Heiliger Zorn
wir werden ihn kriegen.«
»So?«, entgegnete ich düster.
»Ja, das werden wir. Nachdem Aiura erledigt ist, hat er keinen Hundeführer mehr und kann sich nirgendwohin flüchten. Und so klar wie die Lichtgeschwindigkeit ist, dass niemand anderer aus den Ersten Familien daran interessiert sein wird, dort weiterzumachen, wo sie aufgehört hat. Nicht, solange sie möchten, dass das Protektorat zu Hause bleibt und ihnen nicht ihre Oligarchie wegnimmt.«
»Oder«, sagte ich beiläufig, »du könntest mich töten, nachdem du mich geschnappt hast, um dann einen Deal mit ihm zu machen.«
Murakami runzelte die Stirn. »Das ist nicht witzig, Tak.«
»Sollte es auch nicht sein. Er sieht sich immer noch als Envoy, weißt du. Wahrscheinlich würde er mit Handkuss die Chance nutzen, ins Corps zurückkehren zu können, wenn sie ihm angeboten würde.«
»Das ist mir scheißegal.« Jetzt schwang Wut in seiner Stimme mit. »Ich kenne diesen kleinen Scheißer nicht, und er muss erledigt werden.«
»Schon gut, schon gut. Kühl ab. Ich wollte nur versuchen, dir das Leben einfacher zu machen.«
»Mein Leben ist schon einfach genug«, brummte er. »Einen Envoy doppelt zu sleeven, selbst wenn es sich um einen Ex-Envoy handelt, läuft ziemlich unvermeidlich auf politischen Selbstmord hinaus. Konrad Harlan wird mächtigen Ärger kriegen, wenn ich in Millsport mit Aiuras Kopf und einem Bericht über all das hier aufkreuze. Seine einzige Chance ist, kategorisch abzustreiten, dass er von irgendwas gewusst hat, und zu beten, dass ich die Sache damit auf sich beruhen lasse.«
»Du hast Aiuras Stack?«
»Ja. Kopf und Schultern waren im Großen und Ganzen intakt. Wir werden sie verhören, aber das ist reine Formsache. Wir werden das, was sie weiß, nicht direkt verwenden. In solchen Situationen neigen wir dazu, dem Abschaum der planetaren Führungsschicht die Gelegenheit zu geben, jede Verantwortung zu leugnen. Du kennst ja das Prozedere: die lokalen Unruhen minimieren, eine nahtlose Führungsautorität im Einklang mit dem Protektorat wahren, die Daten als künftiges Erpressungsmaterial sichern.«
»Ja, ich erinnere mich.« Ich versuchte, wieder etwas Feuchtigkeit in meine Mundhöhle zu schlucken. »Du weißt, dass Aiura vielleicht nicht nachgibt. Als Faktotum der Familie dürfte sie eine ziemlich stabile Loyalitätskonditionierung haben.«
Er grinste boshaft. »Irgendwann gibt jeder nach, Tak. Auch das weißt du. Nach einem virtuellen Verhör hat man entweder nachgegeben oder ist wahnsinnig geworden, und heutzutage können wir sie selbst da wieder rausholen.« Das Grinsen verblasste zu etwas, das noch härter und noch boshafter war. »Letztlich spielt es keine Rolle. Unser geliebter ewiger Führer Konrad wird niemals erfahren, was wir aus ihr herausbekommen oder nicht. Er wird einfach vom schlimmsten Fall ausgehen und aufs Wort hören. Andernfalls rufe ich ein Überfallkommando, brenne Rila nieder und lösche dann ihn und seine gesamte Scheißfamilie per EMP aus.«
Ich nickte und schaute über die Lagune, während es sich anfühlte, als würde sich mein Mund zu einem Lächeln verziehen wollen. »Du klingst fast wie ein Quellist. Ungefähr das Gleiche würden sie auch gerne tun. Schade, dass ihr euch nicht irgendwie mit ihnen arrangieren könnt. Aber deswegen seid ihr ja nicht hergekommen.« Unvermittelt wandte ich ihm wieder den Blick zu. »Nicht wahr?«
»Wie bitte?« Aber er gab sich keine allzu große Mühe, sich zu verstellen. Das Grinsen lauerte bereits in einem Mundwinkel.
»Komm schon, Todd. Du tauchst hier mit hochmoderner psychografischer Ausrüstung auf, Liebeck war zuletzt auf Latimer im Einsatz, und du hast Oshima irgendwo hinbringen lassen. Und dann sagst du, diese Aktion würde schon seit vier Jahren laufen, was zufällig genau in die Zeit fällt, als die Mecsek-Initiative gestartet wurde. Du bist nicht wegen der Quellisten hier, sondern weil du ein Auge auf die DeCom-Technologie haben sollst.«
Das Grinsen kam zum Vorschein. »Gut kombiniert. Aber du liegst völlig falsch. Wir sind hier, um beides zu tun. Es sind die Fortschritte der DeComs und die Restbestände der Quellisten, weswegen sich das Protektorat in die Windeln macht. Und natürlich wegen der Orbitale.«
»Die Orbitale?« Ich sah ihn blinzelnd an. »Was haben die Orbitale mit all dem zu tun?«
»Im Moment noch gar nichts. Und wenn es nach uns geht, soll das auch so bleiben. Aber durch die Technik der DeComs können wir uns dessen nicht mehr sicher
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