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Heiliges Feuer

Heiliges Feuer

Titel: Heiliges Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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»Das ist gut. Jetzt gehöre ich endlich wieder zu meinem Körper. Oder vielmehr, mein Körper gehört zu mir…«
    »Es macht mehr Spaß, sich den Körper mit anderen zu teilen«, meinte Bouboule, sich Lotion auf die flache Hand drückend. »Ich komme nicht an meine - wie sagt man noch gleich? - an meine Fußsohlen heran. Schafft einen Kerl her, der mir die Beine einreibt. Von der Sonne werden sie nur faul, die Jungs müssen beschäftigt werden.«
    »Du siehst wieder besser aus«, meinte Benedetta ganz aufrichtig zu Maya. »Du darfst nie wieder weglaufen. Nimm’s leicht, behalt die Kontrolle, bleib in unserer Nähe. Wir kümmern uns schon um dich. Das weißt du doch, Maya. Siehst du?« Sie deutete um den Pool herum. »Ist das nicht schön? Sorgen wir nicht gut für dich?«
    »Ich bin eine zu große Last für euch«, sagte Maya.
    »Ich bin eine Last«, beharrte Bouboule. »Ich bin die Last. Sei nicht unverschämt.«
    »Probleme waren schon immer gut für uns«, sagte Benedetta. »Problemen verdanken wir unseren Ruf.«
    »Du weißt noch nicht genug über Probleme«, entgegnete Maya.
    »Aber Probleme haben uns berühmt gemacht. Probleme machen uns wahrhaft lebendig. Wir definieren jetzt, was lebendig ist! Schau uns an! Wir verlieren das Tete, aber jetzt entspannen wir uns an diesem wunderschönen Pool, und irgendein reicher, dämlicher Mülltycoon übernimmt sämtliche Kosten. Er findet uns interessant, weil die Polizei uns für gefährlich hält. Er ist ein reicher Radikaler. Ist es nicht toll, dass es reiche Radikale gibt? Wir sind die junge europäische Schickeria. Das ist der radikale Chic. Toll, findest du nicht?«
    »Epater les bourgeois«, sagte Bouboule. »Succes de scandale. Die alten Spiele sind die guten Spiele.«
    »Liest du nicht die Netznachrichten, Maya? Man erfindet so nette Namen für unsere Gruppe.«
    »Die Gespensterkinder«, meldete Niko sich säuerlich zu Wort. »Ich hasse diesen Namen.«
    »Auf französisch klingt er gut«, meinte Bouboule.
    »Was habt ihr eigentlich gegen ›die Tete-Bande‹?«, fragte Niko rastlos. »Wir haben uns immer als ›die Tete-Bande‹ bezeichnet.«
    »Es ist gleichgültig, wie wir uns genannt haben«, sagte Benedetta. »Wir sollten ein neues Spiel beginnen. Wir sind kreative Menschen. Wir sollten unsere Publicity in die eigenen Hände nehmen. Mir gefällt die Bezeichnung ›die Illuminaten‹.«
    »Das gab es schon«, meinte Niko.
    »Die Jungen Unsterblichen«, schlug Bouboule vor.
    »Die Menschen, die Paul ernst nehmen«, sagte Maya.
    »Die kosmoszertrümmernden anarchistischen Göttinnen«, meinte Niko. »Plus deren Freunde.«
    »Die Verdächtigen«, sagte Maya. »Die potentiellen Beklagten.«
    »Die Vorschläge stinken«, sagte Niko verletzt.
    »Für meinen Namen gilt das nicht«, erwiderte Maya. »Ich bin eine verrückte, gesetzesbrecherische Gerontokratin, die euch alle zu Gesetzesbrechern gemacht hat.«
    Benedetta setzte sich schockiert auf. »Das war nicht nett. Wer sagt das?«
    »Alle werden es sagen. Schließlich bin ich jetzt ebenfalls berühmt. Früher wusste niemand, wer ich bin, deshalb hat sich auch niemand drum geschert. Jetzt ist das anders, und ich stecke mitten drin. Ich kollaboriere mit euch, bloß dass eure noblen Entschuldigungen für mich nicht gelten. Ihr mögt Visionäre sein, ich aber bin eine illegale Fremde, die äußerst wertvolles medizinisches Eigentum veruntreut hat.« Maya tippte sich ans Brustbein. »Ich weiß, dass ich damit auf die Dauer nicht durchkommen kann. Daher werde ich mich festnehmen lassen. Ich stelle mich freiwillig.«
    Benedetta ließ sich das durch den Kopf gehen. »Vermutlich glaubst du, ehrenhaft zu handeln«, meinte sie bedächtig. »Aber du begreifst nicht unsere Strategie. Die haben deinen Netzserver eingezogen und uns den Palast geraubt. Na und? Ein paar Haustiere sind umgekommen. Na und? Das sind bloß kleine Rückschläge, jetzt, wo wir wissen, was möglich ist. Wir sind bereits in andere Paläste eingedrungen. Wir sind der Gerontokratie auf den Pelz gerückt. Die Alten können uns nicht mehr ins Gesicht spucken und uns beiseite schieben. Sollen sie’s ruhig versuchen! Wir machen ihnen die Hölle heiß.«
    »Nein, Schätzchen, du bist es, die nichts begreift. Du warst nie eine Gerontokratin, ich hingegen schon. Deine Virtualitäten lassen die kalt. Dein dummes Projekt von wegen grenzenloser Vorstellungskraft interessiert die nicht. Sie tun so, als interessierte es sie, was ihr denkt, weil sie sich eingestehen

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