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Heiliger Zorn

Heiliger Zorn

Titel: Heiliger Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
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Ich hob die Erkezes-Zigarre, ebenfalls gestohlen, in vorsichtigem Gruß und hoffte, dass sie es nicht als Einladung verstand, ihr Schiff zu verlassen und herüberzukommen. Isa ließ Musik, die, wie sie schwor, voll in Mode war, unter Deck wummern, aber das alles war nur Tarnung. Das Einzige, was sich zu diesem Takt bewegte, war ein Programm, das sich durch das Sicherheitssystem des Trimarans namens Bewohner der Insel Boubin bewegte. Ungeladene Gäste, die in diese Party hineinplatzen wollten, würden am unteren Ende des Niedergangs auf Sierra Tres oder Jack Soul Brasil und die Mündung einer Kalaschnikow-Monomolpistole stoßen.
    Ich schnippte etwas Asche von der Zigarre, schlenderte durch die Sitze im Heckbereich der Jacht und bemühte mich, so zu tun, als würde ich hierher gehören. Eine vage Anspannung schlängelte sich durch meine Eingeweide, etwas hartnäckiger als sonst vor einer Aktion. Ich brauchte nicht allzu viel Phantasie, um mir den Grund denken zu können. Ein Schmerz, der, wie ich wusste, psychosomatisch war, zog sich durch meinen ganzen linken Arm.
    Ich verspürte den intensiven Drang, den Rila-Felsen nicht hinaufzuklettern.
    Mal wieder typisch. Die ganze Stadt feiert, und ich verbringe die Nacht damit, mich an einer zweihundert Meter hohen Steilwand festzuhalten.
    »Hallo!«
    Ich blickte auf und sah die minimal bekleidete Blondine vor der Laufplanke stehen und strahlend lächeln. Sie wackelte leicht auf übertrieben hohen Stiletto-Absätzen.
    »Hallo«, erwiderte ich vorsichtig.
    »Dein Gesicht kenne ich nicht«, sagte sie mit betrunkener Direktheit. »An einen so prächtigen Rumpf würde ich mich erinnern. Du scheinst hier nicht allzu oft anzulegen, was?«
    »Nein, das stimmt.« Ich schlug gegen die Reling. »Ist zum ersten Mal in Millsport. Bin erst vor wenigen Tagen angekommen.«
    Was die Boubin und ihre tatsächlichen Eigentümer betraf, war das sogar die Wahrheit. Es handelte sich um zwei Ehepaare von den Ohrid-Inseln, die durch einen staatlichen Auftrag zur Entwicklung von einheimischen Navigationssystemen reich geworden waren und Millsport zum ersten Mal seit Jahrzehnten besuchten. Eine ideale Wahl, von Isa aus dem Hafenmeister-Datenstack gezogen, zusammen mit allem anderen, was wir benötigten, um an Bord des Dreißig-Meter-Trimarans zu kommen. Beide Paare lagen derzeit bewusstlos in einem Hotelzimmer in Tadaimako, und ein paar von Brasils jüngeren revolutionären Enthusiasten würden dafür sorgen, dass sich in den nächsten zwei Tagen nichts daran änderte. Im Getümmel der Feierlichkeiten zu Harlans Tag war es unwahrscheinlich, dass irgendjemand sie vermisste.
    »Was dagegen, wenn ich an Bord komme und mich ein wenig umsehe?«
    »Äh… das wäre eigentlich kein Problem, nur dass wir in Kürze ablegen werden. Nur noch ein paar Minuten, dann fahren wir auf den Reach hinaus, um uns das Feuerwerk anzusehen.«
    »Oh, das wäre phantastisch. Da wäre ich unheimlich gern dabei.« Sie reckte mir ihren Körper entgegen. »Ich bin total verrückt nach Feuerwerk. Es macht mich immer so, ich weiß nicht, wie ich es beschreiben soll…«
    »Hallo, Schatz.« Ein Arm schlang sich um meine Taille, und grellrotes Haar kitzelte mich unter dem Kinn. Isa kuschelte sich an mich. Sie trug nur ihre ausgeschnittene Schwimmkleidung und etwas eingebetteten Körperschmuck, der atemberaubend war. Sie sah die Blondine böse an. »Wer ist deine neue Freundin?«
    »Ach, wir haben noch gar nicht…« Ich öffnete einladend eine Hand.
    Die Blondine kniff die Lippen zusammen. Vielleicht war es eine Konkurrenzsache, vielleicht war es auch Isas funkelnder, rot geäderter Blick. Oder einfach gesunde Abscheu vor dem Anblick einer Fünfzehnjährigen, die an einem Mann hing, der mehr als doppelt so alt wie sie war. Durch Resleeving waren die seltsamsten körperlichen Kombinationen möglich, aber jeder, der das Geld hatte, um sich eine Jacht wie die Bewohner der Insel Boubin leisten zu können, hatte es nicht nötig, so etwas in Kauf zu nehmen. Wenn ich ein Mädchen vögelte, das wie fünfzehn aussah, war es entweder fünfzehn oder ich wollte, dass es so aussah, was am Ende ungefähr auf dasselbe hinauslief.
    »Ich glaube, ich gehe jetzt lieber zurück«, sagte die Blondine und machte mit unsicheren Schritten kehrt. Alle paar Meter wankend zog sie sich so würdevoll zurück, wie es mit so idiotischen Absätzen eben möglich war.
    »Ja«, rief Isa ihr nach. »Viel Spaß auf der Party. Vielleicht sehen wir uns mal irgendwo

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