Heimlich Fee 1: Wie eine Freundin in mein Leben purzelte (German Edition)
lernten als Menschen. Mir war die Vorstellung schon fantastisch genug vorgekommen, mit Feen Mathe und Sachkunde zu lernen. Aber diese Fächer hörten sich natürlich noch viel, viel fantastischer an!
„Ich selbst werde euch in Selbstverteidigung unterrichten“, erklärte Fortunea Tautropf. „Aber nicht hier im Klassenraum, sondern auf der Wiese vor der Edelsteinmauer.“
„Selbstverteidigung?“, rief ich rein, obwohl ich doch eigentlich den Mund halten sollte. Schnell zeigte ich auf, um zu retten, was noch zu retten war.
„Entschuldigung, Frau Tautropf. Warum Selbstverteidigung?“
„Auch in unserer Welt gibt es Wesen, denen man lieber nicht begegnen würde. Es ist besser, ihr werdet beizeiten darauf vorbereitet“, erwiderte sie mit einem warmen Lächeln. „Heute Nachmittag werdet ihr noch die anderen Lehrer von Rosentau kennenlernen. Aber jetzt kommt der Teil, dem ihr sicher schon alle entgegenfiebert: Wir teilen die Zimmer auf!“
Elf Feen jubelten los. Nur ich seufzte. Ich spürte einen dicken Kloß im Hals, der langsam meinen Bauch hinunterwanderte. Ich musste an Jill denken, die mir so zugeteilt worden war. Aber ich machte mir umsonst Sorgen.
„Ich gehe mit Amanda ins Zimmer!“, trompetete Nelly vorlaut in die Klasse.
Fortunea Tautropf lachte. „Wenn du nicht einmal warten kannst, bis ich zu Ende gesprochen habe, muss es wohl sehr wichtig für dich sein. Also, wer nimmt die anderen fünf Zimmer?“
Es klingt ein bisschen kitschig, aber es war eben so: Wie auf Wolken schwebte ich mit den Feen durch das Internatsgebäude. Elf Mädchen standen zur Auswahl und Nelly hatte sich für mich entschieden!
Fortunea Tautropf ging vorneweg und zeigte auf die geschlossenen Räume.
„Hier lernt die zweite Klasse“, erklärte sie. „Hier die dritte und da drüben die erste Klasse der Feenjungen.“
Ich war verblüfft. Dass auch Jungen auf diesem Internat sein könnten, war mir noch gar nicht in den Sinn gekommen.
Auch sonst kam ich aus dem Staunen nicht mehr heraus. Das Gebäude war das genaue Spiegelbild meiner alten Schule. Vom Gang aus führten links und rechts Türen zu den Klassenzimmern. Von der Eingangshalle ging rechts eine breite Treppe ins Obergeschoss. Und gegenüber war eine Kellertür.
„Hier ist der Zugang zum Keller. Den dürft ihr niemals betreten!“, ermahnte uns Fortunea.
Die Feenmädchen nickten gehorsam. Wussten sie etwa schon, welches Geheimnis dort lauerte? Ich nahm mir fest vor, Nelly bald danach zu fragen.
Im Obergeschoss lagen zunächst die Klassenzimmer der älteren Feen.
„Was die wohl gerade machen?“, raunte Nelly mir zu.
Auch ich brannte darauf, endlich etwas von dem geheimnisvollen Unterricht in dieser Schule zu sehen. Anders als meine Klassenkameradinnen hatte ich ja nicht die leiseste Ahnung, wie Feen lernen.
Als alle weitergingen, hielt ich Nelly zurück. „Warte mal!“, flüsterte ich. Für die Kette war ich ihr etwas schuldig. „Sollen wir mal einen Blick reinwerfen?“
Nelly sah mich erwartungsvoll an. Rasch vergewisserte ich mich, dass Fortunea Tautropf nicht in unsere Richtung blickte.
„Mogatta sesamee!“ , rief ich dann im Flüsterton.
Diesen Spruch hatte Fabula Schattenreich gesagt, als sie mit mir vor der Tür zum Spiegel gestanden hatte, erinnert ihr euch?
Leider funktionierten die Worte auch bei mir. Die Tür schwang auf und schlug mit einem lauten Knall gegen die Wand. Zwölf große Feen hockten im Kreis um einen Mann, der mir sicher nur bis zum Kinn ging. Er trug eine derbe Schürze aus Leder und eine speckige Kappe. Aus seinem Vollbart, der ihm bis zum Gürtel reichte, ragte die rote Knubbelnase wie ein Leuchtturm hervor. Ohne Zweifel handelte es sich bei diesem Lehrer um einen Zwerg! Sein rechter Arm war ausgestreckt und alle Feen sahen auf den Stein, den er in die Höhe hielt. Der Stein leuchtete, als würde darin ein Feuer glühen.
„Was …?“, keifte er und starrte mich böse an.
Den Rest konnte ich nicht mehr verstehen, denn die Tür knallte wieder zu.
„Nichts wie weg!“, wisperte ich Nelly zu.
Doch da flog die Tür schon wieder auf. Und wieder zu. Und wieder auf. Erschrocken blickten die großen Feen in den Gang. Meine Klassenkameradinnen kamen neugierig angerannt. Immer schneller und schneller sauste die Tür auf und zu.
„Halt!“, stammelte ich. „Halt doch an! Du sollst aufhören!“ Mir schoss das Blut ins Gesicht. Am liebsten wäre ich im Boden versunken. Was hatte ich in meinem Übermut bloß
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