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Heimaturlaub

Heimaturlaub

Titel: Heimaturlaub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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zu küssen! Du weißt nicht, was du tust!«
    »Nein … denn ich bin zu glücklich, um zu denken.«
    Und er winkte dem Winzer, der mit vielen Verbeugungen die Zeche und das reichliche Trinkgeld einstrich.
    Dann standen sie wieder auf der verschneiten, dunklen Straße, tappten durch den hohen Schnee, hielten an jeder Ecke an und küßten sich, weil Heinz behauptete, jede Ecke komme einer Brücke gleich, und daß es seit jeher so üblich sei, einen Brückenzoll zu zahlen. Hilde bezahlte mit einer glücklichen Miene. Plötzlich schien es ihnen überhaupt nicht mehr kalt, so beschäftigt waren sie mit ihren Zolleinnahmen, und nur der Glockenschlag einer fernen Kirche schreckte sie auf.
    »Zwei Uhr«, sagte Hilde, die die Schläge zählte. »Es wird Zeit. Was soll die Wirtin von mir denken?«
    »Das sollte uns gleichgültig sein. Du bist meine Frau!«
    »Bis jetzt bin ich Hilde Brandes und Studentin der … oje!«
    Sie kraulte sich die Haare.
    »Was hast du denn?« fragte Heinz.
    »Morgen ist um acht Uhr die erste Vorlesung. Und ich habe nichts präpariert! Ich weiß überhaupt nichts mehr … und du bist schuld!«
    »Wieso?«
    »Du hast mir den Kopf so verdreht, daß ich gar nicht mehr denken kann … Wüstling!«
    Sie lief ihm unter den Armen weg. Wüllner drehte sich einmal um seine Achse, schnupfte laut auf, machte die Bewegung eines Motorankurbelns und sauste dann der flüchtenden Hilde nach. Hilde, die ihn laufen hörte, setzte alle Kräfte ein, ihr Mantel flatterte im Gegenzug, die Locken flogen um die Stirn, aber da machte Heinz noch einen großen Satz und hatte das Mädchen eingeholt. Er riß sie herum, drückte das flatternde Figürchen an seine breite Brust und küßte ihr über die Stirn, über die Augen, über die Lippen, über den Hals. Dabei stammelte er wirre Worte, wie es alle Männer tun, mit denen das Gefühl einmal durchgeht.
    »Du erstickst mich«, schnappte Hilde in einer Pause einmal nach Luft. »Und außerdem sitzt dein Hut ganz schief!«
    Wüllner ließ sie los.
    »Du Satan!« sagte er leise. »Ich könnte dich zermalmen wie Simson die Tempel … aus Liebe!«
    »Mein Herr, Sie vergessen Ihre gute Erziehung.«
    Heinz tupfte ihr auf die Nase. »Naseweis!«
    Da zog ihn Hilde am Ohr und flüsterte mit einer Zärtlichkeit in der Stimme, die ihm das Blut in die Schläfen trieb:
    »Mein Schnöselchen.«
    Wüllner schlang den Arm um sie, aber Hilde zeigte auf die Häuser:
    »Was sollen die Nachbarn denken?«
    Jetzt erst merkte Heinz, daß sie schon vor Hildes Wohnung standen, und ein ehrliches »Schade« kam von seinen Lippen.
    »Wann sehe ich dich wieder?«
    »Wann du willst.«
    »Morgen? Ich hole dich von der Universität ab.«
    Hilde stellte sich auf die Zehenspitzen, hauchte ihm einen Kuß auf die Nase und lief zur Haustür.
    »Halt!« rief Wüllner, »wann sind die Vorlesungen zu Ende?«
    »Um zwölf Uhr!«
    »Ich warte … Bestie!«
    »Schnöselchen!«
    Und sie war im Hausflur verschwunden.
    Heinz Wüllner aber nahm aus seiner Seitentasche ein kleines Büchlein, in dem er alle wichtigen Notizen sammelte, und schrieb mit seiner kritzeligen Schrift auf die Seite des 4. Dezember:
    »Ich bin verliebt, sie ist verliebt, wir sind verliebt!«
    Dann ging er befriedigt nach Hause.
    Es war doch schön, so schön, verliebt zu sein …

4
    Heinz Wüllner führte Hilde jeden Abend in eine andere Bar, kaufte Rosen, bestellte undefinierbare Getränke, an denen das Schönste deren Name war, und brachte sein Mädchen nach jeder durchtanzten Nacht nach Hause. Ein Kuß folgte … gute Nacht … Schluß. Hilde mußte sich sagen, daß dieser Heinz Wüllner wohl ein Lümmel, aber ein Mann von seltener Selbstbeherrschung sei.
    So ging das ununterbrochen zwölf Tage lang, und war ihre Liebe anfangs noch ein Tändeln mit Gefühlen gewesen, so wurde sie von Tag zu Tag ernster und tiefer. Sie sprachen nicht darüber, aber es war, als gingen beide wie unwirklich durch die Welt, ja, als blühten dort, wo sie gegangen waren, Blumen an den Wegen und verwandelten die Welt in einen Garten.
    Der Krieg zog an ihnen vorbei, bei Luftangriffen fanden sie sich in einem stickigen Bunker, und eng umschlungen hörten sie die Bomben fallen, sahen die Verwundeten, die von der Straße in die Räume geschleift wurden. Heinz selbst half sie verbinden und drückte manchem die Augen zu – und doch war dies alles wie mit einem Schleier überdeckt, wie durch ein Kaleidoskop der Liebe gesehen.
    Von Tag zu Tag steigerte Heinz seine Einfälle. Einmal

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