Heimat Mars: Roman (German Edition)
durchbringst? Vorläufige Vereinbarungen sind eine Sache …«
Bithras’ Miene verriet, wie sehr ihn das ärgerte. »Ich werde der Erde mitteilen, dass die BG Majumdar alle Zahlungen von Dreierbund-Dollars an solche BGs einstellt, die das Abkommen nicht unterzeichnen.«
Nils explodierte. »Das ist Verrat! Jede BG auf diesem Planeten könnte uns dafür verklagen – und mit Recht!«
»Welches Gericht sollte sie wohl anhören?«, gab Bithras zurück. »Auf dem Mars haben wir kein wirksames Rechtssystem, nicht seit Dauble … Unsere eigenen Anwälte haben einen Prozess gegen Dauble auf der Erde angestrengt, nicht hier auf dem Mars. Und welches Gericht der Erde würde sich mit einer Klage befassen, die nur den Mars betrifft?« Bithras sah sie scharf und streng an. »Wie lange ist es her, Freunde, dass eine BG eine andere BG verklagt hat?«
»Einunddreißig Jahre«, sagte Hettie mürrisch. Sie hatte ihr Kinn auf die Hand gestützt.
»Und warum?«, bohrte Bithras weiter und ließ die Handfläche auf den Tisch knallen.
»Aus Ehrgefühl!«, rief Nils.
»Quatsch«, sagte Nance. »Niemand wollte die Illusion zerstören. In Wirklichkeit haut jede BG andere übers Ohr, versteht sich als außerhalb des Gesetzes, und der Rat ist ein höflicher Schwindel.«
»Aber es funktioniert!«, wandte Nils ein. »Die Anwälte verhandeln miteinander, reden miteinander, regeln die Dinge, ehe sie an irgendein Gericht gehen müssten. Wir lassen die Bezirksgouverneure dabei aus dem Spiel. Wenn Majumdar die reine Existenz anderer BGs aufs Spiel setzt, ist das gewissenlos!«
»Mag sein«, räumte Bithras ein. »Aber die Alternative ist noch schlimmer. Falls wir nicht bald handeln, wird die Erde zweifellos mit vielen Dingen drohen. Und eines davon wird das vollständige Embargo sein. Keine weiteren Konstruktionspläne, keine weitere technische Hilfe. Unsere neuere Industrie würde es hart treffen, vielleicht sogar vernichten.«
» Dafür könnten wir sie verklagen«, bemerkte Nils nicht sehr überzeugend.
»Meine Freunde, ich habe euch Gelegenheit gegeben, Kommentare zu diesem Verfassungsentwurf abzugeben«, schloss Bithras. »Ihr habt bis sechzehn Uhr heute Nachmittag Zeit. Wir alle sind uns der Gefahren bewusst. Wir alle sind uns der Stimmung der Erde dem Mars gegenüber bewusst.«
»Ich hatte gehofft, ich könnte dich dazu bringen, diese Farce aufzugeben«, sagte Nils.
»Das liegt nicht im Rahmen unserer Möglichkeiten. Ich bin nur eine Galionsfigur auf diesem Staatsschiff in spe«, antwortete Bithras. »Ich gehe mit dem Hut in der Hand zur Erde, um eine Katastrophe zu verhindern. Wir sind nur fünf Millionen. Die Erde hat dreißigtausend Millionen. Die Erde will Zugang zu unseren Ressourcen. Sie will unsere Ressourcen kontrollieren. Die einzige Möglichkeit, unsere Freiheit zu bewahren, besteht darin, unser Haus in Ordnung zu bringen und der Erde soweit entgegenzukommen, dass die nächste Konfrontation erst in ein paar Jahren, vielleicht erst in zehn Jahren stattfindet. Wir sind schwach. Das Höchste, auf das wir hoffen können, ist Zeitgewinn.«
»Sie werden uns eine zentralistische Regierung aufzwingen«, sagte Nils, »und diese Regierung dann so umgestalten, wie es ihnen am besten in den Kram passt. Und wenn wir erst einmal erledigt sind, dann werden sie uns mit Leib und Seele schlucken.«
»Das ist durchaus möglich«, räumte Bithras ein. »Genau aus diesem Grund müssen wir als erstes uns selbst einen Dolchstoß in den Rücken versetzen, wie Nils es nennen würde.«
Bithras ging allein zum Rat und unterbreitete dort die Vorschläge, die er mit den fünf führenden BGs des Mars ausgearbeitet hatte. Die Debatte verlief turbulent. Niemandem passten die Alternativen. Aber es wollte auch niemand der Erste dabei sein, den Zorn der Erde auf sich zu ziehen. Irgendwie schaffte es Bithras, etwas Annehmbares zusammenzuschustern. Nach Ende der Sitzung schickte er Allen und mir folgende Mitteilung:
Meine lieben jungen Assistenten,
alle Marsianer sind Feiglinge. Die Vorschläge sind angenommen.
Salve!
Die Reise begann mit einem Abschiedsessen in der Abflugs-Lounge des Raumhafens Atwood Star nahe bei Equator Rise, westlich von Pavonis Mons. Freunde, Familienangehörige und Würdenträger waren zum Raumhafen gekommen, um sich von uns zu verabschieden.
Aus Sicherheitsgründen würde Bithras die Raumfähre erst in letzter Minute besteigen. Während der letzten Tage – gleich, nachdem die Abreise von Bithras zur Erde offiziell
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