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Heiliger Zorn

Heiliger Zorn

Titel: Heiliger Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
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flackernden roten Licht nahmen unsere Schatten klarere Gestalt an.
    Als es so nahe am Feuer zu heiß wurde, entschuldigte sich Oishii höflich und verschwand zwischen den Gebäuden. Ich ertrug die Hitze zwischen den Schulterblättern noch für eine Minute, dann wandte ich mich um und starrte blinzelnd in die Flammen. Ein paar Leute aus Oishiis Team kauerten auf der anderen Seite des Feuers und wärmten sich die Hände. Dunkelheit und erhitzte Luft verwandelten sie in flimmernde, unscharfe Gestalten. Niemand von ihnen blickte in meine Richtung. Schwer zu sagen, ob es an der gleichen altmodischen Höflichkeit wie bei Oishii lag oder einfach nur am typischen Cliquenverhalten der DeComs.
    Was, zum Teufel, machst du hier draußen, Kovacs?
    Immer diese einfachen Fragen.
    Ich riss mich vom Feuer los und suchte mir zwischen den Ballonkammern einen Weg zu unserer Unterkunft, die sich in diplomatischem Abstand von Oishiis Leuten befand. Glatte Kälte auf Gesicht und Händen, als meine Haut den plötzlichen Wärmeverlust registrierte. In Mondschein getaucht sahen die Ballonkammern aus wie Flaschenrücken, die durch ein Grasmeer pflügten. Als ich die Kammer erreichte, in der Sylvie lag, fiel mir auf, dass an den Rändern der geschlossenen Türklappe kleine, helle Lichtnadeln herausstachen. Die anderen Kammern waren dunkel. In den Parkgestellen an der Seite standen zwei Gondeln, deren Lenker und Waffenhalterungen sich wie Geäst vor dem Himmel abzeichneten. Die dritte Gondel fehlte.
    Ich berührte das Klingelfeld, zog die Klappe auf und trat ein. Jad und Kiyoka lösten sich auf ihrem zerwühlten Bett hastig voneinander. Gegenüber lag Sylvie im gedämpften Licht einer Illuminumlampe wie eine Leiche in ihrem Schlafsack. Jemand hatte ihr das Haar sorgsam aus dem Gesicht gekämmt. Am Fußende ihres Betts stand eine tragbare Heizeinheit. Sonst war niemand in der Kammer.
    »Wo ist Orr?«
    »Nicht hier.« Jad brachte ungehalten ihre Kleidung in Ordnung. »Du hättest verdammt noch mal anklopfen können, Micky.«
    »Hab ich.«
    »Na schön, du hättest anklopfen und warten können.«
    »Tut mir Leid, ich hatte nicht mit so was gerechnet. Also, wo ist Orr?«
    Kiyoka wedelte mit einem Arm. »Der ist zusammen mit Kiyoka auf einer Gondel losgefahren. Sie haben sich freiwillig für den Wachdienst gemeldet. Wir dachten uns, dass es besser wäre, guten Willen zu zeigen. Die Leute hier bringen uns immerhin morgen nach Hause.«
    »Und warum benutzt ihr beiden dann nicht eine der anderen Kammern?«
    Jadwiga warf einen Blick in Sylvies Richtung. »Weil hier drinnen auch jemand Wache halten muss«, erklärte sie leise.
    »Das kann ich machen.«
    Einen Moment lang sahen mich beide unsicher an, dann wechselten sie einen Blick. Kiyoka schüttelte den Kopf.
    »Das geht nicht. Orr würde uns umbringen.«
    »Orr ist nicht hier.«
    Ein weiterer Blickwechsel. Jad zuckte die Achseln.
    »Genau. Scheiß drauf. Warum nicht?« Sie stand auf. »Komm, Ki. In den nächsten vier Stunden gibt es keinen Wachwechsel. Orr erfährt nichts davon.«
    Kiyoka zögerte. Sie beugte sich über Sylvie und legte ihr die Hand auf die Stirn.
    »In Ordnung, aber wenn irgendwas…«
    »Dann rufe ich euch. Jetzt verschwindet endlich.«
    »Genau, Ki… komm jetzt!« Jadwiga trieb sie zur Türklappe. Dann hielt sie noch einmal inne und warf mir ein Lächeln zu. »Noch etwas, Micky… Ich hab gesehen, wie du sie anschaust. Es wird weder geguckt noch gefummelt, klar? Hier werden keine Früchte ausgepresst. Lass die Finger von Keksen, die dir nicht gehören.«
    Ich lächelte zurück. »Fick dich, Jad.«
    »Das hättest du wohl gern! Nur in deinen Träumen, Mann.«
    Kiyoka formte ein konventionelleres Danke mit den Lippen, dann waren die beiden fort. Ich setzte mich neben Sylvie und betrachtete sie schweigend. Nach einer Weile streckte ich eine Hand aus, um ihr die Stirn zu streicheln, wie Kiyoka es zuvor getan hatte. Sie regte sich nicht. Ihre Haut war heiß und trocken und fühlte sich an wie Papier.
    »Mach schon, Sylvie. Komm da raus.«
    Keine Antwort.
    Ich zog die Hand zurück und beschäftigte mich wieder eine Weile damit, sie anzusehen.
    Was, zum Teufel, machst du hier draußen, Kovacs?
    Sie ist nicht Sarah. Sarah ist fort. Was, zum Teufel, willst du…
    Ach, halt die Klappe!
    Es ist ja nicht so, dass ich eine Wahl hätte, oder?
    Die Erinnerung an die letzten Momente in der Tokio-Krähe kehrte zurück und zerschmetterte die Gültigkeit dieser Behauptung. Mit Plex an einem sicheren

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