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Heiliger Zorn

Heiliger Zorn

Titel: Heiliger Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
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Glasscheiben an der Nase bewegten, aber an den Waffen bemerkte ich keine Aktivitäten. Als das Gefährt immer näher kam und längsseits ging, sah ich die seitlichen Schrammen im Metall der Schürze. Die Hinterlassenschaft der vielen Einsätze, die mit einer Enteraktion Bordwand an Bordwand geendet hatten.
    Ein Scheinwerfer ging an und wischte über mich hinweg, kehrte zurück und blieb auf mich gerichtet. Ich hob die Hand, um mich vor dem grellen Licht abzuschirmen. Das Neurachem gab mir ein paar menschliche Umrisse in einem stumpfen Beobachtungsturm über der vorderen Kabine des Piraten. Eine junge männliche Stimme, chemisch hochgekurbelt, trieb über das trübe Wasser heran.
    »Sind Sie Kovacs?«
    »Ich bin Dusel. Was wollen Sie?«
    Ein trockenes, humorloses Lachen. »Dusel! Ja, das könnte hinkommen. Mehr Glück als Verstand, wenn ich es von hier aus betrachte.«
    »Ich habe Ihnen eine Frage gestellt.«
    »Was ich will. Hab ich verstanden. Nun, was ich als Allererstes will, wäre, dass ihre kleine Freundin da am Heck rauskommt und die Hardware wegtut. Wie haben sie sowieso auf dem Infrarot, und es wäre kein Problem für uns, sie mit der Vib-Kanone in Pantherfutter zu verwandeln. Aber ich denke, dann wären Sie ziemlich sauer, stimmt’s?«
    Ich sagte nichts.
    »Tja, und wenn Sie sauer sind, komme ich nicht weiter. Ich soll dafür sorgen, dass Sie glücklich und zufrieden sind, Kovacs. Ich soll Sie mitnehmen, aber nur glücklich und zufrieden. Wenn Ihre Freundin also kooperiert, bin ich glücklich und zufrieden, und es besteht kein Anlass, ein Feuerwerk und ein Blutbad zu veranstalten. Das wiederum macht Sie glücklich und zufrieden, und wenn Sie einfach mitkommen, sind auch die Leute, für die ich arbeite, glücklich und zufrieden. Dann sind sie nett zu mir, und ich bin noch glücklicher. Wissen Sie, wie man so etwas nennt, Kovacs? Einen Teufelskreis.«
    »Sagen Sie mir, wer diese Leute sind, für die Sie arbeiten?«
    »Tja, ich würde es wirklich gerne tun, aber das lässt sich einfach nicht machen, wissen Sie. Ich habe einen Vertrag unterschrieben, kein Wort darf über meine Lippen kommen, bis Sie am Tisch sitzen und den Tust-du-was-für-mich-tu-ich- was-für-dich-Boogie mittanzen. Also fürchte ich, dass Ihnen nichts übrig bleibt, als mir schlicht und ergreifend zu vertrauen.«
    Oder zerblastert zu werden, wenn du abzuhauen versuchst.
    Ich seufzte und drehte mich zum Heck um.
    »Komm raus, Jad.«
    Es dauerte einen Moment, aber dann tauchte sie aus dem Schatten des Leitwerks auf, den Monomolblaster über die Schulter gehängt. Ich hatte das Neurachem immer noch hochgefahren und sah ihrem Gesicht an, wie schwer sie um diese Entscheidung gerungen hatte.
    »So ist es schon viel besser«, rief der Pirat fröhlich. »Jetzt sind wir alle liebe Freunde.«

 
43
     
     
    Sein Name war Vlad Tepes, angeblich nicht nach der Pflanze benannt, sondern nach einem fast vergessenen volkstümlichen Helden aus der Vorkolonialzeit. Er war schlaksig und blass und trug Fleisch, das wie eine billige, junge, kahlköpfige Version von Jack Soul Brasil aussah, die man bereits im Entwicklungsstadium ausgemustert hatte. All das deutete darauf hin, dass es sein eigenes Fleisch war, sein erster Sleeve, was hieß, dass er kaum älter als Isa sein konnte. Auf den Wangen hatte er Akne-Narben, an denen er gelegentlich herumfummelte, und er zitterte von Kopf bis Fuß unter einer Überdosis Tetrameth. Er gestikulierte übertrieben und lachte viel zu viel, und irgendwann in seinem jungen Leben hatte er sich den Schädelknochen an den Schläfen öffnen und durch gezackte Blitze aus dunkelroter Zementlegierung ausfüllen lassen. Das Zeug glitzerte im schwachen Licht an Bord des Piratenfahrzeugs, und wenn man ihn frontal ansah, verlieh es seinem Gesicht etwas Dämonisches, was zweifellos beabsichtigt war. Die Männer und Frauen auf der Brücke wichen bereitwillig seinen ruckhaften, methgetriebenen Bewegungen aus, und in ihren Augen stand Respekt, wenn sie ihn ansahen.
    Abgesehen von diesem radikalen chirurgischen Eingriff erinnerte er mich so sehr an Segesvar und mich selbst, wie wir im gleichen Alter gewesen waren, dass es schmerzte.
    Das Fahrzeug erfreute sich – vermutlich wenig überraschend – des Namens Der Pfähler, und es raste mit hohem Tempo genau nach Westen. Es überrannte gebieterisch jedes Hindernis, dem kleinere und weniger gut gepanzerte Skimmer hätten ausweichen müssen.
    »Muss so sein«, teilte Vlad uns kurz und bündig mit,

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