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Heimlich, heimlich mich vergiss (German Edition)

Heimlich, heimlich mich vergiss (German Edition)

Titel: Heimlich, heimlich mich vergiss (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angelika Meier
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Empfänger.«
    »Ja genau, war ohnehin nicht weiter wichtig.«
    »Na dann, ich glaube, Sie sollten jetzt wirklich bei Dr. Tulp vorstellig werden, Sie sind etwas blass, mein Lieber.«
    »Ah ja, gut zu wissen, danke für den Hinweis.«
    Referent entfernt sich grußlos, begibt sich auf direktem Weg zu Dr. Tulp und bestellt murmelnd alle Abwehrsysteme zum Bereitschaftsdienst ein: Jeder ist eine Insel, jeder ist eine Insel …

11.
    Der Kernanatom Dr. Tulp ist ein schwerlich beschäftigter Mann, man kann ihn daher ohne Termin zu jeder Tages- und Nachtzeit konsultieren, denn erstens kommt es relativ selten vor, dass Patienten oder Referenten untersucht oder gar operativen Eingriffen unterzogen werden und zweitens hat er, da er ganz für seinen operativen Auftrag freigestellt ist, keinerlei Referentenpflichten, weder seine Patienten noch sich selbst betreffend. Mit dieser Freistellung verbunden ist die Merkwürdigkeit, dass er im Gegensatz zu allen anderen Ärzten hier eine Schweigepflicht hat oder zumindest ein Schweigerecht, ganz genau weiß das niemand, vielleicht noch nicht einmal er selbst, aber in jedem Fall leistet er keine nosographische Arbeit.
    Daher der Bruch in der Perspektive, er schielt auf charmante Weise ein wenig, wahrscheinlich weil er die Dinge von einem anderen Standpunkt aus sieht als wir Referenzärzte, und wir wiederum sehen ihn anders als unseresgleichen. Man gerät immer ins Erzählen bei ihm, und vielleicht ist das ein Fehler, aber gerade jetzt, nach der unangenehmen Begegnung mit Dr. Darmstätter, ist es ungeheuer erleichternd, auf seinem ledergepolsterten Behandlungstisch zu liegen und mit ihm zu plaudern, während er einem mit seinen klugen Händen den Brustkorb öffnet.
    »Dann wollen wir mal sehen, wo’s hakt. Wann sagten Sie, hat das angefangen?«
    »Oh, ich weiß nicht, wann es begonnen hat.«
    »Naja, macht nichts, das wissen wir Ärzte ja nie. Müssen wir aber auch nicht, das ist unser Privileg, wir wissen dafür, wie’s weitergeht, wie? Was haben Sie denn genau für Beschwerden?«
    »Tja, wie soll ich sagen? Es schwächt mich etwas von oben.«
    »Links oben, rechts oben?«
    »Ich weiß nicht genau. Ich habe keinen Halt mehr hinter den Augen.«
    Dr. Tulp, der sich schon tief über mich gebeugt hatte, richtet sich wieder kerzengerade auf, das Besteck in den gehobenen Händen über seinen eng an den Körper gewinkelten Armen, und lächelt mich mitfühlend spöttisch an, wodurch sein charmanter Silberblick noch besser zur Geltung kommt:
    »Na na, und gleich sagen Sie mir noch: Zerfallen ist Rinde, die mich trug , wie?«
    »Nein, so meinte ich es nicht …«
    »Grundsymptome: Panzerung und Adlerflug , was?«
    »Gott nein, wirklich nicht!«
    Wir lachen beide, und Dr. Tulp beugt sich wieder über meine geöffnete Brust, reicht mir blind einen Handspiegel vom Beistelltischchen und murmelt, während er die einzelnen Fasern des Mediators mit seinem gläsernen Leiterstiftchen prüft:
    »Wenn Sie selbst … können Sie gut sehen so?«
    »Ja, danke. Und, was meinen Sie?«
    »Tja, sieht eigentlich gut aus, ich hab hier überall einwandfreie Übertragung, auf den ersten Blick keine Schwachstelle auszumachen, aber hundertprozentig könnte ich das erst sagen, wenn wir Sie bei Gelegenheit mal über Nacht anschließen könnten und dann eine Gesamtaufzeichnung aller Impulse hätten.«
    »Hm, rüber ins Schlaflabor, ja?«
    »Ja, das ist etwas lästig, ich weiß …«
    »Schlafen, ja? Ich glaube eigentlich nicht, dass ich das noch –«
    »Jaja, wer kann das schon, ich weiß, das ist unangenehm, aber sicherheitshalber sollten wir Sie mal ganz durchlesen, auch wenn das natürlich reichlich umständlich ist und, ich will’s gar nicht leugnen, etwas hilflos Stümperhaftes an sich hat. Aber das ist eben der Nachteil jeder revolutionären Technologie, die Untersuchungs- und Behandlungsmethoden hinken ihr notwendig eine ganze Zeit lang hinterher, wir sind halt in einer lästigen Übergangsphase.«
    »Aber man müsste doch trotzdem in der Lage sein, etwas so Einfaches wie eine Dysfunktion in der mediatorischen Transmission –«
    »Schauen Sie, Dr. von Stern, Sie müssen sich immer wieder klarmachen, dass unser Mediatorsystem keine bloß externe Körpertechnik mehr ist, die man da draußen im Labor entwickelt und dann einsetzt im wahrsten Sinn des Wortes, sondern eine, die aus dem Inneren heraus eine tatsächlich einheitliche, yogische Materialität geschaffen hat. Sie wissen doch, unsere Sympatextur ist eben

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