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Heimkehr der Vorfahren

Heimkehr der Vorfahren

Titel: Heimkehr der Vorfahren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eberhardt del'Antonio
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Lethargie riß?
    »Wie geht es, Genosse Stafford?« fragte sie, um einen freundlichen Ton bemüht.
Stafford starrte regungslos aus dem Fenster. Hatte – er ihre Frage nicht gehört?
»Wie geht es, Genosse Stafford?« fragte sie etwas lauter. Stafford schwieg. Hinter Romeda öffnete sich die Tür. Dr. Sandrino trat ein. Der hatte ihr noch gefehlt! Romeda wies auf einen Sessel.
Sie wurde zornig. Dieser Stafford war ja nicht nur gleichgültig, er streikte wie ein unbrauchbar gewordenes Triebwerk! Das bißchen Energie, das er noch besaß, wandte er nicht etwa an, um gesund zu werden, nein, er setzte es dagegen ein!
»Vielleicht haben Sie die Freundlichkeit, wenigstens die primitivste Höflichkeit zu wahren«, sagte sie barsch. »Ich fragte Sie als behandelnder Arzt, wie es Ihnen geht.«
»Lassen Sie mich in Ruhe. Mein behandelnder Arzt ist Doktor Sandrino!« antwortete Stafford mürrisch.
Romeda warf Sandrino einen warnenden Blick zu und wandte sich wieder an Stafford. »Sie befinden sich in einem Kurheim, das meiner Leitung untersteht, außerdem hat die Expeditionsleitung mir ausdrücklich Ihre Behandlung übertragen.« Das entsprach nicht der Wahrheit, verursachte ihr aber keinerlei Gewissensbisse.
»Was wollen Sie, ich habe schon mehrmals gesagt, daß ich nichts als meine Ruhe haben will, keine Drogen, keine Hypnose, keine Gehirnwäsche – nichts als meine Ruhe!«
Romeda schluckte die Kränkung hinunter. Seine Vergangenheit entschuldigte ihn.
»Eine Kopfwäsche wird Ihnen guttun!« sagte sie sarkastisch. »Glauben Sie, es wäre anständig, zwei Ärzte zu beschäftigen, die zweckmäßiger eingesetzt werden könnten? Wie lange wollen Sie Ihren Genossen Sandrino noch festhalten, jetzt, da in der Heimkehrersiedlung das Grundstudium im vollen Gange ist und er es schwer haben wird, das alles nachzuholen?«
Sandrino öffnete den Mund. Romeda machte eine Handbewegung, die ihn schweigen hieß.
»Mich braucht keiner zu bemuttern«, erwiderte Stafford unwillig.
»Nehmen Sie zur Kenntnis, daß Sie sich im vierundzwanzigsten Jahrhundert befinden«, sagte Romeda scharf. »Unsere Gesellschaft gibt keinen auf, auch dann nicht, wenn er sich unmoralisch benimmt.«
Stafford sah sie ungläubig an. Sein Gesicht verfärbte sich. »Unmoralisch – ich?«
»Wer sonst?« Romedas Worte klangen wie Peitschenschläge. »Erstens lassen Sie sich gehen, zweitens bringen Sie Ihre Genossen in ein völlig falsches Licht, drittens aber sind Sie der Nachfolger von Jansen. Hatte er Sie nicht als seinen Nachfolger vorgeschlagen?« Sie beobachtete ihn mit schmerzhafter Spannung. »Glauben Sie, Jansen hätte seine Tat vollbringen können, wäre er so energielos wie Sie gewesen? Glauben Sie etwa, Genosse Stafford, daß Sie sich mit Ihrem Verhalten seines Vertrauens würdig erweisen?«
Stafford fuhr auf. Es schien, als wolle er ihr an den Hals gehen. Schließlich setzte er sich wieder und schwieg.
Romeda Tarsa atmete tief. Das war der entscheidende Augenblick. Sie wartete. Sandrino sah sie unverwandt an. In seinem Blick lagen Neugier und keimendes Verständnis.
»Machen Sie doch, was Sie wollen«, knurrte Stafford.
»Darf ich das als Einverständnis werten?« fragte Romeda mit normaler Stimme.
»Meinetwegen«, brummte er.
Romeda Tarsa und Sandrino nahmen auf der Terrasse Platz und schauten hinunter. Der dunkelgrüne Samt der Nadelwälder, der sich hinzog, so weit das Auge reichte, wurde immer wieder von den bunten Giebeln der Erholungsheime und Sanatorien durchstoßen. Unterhalb der Terrasse mündete ein Gebirgsbach in einen kleinen See.
Romeda war in gehobener Stimmung. Ein Erfolg bahnte sich an – vielleicht sogar ein doppelter? Sie blickte verstohlen Sandrino an. Ob er das, was sie zu Stafford gesagt hatte, auch auf sich bezog? Sie wünschte es. Im Grunde gefiel er ihr. Er war anders als Nasarow. Nasarow, klar denkend, geradlinig, war ein prächtiger Kamerad. Sie wußte immer schon vorher, wie er sich verhalten würde. Aber es fehlte ihm an Temperament, sie vermochte sich nicht vorzustellen, daß er einmal überschäumte. Außerdem war er für eine Ärztin ermüdend gesund. Sie lächelte über sich selber. Aber gab ein Gesunder seinem Arzt die Genugtuung, ihm geholfen zu haben?
Sandrino dagegen… So teilnahmslos er auch war, sie spürte, daß irgendwo in ihm ein Glutherd saß. Wie mochte er sein, wenn er die Lethargie überwunden hatte?
Eigentlich sprach es für ihn, daß er sich derart in ein Gefühl verlieren konnte! Eine titanische Ärztin hatte das

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