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Heiliger Zorn

Heiliger Zorn

Titel: Heiliger Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
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zum Leben und schwebte vorwärts, vorbei an den Trümmern des toten Karakuri. Orr hob erneut die Brauen und grinste. »Willkommen bei den DeComs, Micky.«



Zieh das neue Fleisch an wie geborgte Handschuhe
Und verbrenn dir abermals die Finger.
     
    Graffiti in Bay City
auf einer Bank vor der Haupteinlagerungsstrafanstalt

 
9
     
     
    Statisches Rauschen. Der allgemeine Kanal war weit aufgedreht.
    »Hören Sie«, sagte das Skorpiongeschütz vernünftig. »Das alles hier ist doch überhaupt nicht nötig. Warum lassen Sie uns nicht einfach in Ruhe?«
    Ich seufzte und bewegte ein wenig die verkrampften Beine, so weit es im engen Raum unter dem Vorsprung möglich war. Ein kalter Polarwind heulte durch die abgeschliffenen Felsen und biss mir kalt in Gesicht und Hände. Der Himmel hatte die für New Hok typische graue Farbe, und das ohnehin dürftige nordwinterliche Tageslicht wurde allmählich schwächer. Dreißig Meter weiter unten, am Fuß der Felswand, in der ich hing, erstreckte sich eine lange Geröllspur in die Talsohle, bis zur Flussbiegung und zur kleinen Ansammlung veralteter rechteckiger Fertiggebäude, die einmal ein Horchposten der Quellisten gewesen waren. Erst vor einer Stunde hatten wir uns dort aufgehalten. Noch immer stieg Rauch aus einem zerstörten Gebäude auf, wo die letzte Granate des automatischen Geschützes niedergegangen war. So viel zum Thema Programmparameter.
    »Lassen Sie uns in Ruhe«, wiederholte das Geschütz. »Dann tun wir Ihnen den gleichen Gefallen.«
    »Das können wir leider nicht tun«, murmelte Sylvie in sanftem, geistesabwesendem Tonfall, während sie das Teamnetz auf Kampfbereitschaft laufen ließ und nach Lücken im System der Artillerie-Koop Ausschau hielt. Ihre Wahrnehmung war zu einem unsichtbaren Fangnetz ausgebreitet, das wie ein hauchdünner Seidenbezug über der Umgebung lag. »Das wisst ihr genau. Ihr seid zu gefährlich. Euer ganzes Lebenssystem ist mit unserem unvereinbar.«
    »Genau.« Jadwigas neues Lachen war gewöhnungsbedürftig. »Davon abgesehen wollen wir euer Scheißland.«
    »Das Wesen der Machtverteilung«, verkündete die Streudrohne aus ihrem sicheren Schlupfwinkel weiter oben, »besteht darin, dass Landbesitz dem Kriterium des Gemeinwohls unterworfen sein sollte. Eine wirtschaftliche Verfassung, die dem Gemeinwohl zugute kommt…«
    »Ihr seid hier die Eindringlinge.« Mit einer Spur Ungeduld schnitt das Skorpiongeschütz der Drohne das Wort ab. Man hatte ihm einen starken Millsporter Akzent implantiert, der mich ein wenig an den verstorbenen Yukio Hirayasu erinnerte. »Wir wollen nur so weiterexistieren, wie wir es in den letzten dreihundert Jahren auch getan haben. Ungestört.«
    Kiyoka schnaufte. »Oh, komm endlich runter!«
    »So funktioniert das nicht«, grollte Orr.
    Nein, das tat es offenbar nicht. In den fünf Wochen, seit wir die Vorstädte von Drava verlassen hatten und in die Ungeräumte Zone vorgedrungen waren, hatten Sylvies Schleicher insgesamt vier Koop-Systeme und mehr als ein Dutzend autonomer Mimints in verschiedensten Formen und Größen erledigt. Ganz zu schweigen davon, dass sie die Sammlung eingemotteter Hardware im Kommandobunker markiert hatten, aus dem mein neuer Körper gekommen war. Sylvie und ihre Freunde hatten einen gewaltigen Haufen einforderbarer Prämien angesammelt. Wenn es ihnen gelang, Kurumayas halbwegs zerstreute Verdächtigungen gänzlich auszuräumen, dann waren sie zumindest für eine Weile reich.
    In gewisser Weise war ich das auch.
    »Diejenigen, die sich durch die Ausbeutung dieses Verhältnisses bereichern, können die Entwicklung einer wahrhaft repräsentativen Demokratie nicht zulassen…«, leierte die Drohne weiter.
    Ich fuhr die Neurachem-Sicht hoch und hielt nach Koop-Aktivitäten in der Talsohle Ausschau. An aktuellen Standards gemessen war der Sleeve nur mit den grundlegendsten Verbesserungen ausgestattet – zum Beispiel hatte er keine Sichtchip-Zeitanzeige, die inzwischen selbst bei den billigsten Synthsleeves standardmäßig mitgeliefert wurde – aber er erfüllte seine Aufgaben reibungslos und höchst effektiv. Der Quellistenstützpunkt sprang so stark vergrößert in mein Blickfeld, dass ich das Gefühl hatte, ihn berühren zu können. Ich richtete meine Aufmerksamkeit auf die Zwischenräume zwischen den Fertiggebäuden.
    »… in einem Kampf, der immer wieder überall dort aufflammt, wo sich die Menschheit ansiedelt, weil an all diesen Orten die Rudimente…«
    Bewegung.
    Dichte Bündel von

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