Heimkehr der Vorfahren
einigermaßen
zu beherrschen. Um es für den Bedarfsfall zur Hand zu haben,
wurde es doch gespeichert.«
»Aber in der Mathematik?«
»Legen wir heute den größten Wert darauf, logisches und
dialektisches Denken zu vermitteln. Allerdings wird die Mathematik das schwierigste Fach. Wir rechnen nicht mehr
mit…«
Vena schwieg und schaute unbeweglich in Richtung eines
Hochhauses. Eine Leuchtschrift lief quer über die Fassade.
Beim näheren Hinschauen bemerkte Romain, daß es Nachrichten waren. »… Großfahndung eingeleitet… Die Bürger aller
Regionen werden um Mithilfe gebeten… Hinweise bitte an die
örtlichen Räte… Der Pressesender strahlt habstündlich die Fotos der vermißten Heimkehrer zum Kopieren aus… Der
Astronautische Rat bittet alle Institutionen, Einladungen an
Heimkehrer mit der Expeditionsleitung abzustimmen…
Stopp…«
»Du siehst, die Debatte wirkt sich bereits aus«, sagte Vena.
»Die Ausreißer werden wir bald wiederhaben.«
»Aber mit dem ungestörten Bummeln wird es vorbei sein«,
meinte Romain. »Aus freundlichen Grüßen werden mißtrauische Blicke werden, wenn erst alle die Fotos in der Hand haben.«
»Gewiß, und beim Regionalrat werden die Telefone heiß:
Hier wurden auch zwei gesehen, Heimkehrer und Betreuerin,
zwar nicht die Gesuchten, aber verdächtig…«
»Verdächtig, wieso?«
»Sag selbst, George, wer auf verborgenen Pfaden durch die
Parks schleicht, abgelegene Winkel sucht – hat der nicht etwas
zu verbergen?«
»Also zurück zur Siedlung?« Romain blieb stehen. »Bei aller
Disziplin – ich streike!«
»Ich kenne ein hübsches Gästehaus. Es liegt am Hang, hat
Terrasse, Schwimmbad, Sportplätze und einen ausgedehnten
Park. Dahin fahren wir jetzt.«
Das Gästehaus gefiel Romain auf den ersten Blick. Der vordere Trakt ähnelte einem Ozeanriesen mit vielen Luxusdecks, der rückwärtige Teil jedoch mehr dem Gelände einer Gartenbauausstellung. Pavillons, Wasserspiele, breite Plattenwege, Blumenrabatten, exotische Pflanzen, mächtige Bäume, Zierhekken. Das alles umschloß ein großer Park. Romain schätzte, daß hier tausend Menschen untergebracht werden könnten. Vena bestätigte es. Und doch war es in diesen Anlagen ruhig. Man hörte Vögel zwitschern, Wasser rauschen und hin und wieder Kinderstimmen, aber es klang gedämpft und unterstrich die
Stille.
Romain war sonntäglich zumute, alles schien in festlichen
Glanz gehüllt.
Als sie sich beim Direktor des Hauses meldeten, um sich eine Wohnung zuweisen zu lassen, wurde Vena gebeten, doch
einen Augenblick zu warten. Für sie läge ein Telegramm bei
der Zentrale, und er sei – ebenso wie alle anderen Gästehausleiter der Stadt – angewiesen, wenn sie sich meldete, das Telegramm sofort zu kopieren.
Vena und Romain setzten sich in die Sessel des Empfangsraumes.
»Was kann es sein?«
Romain war betroffen. Er hatte sich so sehr auf diesen
Abend gefreut – und nun?
»Vielleicht teilt Maro uns mit, daß die Ausreißer gefunden
sind, vielleicht handelt es sich auch um die Influenzakranken«,
sagte Vena beruhigend. »Er weiß doch, daß wir uns Sorgen
machen.«
Der Direktor kam und gab ihr die Kopie.
»… lehne weitere betreuung staffords ab… bin dieser aufgabe nicht gewachsen… kann wegen gastspiel an der metropolitan new york erst nächste woche kommen… gruß pala…«
Vena wurde blaß und griff unwillkürlich nach Romains Arm. Sie bat den Direktor, ein Lufttaxi zu bestellen, das sie zum
Flugplatz brachte.
XV
Als Vena und Romain das Heimkehrerdorf betraten, begegneten ihnen Nasarow und seine Betreuerin Romeda Tarsa.
Nasarow schüttelte ihnen die Hand. »Genosse Lohming wartet schon auf Sie«, sagte er zu Vena.
»Neue Nachrichten?« fragte sie.
»Unseren Grippepatienten geht es besser«, sagte Nasarow.
»Noch einige Tage Schonung, dann haben sie die Influenza überwunden«, fügte Romeda Tarsa hinzu. »Aber Sandrino macht mir Sorge!«
Vena blickte sie erschrocken an.
»Er wirkt apathisch, hat keinen Lebensmut mehr«, fuhr Romeda fort. »Ganz so, als glaube er, sein Leben habe keinen Sinn mehr.«
»Daß ich daran nicht mehr gedacht habe!« sagte Romain unerwartet. »Eigentlich wollte Sandrino nämlich nicht mit uns zurückkommen.«
Vena vergaß für Augenblicke ihren Kummer wegen Pala. Tauchte hier ein neues Problem auf?
»Er liebte eine titanische Ärztin und trug sich mit dem Gedanken, sie mitzunehmen. Aber sie war so etwas wie Weltminister für Gesundheitswesen und konnte den Planeten nicht verlassen. Da wollte er auf
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