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Heimkehr am Morgen (German Edition)

Heimkehr am Morgen (German Edition)

Titel: Heimkehr am Morgen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexis Harrington
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vorbei.« Ihre Augen, die vor Fieber und Wut glänzten, verengten sich zu hasserfüllten Schlitzen.
    Verwundert über die Anschuldigungen und Amys Zorn presste Jess die Lippen fest aufeinander. »Es ist vorbei. Er hat mit mir Schluss gemacht und sich um dich bemüht. Deine Fantasie geht mit dir durch, weil du krank bist. Bitte steck das Thermometer wieder in den Mund.«
    »Du hast immer alles bekommen, was du wolltest, stimmt doch, oder?«, machte Amy weiter, Jessicas Anweisung ignorierend.Je mehr sie sich aufregte, desto höher wurde ihre Stimme. »Du hast Daddys ganze Zeit und Aufmerksamkeit bekommen. Ich dagegen war die langweilige Tochter, das Hausmütterchen. Ich sehe euch beide noch vor mir, wie ihr in der Praxis stundenlang durch das Mikroskop auf irgendeinen ekligen Schleim auf einer Glasplatte starrt. Für ihn war ich nur jemand, der mit ihm unter einem Dach gewohnt hat. Nach Mutters Tod hätte ich genauso gut irgendein Möbelstück sein können. Auf
dich
war er stolz, mit
dir
hat er angegeben, bis er gestorben ist. Aber als du weggegangen bist, hatte Cole es irgendwann satt, auf dich zu warten, und endlich hat er mich wahrgenommen. Er erkannte, wie viel mehr ich ihm als Ehefrau zu bieten haben würde. Das dachte ich zumindest.« Beißender Hass ergoss sich aus Amy wie Eiter aus einem geöffneten Abszess. »Ich hätte wissen sollen, dass du versuchen würdest, ihn mir wegzunehmen, und dabei liebe ich ihn schon, seit ich zwölf bin!«
    Jessica schlug das Herz so heftig in der Brust, dass ihr die Luft wegblieb und übel wurde. Ihr Mund war ausgetrocknet vor Entsetzen. Diese Frau war nicht ihre Schwester. Sie hatte Amy nie etwas Böses über irgendetwas oder irgendjemanden sagen hören. »Vielleicht sollte Cole gar nicht heiraten«, gab sie kühl zurück, um Haltung bemüht. »Hast du daran schon mal gedacht?«
    »Nein! Das stimmt nicht. Er soll mich heiraten. Er hat mir diese Ohrringe geschenkt! Jetzt wünschte ich, du wärst nie zurückgekommen.«
    »Das kann ich mir vorstellen. Du hattest bestimmt keine schlaflosen Nächte wegen
meiner
Gefühle, als du dich an Cole rangemacht hast.« Das war Jessica nur herausgerutscht, andererseits hatte sie aber auch nicht vor, sich von Amy als Sündenbock missbrauchen zu lassen.
    Amy stand auf und schleuderte das Thermometer auf den Boden. Glasscherben und schimmernde Quecksilberperlen kullerten und sprangen ihr um die Füße. »Du hast ihn nicht verdient. Du bist weggegangen und hast ihn verlassen. Ich habe ihm die Chance gegeben zu begreifen, wie eine richtige Ehefrau sein sollte, eine anhängliche, fügsame, liebende Frau.«
    »Eine richtige Ehefrau«, wiederholte Jess mit einer gehörigen Portion Schärfe.
    »Ich gehe nach Hause.« Ein plötzlicher Hustenanfall beendete ihre Tirade. Als sie wieder zu Atem kam, fügte sie noch hinzu: »Mrs. Donaldson mag keine Blutsverwandte sein, aber mir ist es lieber, sie kümmert sich um mich als meine eigene Schwester.«
    Jessica wollte sie am Arm zurückhalten. »Amy, warte. Ich möchte dich wenigstens noch …«
    Amy schüttelte ihre Hand ab. »Nein, danke. Ich komme schon allein zurecht.« Sie richtete sich ihr Schultertuch wie eine Königin die Robe, bloß dass die Zipfel schlapp und ungleich herunterhingen. Dann stiefelte sie hinaus ins Wartezimmer.
    Jess folgte ihr. »Amy, sei nicht albern. Du könntest krank sein, und ich möchte nicht, dass du in diesem Regen allein nach Hause läufst.«
    Eine Fremde mit glasigen Augen und wilden Haaren wirbelte herum und sah ihr ins Gesicht. »Ich höre nicht mehr auf dich, Jessica. Ich bin für mich selbst verantwortlich.«
    Verstört und verletzt zugleich sah Jessica zu, wie ihre Schwester die Tür öffnete und die Straße hinunter auf Mrs. Donaldsons Haus zuging.

    Als es klopfte, warf Emmaline einen kurzen Blick in den trüben Spiegel, bevor sie zur Tür ging. Dabei legten
die
auf ihre äußere Erscheinung ohnehin keinen Wert. Sie knallten das Geld auf die Kommode oder den Küchentisch und nahmen von ihr als Mensch kaum Notiz. Ehrlich gesagt, nahm sie auch von ihnen kaum Notiz, außer sie waren zu ekelhaft, um sie auszublenden. Oder sie waren es wert, dass man sich an sie erinnerte, wie Frank Meadows oder Cole Braddock, der seit jenem kurzen Intermezzo zwischen den beiden Schwestern nicht mehr bei ihr gewesen war. Aber ineinem kleinen Winkel ihres Herzens, jenem Teil, der unberührt geblieben war von allem, was ihr zugestoßen war, bewahrte sie noch immer ihren Stolz. Sie zupfte die

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