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Heiliger Zorn

Heiliger Zorn

Titel: Heiliger Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
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dürftigen Geschmacks- und Geruchssinn meines Synthetiksleeves anzuregen.
    »Miso und Reis für alle?«, fragte Lazlo.
    Die DeComs grunzten zustimmend und verteilten sich auf ein paar Tische. Ich schüttelte den Kopf. Mit synthetischen Geschmacksknospen schmeckte sogar gute Misosuppe wie Abwaschwasser. Ich begleitete Lazlo zur Durchreiche, um nachzusehen, was sonst noch im Angebot war. Schließlich entschied ich mich für einen Kaffee und etwas kohlehydratreiches Gebäck. Ich angelte gerade nach einem Kreditchip, als Lazlo die Hand ausstreckte.
    »He. Der geht auf mich.«
    »Danke.«
    »Nicht der Rede wert. Willkommen bei Sylvies Schleichern. Schätze, das hab ich gestern vergessen zu sagen. Tschuldigung.«
    »Du hattest ja auch einiges um die Ohren.«
    »Ja. Willst du sonst noch was?«
    Auf dem Tresen stand ein Schmerzpflaster-Spender. Ich zog ein paar Streifen raus und winkte damit der Bedienung zu. Lazlo nickte, holte einen Kreditchip aus der Tasche und legte ihn auf den Tresen.
    »So. Sie haben dir also eins verpasst.«
    »Ja. In die Rippen.«
    »Hab ich mir schon gedacht, so wie du dich bewegst. Unsere Freunde von gestern?«
    »Nein. Das war vorher.«
    Er hob eine Augenbraue. »Vielbeschäftigter Mann.«
    »Mehr als du denkst.« Ich zog eine Dosis von einem der Streifen, krempelte einen Ärmel hoch und drückte mir das Pflaster auf die Haut. Eine warme Welle chemischen Wohlbefindens strömte meinen Arm hinauf. Wir stellten das Essen auf Tabletts und brachten es zu den Tischen.
    Die DeComs aßen mit schweigsamer Konzentration, in krassem Gegensatz zu ihrem sonstigen Gezänk. Ein paar Leute nickten Sylvies Team im Vorbeigehen zu, aber im Großen und Ganzen verhielt sich der durchschnittliche DeCom distanziert. Die Teams blieben in ihren eigenen kleinen Gruppen unter sich. Unterhaltungsfetzen trieben vorbei, voller Fachausdrücke und im selben abgehackten Slang, den ich in den letzten anderthalb Tagen bei meinen Begleitern aufgeschnappt hatte. Die Angestellten riefen Bestellungsnummern aus, und von irgendwo kam Siedlerzeit-Jazz aus einem Radio.
    Die warme Woge des Schmerzpflasters ließ meine Gedanken schweifen. Sie nahmen die Musik auf und versetzten mich übergangslos in meine Jugend in Newpest zurück. Freitagabend bei Watanabe – der alte Watanabe war ein großer Fan der Jazzstars aus den Siedlerjahren gewesen und hatte unaufhörlich ihr Zeug laufen lassen. Als Begleitung war das entnervte Stöhnen seiner jugendlichen Gäste zu hören gewesen, das schnell zum Ritual geworden war. Wenn man genug Zeit bei Watanabe verbrachte, passte man sich schließlich an, ganz egal, welche musikalischen Präferenzen man zuvor gehabt hatte. Irgendwann hatte sich der Geschmack an den verschleppten Rhythmen fest eingebrannt.
    »Das ist alt«, sagte ich und nickte in Richtung der Lautsprecher auf dem Anhänger.
    Lazlo schnaufte. »Willkommen in New Hok.«
    Grinsen und der Austausch von Fingergesten.
    »Das Zeug gefällt dir, was?«, fragte Kiyoka mich durch einen Mund voll Reis.
    »Der Stil gefällt mir. Aber das Stück kenne ich ni…«
    »Dizzy Csango und Great Laughing Mushroom«, erklärte Orr zu meiner Überraschung. »Down the Ecliptic. Aber eigentlich ist es die Coverversion einer Session von Blackman Taku. Taku hätte die Geige nie auch nur zur Haustür reingelassen.«
    Ich warf dem Hünen einen verwunderten Blick zu.
    »Hör nicht auf ihn«, sagte Sylvie und kratzte sich unter dem Haar. »Wenn man zu den frühen Sachen von Taku und Ide zurückgeht, dann hat man überall diesen Zigeunerklang drin. Sie haben ihn nur für die Millsport Sessions ausgeblendet.«
    »Das ist nicht…«
    »He, Sylvie!« Ein jugendlich aussehender Kommandokopf mit statisch abstehenden Haaren kam zu uns an den Tisch. Auf der linken Hand balancierte er ein Tablett mit Kaffeetassen, und über seiner rechten Schulter zuckte unruhig eine dicke Rolle Aktivkabel. »Schon zurück, Leute?«
    Sylvie grinste. »Hallo, Oishii. Habe ich dir gefehlt?«
    Oishii verbeugte sich spöttisch. Das Tablett auf seinen gespreizten Fingern bewegte sich keinen Millimeter. »Wie immer. Mehr, als man von Kurumaya-san sagen kann. Habt ihr vor, ihn heute noch zu treffen?«
    »Du nicht?«
    »Nein, wir gehen nicht raus. Kasha hat sich gestern Abend einen Spionageabwehr-Rückschlag eingefangen, und es wird noch ein paar Tage dauern, bis sie wieder auf den Beinen ist. Wir schalten erst mal einen Gang runter.« Oishii zuckte die Achseln. »Wird alles bezahlt. Vom

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