Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Heimat Mars: Roman (German Edition)

Heimat Mars: Roman (German Edition)

Titel: Heimat Mars: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
Vom Netzwerk:
zu packen. Dann ließ er meine Schulter los und strich mit dem Finger wenige Zentimeter oberhalb meiner Brust leicht über den Stoff. »Du bedeutest mir … viel mehr.«
    »Und das innerhalb der Familie?«
    »Das ist doch kein Hindernis.«
    »Oh«, sagte ich. »Ein bequemes Arrangement.«
    »Viel mehr als das. Wenn wir dieses Problem vom Hals haben, können wir uns beide besser auf unsere Arbeit konzentrieren.«
    »Und die Beziehung intensivieren.«
    »Ganz sicher«, sagte Bithras.
    Sanft stieß ich seinen Arm zurück. »Mit anderen Worten: Wir beide gründen jetzt eine Familie, stimmt’s?«, fragte ich fröhlich.
    Er zog indigniert den Kopf ein. »Familie?«
    »Wir müssen doch weitere rote Karnickel in die Welt setzen, oder etwa nicht? Um den Milliarden der Erde etwas entgegenzusetzen? Das ist eine Frage der Politik.«
    »Casseia!«, sagte er. »Du willst absichtlich nicht verstehen …«
    Ich fiel ihm ins Wort. »Ich hatte eigentlich gar nicht vor, so bald schon Kinder in die Welt zu setzen … Aber wenn’s der Politik dient, dann muss ich wohl …« Humor hin oder her: Jedenfalls war ich nicht mehr aufzuhalten. Ich setzte eine stoische Miene auf, strich mir über die Stirn und sagte: »Bithras, alles, was man in diesem Leben von einem roten Karnickelweibchen verlangen kann, lautet: Leg dich auf den Rücken, und denk an den Mars!« {8}
    Er machte ein recht angewidertes Gesicht. »Das ist überhaupt nicht komisch, Casseia. Ich spreche hier von ernsthaften Problemen unseres Privatlebens.«
    »Ich werde mein medizinisches Nano auf den neuesten Stand bringen müssen«, warf ich ein. »Die Bichemie ist bei schwangeren Frauen anders.«
    »Du verstehst mich völlig falsch.« Er streckte seine Arme aus, fasste wieder nach meiner Schulter und ließ eine Hand auf meine Brust gleiten. Dabei sah er mich die ganze Zeit an, als wolle er mich davon überzeugen, dass es sich ganz anders als dem Anschein nach verhielt. »Bin ich nicht attraktiv?«
    Ich zog die Augenbrauen hoch und stieß seine Hand wieder weg. »Du solltest mit meinem Vater sprechen. Er versteht mehr als ich von Familienverhältnissen und Familieneigentum. Jedenfalls, soweit es Bindungen, Bündnisse … und Nachwuchs betrifft.«
    Bithras ließ die Schultern hängen und winkte mit der Hand resigniert ab. »Ich überspiele dir die Dokumente auf dein Kom. Alice hat sie schon.« Dann schüttelte er den Kopf. Er wirkte wirklich betrübt, vielleicht bedauerte er seinen Vorstoß ja auch.
    Da ich daran keine Schuld trug, hatte ich allerdings überhaupt kein Mitleid.
    Als ich seine Kabine verließ, fühlte ich mich seltsam leicht, mir war beinahe schwindelig. Die Warnung hatte Wappnung bedeutet. Allerdings wurde diese Leichtigkeit zu Wut, sobald ich wieder in meiner Kabine war. Ich ließ mich aufs Bett fallen und schlug so heftig auf die Bettdecke ein, dass mein Hintern mehrere Zentimeter in die Höhe flog. Dann lehnte ich mich zurück und zählte mit geschlossenen Augen und zusammengebissenen Zähnen rückwärts. Er hat sich nicht besser im Griff als ein Baby, das in die Windeln macht, sagte eine ruhige, kalte Stimme in meinem Kopf – der Teil von mir, der immer noch klar dachte, wenn ich mich aufregte. »Er hat nicht mehr Technik drauf als eine Bohrmaschine«, sagte ich laut. »Er ist lächerlich .«
    Ich setzte mich auf, rieb mir die Augen und holte tief Luft.
    Die akustische und Vid-Kommunikation zwischen der Tuamotu und dem Mars war so teuer, dass man sie nicht ohne wichtigen Grund in Anspruch nehmen durfte. Also sandte ich an Vater, Mutter und Stan ausschließlich Wort-Mitteilungen. Den letzten dieser Briefe schickte ich am Anfang unseres achten Reisemonats ab, ehe wir wegen des Eintritts in die Erdumlaufbahn die Geschwindigkeit verringern mussten. Und ich richtete ihn nur an Mutter:
     
    Liebe Mutter,
    bis jetzt hab ich überlebt und den größten Teil der Reise sogar genossen. Allerdings fürchte ich, dass ich in den bisherigen Briefen nicht ganz offen war. Durch meinen Abstand zum Mars, die Gespräche mit Menschen von der Erde und die Arbeit mit Bithras ist mir jeden Tag bewusster geworden, wie sehr wir Marsianer ins Hintertreffen geraten sind. Unsere Traditionen, unsere konservativen Anschauungen verstellen uns den Blick. Unsere Arglosigkeit ist auch Beschränktheit. Der arme Bithras!
    Wie du geahnt hast, wollte er mich anmachen, Gott sei Dank war’s bisher nur ein einziges Mal. Und er ging dabei auch noch äußerst tollpatschig, direkt und plump vor – ein

Weitere Kostenlose Bücher