptanz unter den neuen Gleichheitsbestimmungen.
    »Wie viele von Ihnen wünschen eine Audienz?«, fragte sie, in durchaus angenehmem Tonfall, wenn man die Einschränkungen ihrer Fabrikon-Stimme berücksichtigte.
    Jack Soul Brasil und ich hoben die Hand, Sierra Tres trat demonstrativ zur Seite. Die Wärterin winkte uns, ihr zu folgen, und tippte einen Code in die Stahltür ein. Sie öffnete sich mit einem antiken metallischen Knirschen, und wir traten in einen Raum mit grauen Wänden, der mit mehreren durchgesessenen Sofas und einem virtuellen Transfersystem eingerichtet war, das aussah, als würde es noch auf Silizium laufen.
    »Bitte machen Sie es sich auf einem Sofa bequem und legen Sie die Elektroden und Hypnofone an, wie es im Holo demonstriert wird, das Sie zu Ihrer Rechten sehen.«
    Machen Sie es sich bequem war eine schwer zu erfüllende Anweisung. Die Sofas verfügten nicht über Autoform und schienen nicht im Hinblick auf Bequemlichkeit konstruiert worden zu sein. Ich bemühte mich immer noch, eine gute Position zu finden, als die Wärterin zur Transferkontrollsuite uns unter Strom setzte. Ein Sonocode murmelte durch die Hypnofone.
    »Bitte wenden Sie den Kopf nach rechts und blicken Sie auf die Holoform, bis Sie das Bewusstsein verlieren.«
    Der Übergang war erstaunlicherweise wesentlich sanfter, als ich aufgrund der Umgebung erwartet hatte. Im Zentrum der Holosphäre bildete sich eine oszillierende Acht und durchlief zyklisch das Farbspektrum. Der Sonocode summte im Kontrapunkt. Nach wenigen Sekunden erweiterte sich die Lichtshow und füllte mein gesamtes Sichtfeld aus, und das Geräusch in meinen Ohren wurde zu Wasserrauschen. Ich spürte, wie ich mich zur oszillierenden Zahl neigte und schließlich hindurchfiel. Lichtstreifen zogen flackernd über mein Gesicht, schrumpften dann zu Weiß und vermischten sich mit dem Rauschen in meinen Ohren. Alles neigte sich unter mir, ein Gefühl, als würde die ganze Welt um hundertachtzig Grad gekippt werden, dann wurde ich unvermittelt aufrecht auf einer abgewetzten Steinplattform hinter einem strömenden Wasserfall abgesetzt. Die Reste des oszillierenden Spektrums zeigten sich kurz als gebrochenes Licht im feinen Nebel und verblassten dann wie ein verklingender Ton. Schlagartig spürte ich, dass ich mit den Füßen in Pfützen stand und kalte, feuchte Luft mein Gesicht traf.
    Als ich mich umdrehte, um nach einem Ausweg zu suchen, verdichtete sich die Luft neben mir und bildete eine skizzierte Silhouette, die zu Jack Soul Brasil wurde. Die Tonhöhe des Wasserfalls ging nach oben, als er sich verfestigte, und pegelte sich danach wieder ein. Erneut sauste das oszillierende Spektrum durch die Luft und verabschiedete sich wieder. Die Pfützen schimmerten und tauchten wieder auf. Brasil blinzelte und sah sich um.
    »Ich glaube, es geht hier entlang«, sagte ich und zeigte auf eine Treppe aus flachen Steinstufen an einer Seite des Wasserfalls.
    Wir folgten den Stufen um einen Felsvorsprung herum und traten über dem Wasserfall in helles Sonnenlicht. Aus den Stufen wurde ein gepflasterter Weg, der durch moosbewachsene Hügel führte, und im gleichen Moment entdeckte ich das Kloster.
    Es erhob sich aus der sanft gewellten Hügellandschaft vor einem Hintergrund aus steilen Bergen, die entfernt an Teile des Safran-Archipels erinnerten. Sieben Stockwerke und fünf Türme aus kunstvoll geschnitztem Holz und Granit im klassischen Pagodenstil. Der Weg vom Wasserfall endete vor einem riesigen Spiegelholztor, das in der Sonne glänzte. Ähnliche Pfade gingen ohne erkennbaren Plan vom Kloster aus und führten durch die Hügel. Einige wenige Gestalten waren sichtbar, die auf den Wegen wandelten.
    »Damit wird klar, warum sie in die Virtualität gegangen sind«, sagte ich, hauptsächlich im Selbstgespräch. »Auf jeden Fall übertrifft es Walrücken und

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