Heiliger Zorn
ausgestattet.«
»Nicht wahr?«
»Willst du kämpfen oder nur zuhören und billige Beschimpfungen runterbrüllen?«
Ich grinste. »Ich versuche nur zu helfen. Aber wenn du einen Kampf willst, kannst du ihn haben. Komm einfach rein. Wenn es sein muss, bring ruhig deine Aushilfen mit.«
»Ich habe eine bessere Idee. Wie wär’s, wenn ich meine Aushilfen so lange an sämtlichen Körperöffnungen deiner Reisebegleitung herumspielen lasse, bis du rauskommst? Du könntest dein Neurachem auch dazu benutzen, um dem Spaß zuzuhören, wenn du Lust hast. Aber offen gesagt werden die Geräusche wahrscheinlich sowieso weit genug tragen. Diese Jungs sind verdammt begeisterungsfähig.«
Wut durchschoss mich und verdrängte jeden rationalen Gedanken. Meine Gesichtsmuskeln zuckten und zitterten, und der Eishundo-Sleeve wurde starr wie ein Drahtseil. Zwei träge Herzschläge lang hatte er mich. Dann legte sich das Envoy-System wie kaltes Löschpapier über die Gefühle und bleichte sie aus, um eine Lageeinschätzung vorzunehmen.
Das wird er nicht tun. Wenn Tanaseda dich über Oshima und die Schleicher aufgespürt hat, dann deshalb, weil er weiß, dass sie etwas mit Yukio Hirayasus Tod zu tun hat. Und wenn er das weiß, wird er sie intakt haben wollen. Tanaseda ist von der alten Schule, und er hat mir eine Exekution nach alter Schule versprochen. Er wird keine beschädigte Ware wollen.
Außerdem reden wir hier über dich selbst. Du weißt, wozu du fähig bist, und das hier gehört nicht dazu.
Damals war ich jünger. Heute. Bin ich. Ich rang in Gedanken mit der Vorstellung. Da draußen. Da draußen bin ich jünger. Wer weiß…
Ich weiß. Das ist ein Envoy-Bluff, und das weißt du. Du hast ihn oft genug selbst eingesetzt.
»Fällt dir dazu gar nichts ein?«
»Wir wissen beide, dass du es nicht tun wirst, Kovacs. Wir wissen beide, für wen du arbeitest.«
Diesmal war die Pause, bevor er antwortete, kaum zu bemerken. Gut reagiert, sehr beeindruckend.
»Du bist auffällig gut informiert für jemanden, der auf der Flucht ist.«
»Liegt an meiner Ausbildung.«
»Nimmst den Lokalkolorit auf, was?«
Virginia Vidauras Worte bei der Einvoy-Induktion, vor einem subjektiven Jahrhundert. Ich fragte mich, wie lange es her war, dass sie es zu ihm gesagt hatte.
»Etwas in der Art.«
»Erzähl mir mal was, Mann. Weil ich es wirklich gerne wissen würde. Nach all der Ausbildung, wie kommt es, dass du deinen Lebensunterhalt als billiger Meuchelmörder verdienst? Ich muss zugeben, dieser Karriereschachzug verwirrt mich.«
Während ich ihm zuhörte, kroch mir eine Erkenntnis eiskalt durch die Eingeweide. Ich verzog das Gesicht und bewegte meine Glieder vorsichtig. Schwieg.
»Dusel, nicht wahr? Das ist doch dein Name, oder?«
»Ich habe noch einen anderen«, rief ich zurück. »Aber irgendso ein Wichsgesicht hat ihn gestohlen. Bis ich ihn mir zurückgeholt habe, bin ich mit Dusel ganz zufrieden.«
»Vielleicht kriegst du ihn nie wieder.«
»Nett, dass du dir darüber Gedanken machst, aber ich kenne besagtes Wichsgesicht. Er wird nicht mehr lange ein Problem für mich darstellen.«
Ein winziger Moment der Unruhe, ein kaum merkliches Innehalten. Nur die Envoy-Wahrnehmung bemerkte den Ärger, so schnell, wie er aufgeflammt war, wieder unterdrückt.
»Tatsächlich?«
»Ja, sag ich doch. Ein echtes Wichsgesicht. Eine absolut kurzlebige Angelegenheit.«
»Das klingt etwas zu selbstsicher für meinen Geschmack.« Seine Stimme hatte sich unmerklich verändert. Irgendwo tief drinnen hatte ich ihm einen Stich versetzt. »Vielleicht kennst du diesen Typ nicht so gut, wie du denkst.«
Ich lachte bellend. »Machst du Witze? Ich hab ihm alles beigebracht, was er weiß. Ohne mich…«
Da! Ich hatte gewusst, dass die Gestalt auftauchen würde. Die, auf die ich nicht mit dem Neurachem hatte lauschen können, während ich mit der Stimme da draußen Beleidigungen ausgetauscht hatte. Eine zusammengekauerte, schwarz gekleidete Gestalt, die sich fünf Meter unter mir durch die Öffnung stahl. Eine Art Spezialeinheiten-Sensormaske ließ ihren Kopf unmenschlich, insektenhaft erscheinen. Thermografische Anzeigen, Schallwellenlokalisator, Bewegungsalarm, wenn nicht noch einiges mehr…
Ich war bereits im Sprung. Stieß mich ab, hielt die Fersen dicht beieinander, um den Hals unter dem maskierten Kopf zu treffen und zu brechen.
Etwas in der Maske warnte ihn. Er sprang beiseite, blickte hoch und richtete seinen Blaster auf mich. Hinter der Maske
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