Heiliger Zorn
Nachrichtenüberblick.« Er richtete einen Finger auf mich. »Dein Kumpel Segesvar hat dich verkauft.«
Ich blinzelte. Dann: »Auf gar keinen Fall.«
Er nickte. »Aber ich weiß es. Haiduci-Verpflichtungen. Er ist dir etwas schuldig. Die Sache ist nur, Tak, dass du dich fragen solltest, wem von euch beiden er etwas schuldig zu sein glaubt.«
Ach du Scheiße!
Er registrierte, wie ich den Treffer einsteckte, und nickte erneut. »Ja, auch darüber weiß ich alles. Es ist so. Takeshi Kovacs hat Segesvar vor ein paar Jahrhunderten objektiver Zeit das Leben gerettet. Aber das haben beide Kopien von dir getan. Der alte Radul hat eine Schuld abzutragen, aber offenbar sieht er keinen Grund, warum er es mehr als einmal tun sollte. Und dein jüngeres Ich hat soeben auf genau dieser Basis einen Deal gemacht. Segesvars Männer haben heute Früh die meisten deiner Strandparty-Revolutionäre hochgenommen. Sie hätten auch dich, Vidaura und die DeCom-Frau geschnappt, wenn ihr nicht urplötzlich in aller Herrgottsfrühe zum Strip aufgebrochen wärt.«
»Und jetzt?« Die letzten Fragmente der Hoffnung. Reiß sie raus und stell dich den Tatsachen mit steinernen Gesichtszügen. »Haben sie Vidaura und die anderen inzwischen geholt?«
»Ja, sie haben sie sich geschnappt, als sie zurückgekommen sind. Sie halten alle fest, bis Aiura Harlan-Tsuruoka mit einem Aufräumkommando eintrifft. Wärst du mit den anderen zurückgefahren, würdest du jetzt zusammen mit ihnen in einem verschlossenen Raum sitzen. Also…« Ein schnelles Lächeln, eine hochgezogene Augenbraue. »Wie es scheint, stehst du jetzt in meiner Schuld.«
Ich ließ die Wut an Bord kommen, wie einen tiefen Atemzug, wie eine Blähung. Ließ sie durch mich hindurchrasen und drückte sie dann vorsichtig aus wie eine halb gerauchte Seehanf-Zigarre, die man sich für später aufhob. Schließ es weg, denk nach.
»Wie kommt es, dass du all das weißt, Todd?«
Eine Geste der Bescheidenheit. »Wie ich schon sagte, ich stamme von hier. Es lohnt sich, ständig das Ohr am Draht zu haben. Du weißt, wie das ist.«
»Nein, ich weiß nicht, wie das ist. Wer ist deine Informationsquelle, verdammt noch mal, Todd?«
»Das kann ich dir nicht sagen.«
Ich hob die Schultern. »Dann kann ich dir auch nicht helfen.«
»Du willst einfach so alles den Bach runtergehen lassen? Segesvar verrät dich, und er soll ungeschoren davonkommen? Du willst deine Strandfreunde sterben lassen? Ich bitte dich, Tak!«
Ich schüttelte den Kopf. »Ich habe es satt, die Kämpfe anderer Leute auszutragen. Brasil und seine Freunde haben sich selbst in diese Situation gebracht, und sie sollen selbst zusehen, wie sie da wieder rauskommen. Und Segesvar läuft mir nicht weg. Ich werde mich später um ihn kümmern.«
»Und Vidaura?«
»Was ist mit ihr?«
»Sie hat uns ausgebildet, Tak.«
»Ja, uns. Also geh und rette du sie.«
Wer kein Envoy war, hätte es überhaupt nicht bemerkt. Es war viel weniger als ein Zucken, eine Veränderung der Haltung im Millimeterbereich, vielleicht nicht einmal das. Aber Murakami war in sich zusammengesackt.
»Ich schaffe es nicht allein«, sagte er leise. »Ich kenne mich in Segesvars Unterschlupf nicht aus. Und in diesem Fall wäre eine ganze Envoy-Einheit nötig, um ihn einzunehmen.«
»Dann ruf doch das Corps.«
»Du weißt, welche Folgen das für…«
»Dann sag mir, wer deine Informationsquelle ist, verdammt noch mal!«
»Tja«, sagte Jad süffisant in die Stille, die darauf folgte. »Oder bitte ihn einfach, von nebenan reinzukommen.«
Sie fing meinen Blick auf und nickte in Richtung einer geschlossenen Luke im Hintergrund des Raums. Ich ging einen Schritt darauf zu, und Murakami konnte sich nur mit Mühe verkneifen, mir den Weg zu versperren. Er sah Jad zornig an.
»Tut mir Leid«, sagte sie und tippte sich mit einem Finger an den Kopf. »Datenfluss-Alarm. Ziemlich standardmäßige Blinzelfisch-Hardware. Ihr Freund da drinnen benutzt ein Telefon und ist ständig in Bewegung. Ich vermute, er geht nervös auf und ab.«
Ich sah Murakami grinsend an. »Also, Todd. Dein Stichwort.«
Die Spannung hielt noch ein paar Sekunden lang an, dann seufzte er und machte eine auffordernde Geste.
»Dann geh. Du hättest es früher oder später sowieso herausgefunden.«
Ich ging zur Luke, fand den Öffnungsknopf und drückte ihn. Ein Mechanismus surrte irgendwo in den Tiefen des Gebäudes. Die Luke schwenkte in ruckender, zögernder Bewegung nach oben. Ich beugte mich in den Raum,
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