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Heiliger Zorn

Heiliger Zorn

Titel: Heiliger Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
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Sichtverstärkung weiter hochzufahren, deutlich sehen konnte. Die Maschine war noch einen ganzen Kilometer vom Quellistenstützpunkt entfernt, allerdings hatte sie bereits den Fluss überquert und näherte sich nun über das südseitige Hochland. Von dort hatte es eine direkte Sichtlinie auf die Positionen flussabwärts, an denen die übrigen Teammitglieder eilig Deckung gesucht hatten. Die Hauptgeschützkanzel am Schwanzende, die der Maschine ihren Namen gab, war in Feuerbereitschaft horizontal aufgestellt.
    Mit einer Kinnbewegung aktivierte ich den verschlüsselten Kanal und sprach leise ins Induktionsset.
    »Kontakt, Sylvie. Entweder wir ziehen die Sache jetzt durch, oder wir müssen abrücken.«
    »Ganz locker, Micky«, antwortete sie ruhig. »Ich bin auf dem Weg nach drinnen. Und im Augenblick haben wir gute Deckung. Das Ding wird nicht auf gut Glück im Tal rumballern.«
    »Klar, und eigentlich sollte es auch nicht auf eine Quellistenbasis schießen. Einprogrammierte Parameter. Schon vergessen?«
    Eine kurze Pause. Im Hintergrund hörte ich Jadwiga gackernde Laute ausstoßen. Auf dem offenen Kanal plapperte die Sendedrohne noch immer vor sich hin.
    Sylvie seufzte. »Also habe ich ihre politische Verdrahtung falsch eingeschätzt. Hast du eine Ahnung, wie viele Splittergruppen hier während der Siedlerkriege gekämpft haben? Die haben sich alle untereinander gezankt, statt gegen die Regierungstruppen zu kämpfen. Weißt du, wie schwer es ist, manche von denen auseinander zu halten, wenn du nur nach ihrer Rhetorik gehst? Wahrscheinlich haben wir es mit einem gekaperten Regierungspanzer zu tun, der von irgendeiner beschissenen paraquellistischen Splitterbewegung aus der Zeit nach Alabardos neu programmiert wurde. Vielleicht die Front der Novemberprotokolle oder die Drava-Revisionisten. Wer, zum Henker, weiß das schon?«
    »Wen, zum Henker, interessiert das?«, fügte Jadwiga hinzu.
    »Uns hätte es interessiert«, sagte ich. »Zumindest, wenn wir vor einer Stunde zwei Häuser weiter gefrühstückt hätten.«
    Das war natürlich unfair – wir hatten es unserem Kommandokopf zu verdanken, dass die intelligente Granate uns verfehlt hatte. In meinem Kopf spielte sich die Szene noch einmal detailgenau ab. Sylvie war beim Frühstück unvermittelt aufgesprungen, mit ausdrucksloser Miene, den Verstand ganz auf das dünne elektronische Kreischen konzentriert, das nur sie wahrnahm. Mit maschinengleicher Geschwindigkeit hatte sie virales Lametta ausgestreut. Erst Sekunden später hörte ich das schrille Pfeifen, als sich die Granate aus dem Himmel auf uns stürzte.
    »Korrigieren!«, hatte sie uns mit leerem Blick zugefaucht. Ihre Stimme hatte wie ein Schrei geklungen, dessen Intensität auf ein unmenschliches Frequenzband heruntergeregelt worden war. Ein blinder Reflex – ihr Sprachzentrum spuckte eine Entsprechung zu dem aus, was sie im selben Moment als Datenübertragung rausschoss. Als würde jemand bei einer Audioverbindung wütend gestikulieren. »Korrigier deine Scheißparameter!«
    Dann war die Granate eingeschlagen.
    Ein gedämpftes, knirschendes Geräusch, als das Hauptdetonationssystem hochgegangen war. Das Prasseln kleinerer Trümmerstücke auf dem Dach über unseren Köpfen. Und dann – nichts mehr. Sie hatte die Hauptladung der Granate abgekoppelt, mithilfe gestohlener Notabschaltungsprotokolle aus dem rudimentären Gehirn der Granate selbst. Dann hatte sie das Ding versiegelt und mit viralen DeCom-Invasoren getötet.
    Wir hatten uns über das Tal verteilt wie Belatang-Sporen, die aus der Schote platzten. Das Ganze war dem Drill recht nahe gewesen, den wir für den Fall eines Hinterhalts eingeübt hatten. Die Blinzelfische waren nach vorn ausgeschwärmt, während Sylvie und Orr mit den Gravgondeln am Angelpunkt des Musters Stellung bezogen hatten. Abschirmung hoch, verstecken, warten, während Sylvie das Waffenarsenal in ihrem Kopf geordnet und die Fühler nach dem sich nähernden Feind ausgestreckt hatte.
    »… unsere Kämpfer werden aus dem modrigen Laub des Alltags aufsteigen und die Strukturen niederreißen, die seit Jahrhunderten…«
    Auf der anderen Seite des Flusses konnte ich den ersten Spinnenpanzer ausmachen. Er lauerte im Vegetationssaum an der Wasserkante und schwenkte den Geschützturm suchend nach links und rechts. Verglichen mit dem schwerfälligen Leib des Skorpions erschien die Maschine geradezu zerbrechlich. Der Spinnenpanzer war sogar noch kleiner als die bemannten Ausgaben, die ich auf

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