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Heiliger Zorn

Heiliger Zorn

Titel: Heiliger Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
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meines Arms gemacht hatten. Ich fragte mich, ob es permanente Schäden geben würde. Falls ich überhaupt in der Lage wäre, den Arm zum Funktionieren zu bringen.
    »Wo sind die anderen?«
    »Fort. Sie befinden sich mittlerweile außerhalb meines Sensorradius.«
    »Also dürften sie glauben, dass ich bis ganz nach unten gefallen bin.«
    »Es scheint so. Der Mann, den Sie Kovacs genannt haben, hat ein paar seiner Leute dazu abgestellt, den Fuß des Berges abzusuchen. Wie ich es verstanden habe, wollten sie Ihren Körper und den der Frau, die Sie beim Feuergefecht verletzt haben, bergen.«
    »Und Sylvie? Meine Kollegin?«
    »Sie haben sie mitgenommen. Ich habe Aufzeichnungen von…«
    »Nein, nicht jetzt.« Ich räusperte mich und bemerkte erst jetzt, wie ausgetrocknet mein Hals war. »Hör mal, du hast gesagt, es gäbe Öffnungen. Wege zurück in den Horst. Wo ist die nächste?«
    »Hinter dem Triflex-Kegel zu Ihrer Linken befindet sich ein Zugang mit einem Durchmesser von dreiundneunzig Zentimetern.«
    Ich reckte den Hals und erkannte das, was Grabung 301 offenbar gemeint hatte. Der Kegel sah ungefähr wie ein umgedrehter, zwei Meter langer Hexenhut aus, der an drei Stellen von mächtigen Fäusten eingedellt worden war. Die Oberfläche bestand aus unregelmäßig geformten bläulichen Facetten, die das Zwielicht unter dem Horst einfingen und glänzten, als wären sie nass. Die unterste Verformung brachte die Spitze fast in die Horizontale und bot eine Art Sattel, an dem ich möglicherweise Halt finden würde. Das Ding war keine zwei Meter von mir entfernt.
    Leicht. Keine große Sache.
    Das heißt, wenn du den Sprung mit einem nicht einsatzfähigen Arm schaffst.
    Und wenn deine Trickhand jetzt besser auf marsianischer Legierung haftet als vor einer Stunde da oben.
    Wenn…
    Ich streckte den rechten Arm nach oben und ergriff das Kabel dicht neben meiner anderen Hand. Behutsam verstärkte ich die Spannung und verlagerte das Gewicht auf den rechten Arm. Als die Belastung auf dem linken Arm nachließ, machte sich ein leichtes Stechen bemerkbar, und ein scharfer Hitzestoß raste durch die Taubheit. Meine Schulter knackte. Das Hitzegefühl breitete sich über gepeinigte Bänder aus und wurde zu so etwas Ähnlichem wie Schmerz. Ich versuchte, die linke Hand zu bewegen, aber es geschah nichts außer einem prickelnden Gefühl in den Fingern. Der Schmerz in der Schulter schwoll an und sickerte in die Muskeln am Arm herab. Es sah ganz danach aus, als würde es wirklich wehtun, wenn der Arm sich endlich bewegte.
    Ich versuchte erneut, die Finger der linken Hand zu bewegen. Diesmal wich das Prickeln einem markerschütternden, pulsierenden Schmerz, der mir die Tränen in die Augen trieb. Die Finger gehorchten mir nicht. Mein Griff war wie festgeschweißt.
    »Möchten Sie, dass ich einen Notdienst alarmiere?«
    Die Notdienste: die Polizei von Tekitomura, dicht gefolgt von DeCom-Sicherheitsleuten, die Kurumayas Missfallen überbringen würden, von aufmerksam gewordenen lokalen Yakuzas und meinem feixenden neuen Selbst, vielleicht sogar von den Rittern der Neuen Offenbarung, falls sie sich die Bestechungsgelder für die Bullen leisten konnten und sich über die jüngsten Entwicklungen auf dem Laufenden gehalten hatten.
    »Danke«, erwiderte ich schwach. »Ich komme schon zurecht.«
    Ich blickte zu meiner verkrampften linken Hand hoch, dann wieder zum Triflex-Kegel und schließlich in die Tiefe. Holte lang und tief Luft. Und bewegte die rechte Hand ganz langsam am Kabel entlang, bis sie die festsitzende Linke erreichte. Noch ein Atemzug, dann schaukelte ich meinen Körper aus der Hüfte aufwärts. Kaum erholtes Nervengewebe schrie seinen Protest durch meine Bauchmuskeln. Ich versuchte, mich mit dem rechten Fuß einzuhaken, verfehlte das Kabel, nahm Schwung und versuchte es erneut. Mein Knöchel fand Halt. Mein linker Arm wurde weiter entlastet. Jetzt tat es ernsthaft weh, qualvolle Explosionen in den Gelenken und entlang der Muskeln.
    Noch einmal Luft holen, noch ein Blick nach u…
    Nein, schau jetzt bloß nicht nach unten!
    Noch einmal Luft holen mit zusammengebissenen Zähnen.
    Dann machte ich mich daran, mit Daumen und Zeigefinger meiner gelähmten Finger einen nach dem anderen vom Kabel zu lösen.
     
    Eine halbe Stunde später ließ ich das drückende bläuliche Zwielicht des Horstes hinter mir, immer noch am Rande eines hartnäckigen manischen Kicherns. Der Adrenalinschub begleitete mich den ganzen Weg über den Ausleger, die

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