Heiliger Zorn
der sich dahinter auftat.
»Guten Abend. Wer von Ihnen ist also die Plaudertasche?«
Vier Gesichter wandten sich mir zu, und als ich sie sah, vier in ernstes Schwarz gekleidete Gestalten, fügten sich die Puzzleteile in meinem Kopf zusammen wie die Luke, die nun ihre Öffnungsstellung erreicht hatte. Drei von ihnen waren Schläger, zwei Männer und eine Frau, und bei allen hatte die Gesichtshaut eine glänzende Elastizität, wo die Tattoos übersprüht worden waren. Es war eine kurzfristige, nur für einen Tag gedachte Lösung, die keiner professionellen Überprüfung standhalten würde. Aber so tief im haiduci-Territorium würde es sie vor offenen Kämpfen an jeder Straßenecke von Newpest bewahren.
Der vierte, der mit dem Telefon in der Hand, war älter, aber schon durch seine Haltung unverkennbar. Ich nickte verstehend.
»Tanaseda, wie ich vermute. Nun gut.«
Er verbeugte sich leicht. Es passte zum Gesamtbild, die gleiche gepflegte Erscheinung und die Manieren alter Schule. Er trug keine Gesichtsverzierung, weil er in seiner Stellung ein regelmäßiger Besucher in den Enklaven der Ersten Familien sein musste, die für so etwas nur wenig Verständnis aufbringen würden. Aber man konnte immer noch die Ehrennarben erkennen, wo sie ohne die Segnungen moderner chirurgischer Technik entfernt worden waren. Sein graumeliertes schwarzes Haar war zu einem kurzen, straffen Pferdeschwanz zurückgebunden, um die Narben auf der Stirn und die langen Knochen des Gesichts besser zur Geltung zu bringen. Die Augen waren braun und hart wie polierte Steine. Das sorgfältige Lächeln, mit dem er mich bedachte, war das gleiche, mit dem er auch den Tod begrüßen würde, wenn er schließlich zu ihm kam.
»Kovacs-san.«
»Und was haben Sie hier verloren, sam?« Die Schläger wandten sich mir bei dieser Respektlosigkeit kollektiv zu. Ich achtete nicht weiter darauf, sondern blickte mich stattdessen zu Murakami um. »Ich vermute, dir ist klar, dass er mich liebend gerne töten würde -Realer Tod, so langsam und unangenehm wie möglich.«
Murakami suchte den Blickkontakt mit dem Yakuza.
»Dieses Missverständnis lässt sich auflösen«, murmelte er. »Ist es nicht so, Tanaseda-san?«
Tanaseda verbeugte sich erneut. »Ich habe zur Kenntnis genommen, dass Sie zwar in den Tod von Hirayasu Yukio involviert sind, aber nicht die ausschließliche Schuld daran tragen.«
»Aha?« Mit einem Achselzucken schüttelte ich meine aufkochende Wut ab, weil er dieses Informationsbruchstück nur durch die virtuelle Befragung von Orr oder Kiyoka oder Lazlo erhalten haben konnte, nachdem mein jüngeres Ich ihm dabei geholfen hatte, sie zu töten. »Für Leute wie Sie spielt es doch gewöhnlich kaum eine Rolle, ob jemand wirklich schuld ist oder nicht.«
Die Frau in seinem Gefolge stieß ein leises Knurren aus, das tief aus ihrer Kehle kam. Tanaseda schnitt es mit einer winzigen Handbewegung ab, aber der Blick, mit dem er mich bedachte, stand im offenen Widerspruch zur Ruhe, die in seiner Stimme lag.
»Außerdem wurde mir zugetragen, dass sich Hirayasu Yukios kortikale Speichereinheit in Ihrem Besitz befindet.«
»Aha.«
»Entspricht das den Tatsachen?«
»Wenn Sie glauben, ich würde zulassen, dass Sie mich danach durchsuchen, dann können Sie…«
»Tak.« Murakami klang völlig gelassen, aber; das war er nicht. »Benimm dich. Hast du Hirayasus Stack oder nicht?«
Ich hielt einen kurzen Moment inne, während ein Teil von mir hoffte, dass sie Gewalt einsetzten. Der Mann zu Tanasedas Linken zuckte, und ich sah ihn lächelnd an. Aber sie waren viel zu gut ausgebildet.
»Nicht bei mir«, sagte ich.
»Aber du könntest ihn an Tanaseda-san ausliefern, nicht wahr?«
»Wenn ich irgendeinen Anreiz hätte, es zu tun, dann könnte ich es tun, ja.«
Wieder das leise Knurren, das diesmal abwechselnd von allen drei Yak-Schlägern kam.
»Ronin«, zischte einer von ihnen.
Ich suchte seinen Blick. »Völlig richtig, sam. Ein Herrenloser. Also passen Sie auf, was Sie tun. Es gibt niemanden, der mich zurückpfeift, wenn ich eine intensive Abneigung gegen Sie entwickeln sollte.«
»Aber es gibt auch niemanden, der Ihnen zu Hilfe kommt, wenn Sie mit dem Rücken zur Wand stehen«, stellte Tanaseda fest. »Könnten wir bitte mit diesen kindischen Spielchen aufhören, Kovacs-san? Sie haben von einem Anreiz gesprochen. Ohne die Information, die ich Ihnen geliefert habe, wären Sie jetzt zusammen mit Ihren Kollegen gefangen und würden Ihrer Exekution
Weitere Kostenlose Bücher