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Heimlich

Heimlich

Titel: Heimlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Ellroy
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habe. Er demolierte Kneipen und schmiß Autos um, schlug Köpfe ein und versetzte das ganze Viertel in Angst. Er war ein Schrecken. Walt und ich glauben, sein Mörder war entweder irgendein Bimbo im Viertel, den er mal verprügelt hatte, oder ein Drogen-Pusher, der keine Wohltäter in seinem Revier duldete. Wir haben alle Morphium- und Heroin-pusher, große und kleine, von Milwaukee bis Chicago überprüft. Nada. Wir sind Johnnys Register durchgegangen und haben alle Opfer überprüft, die er aufgemischt hatte - über dreißig Kerle. Die meisten von ihnen waren Durchreisende. Wir haben sie identifiziert - im ganzen Mittleren Westen. Acht von ihnen waren im Knast -von Kentucky bis Michigan. Wir haben mit allen geredet - nichts. Wir haben mit dem ganzen Abschaum im Slum geredet, der noch reden konnte. Die, die so total im Arsch waren, daß sie nicht mehr reden konnten, haben wir nüchtern gemacht. Nichts. Nichts und wieder überhaupt nichts.«
    »Beweismaterial?« fragte ich. »Obduktionsbefund?«
    Lutz seufzte. »Nichts. Todesursache durch trenn ter Spinalnerv oder Schock oder massiver Blutverlust, Sie können’s sich aussuchen. Der Arzt sagt, Big John sei keine Morphium-Leiche gewesen, als er aufgeschlitzt wurde - das war ’ne Überraschung. Deshalb dachten Walt und ich, der Kerl, der ihn erstochen hat, muß ein Ungeheuer oder ein Freund von ihm gewesen sein - jemand, der ihn kannte. Wer so einen Kerl aufschlitzen konnte, wenn der nüchtern war, mußte einfach ein Monster sein.«
    »Hatte Johnny irgendwelche Freunde?« fragte ich.
    »Nur einen«, sagte Lutz. »Ein Chemielehrer im Marquette College. War er. Ist jetzt ein Penner. Er und Johnny haben sich immer zusammen vollaufen lassen. Der Kerl war total gaga. Hat ein Semester unterrichtet, dann hat er ein Semester freigenommen und ging auf Trebe. Die Priester im Marquette hatten schließlich die Schnauze voll und schickten ihn in die Wüste. Er hängt wahrscheinlich immer noch im Slum rum; als ich ihn zuletzt sah, schnüffelte er gerade Benzin vor der Jesus-rettet-Mission.« Lutz schüttelte den Kopf.
    »Wie hieß der Kerl?« fragte ich.
    Lutz sah Kraus an und zuckte mit den Schultern. Kraus kniff sein Gesicht zusammen und befragte sein Gedächtnis. »Melveny? Ja, genau - George Melveny, der ›Professor‹, George Melveny, der ›Uhu‹. Er hat ’n Dutzend Spitznamen im Kiez.«
    »Wo hat er zuletzt gewohnt?« wollte ich wissen.
    Kraus und Lutz lachten unisono.
    »Auf der Parkbank«, sagte Kraus.
    »Wo der Quark stank«, reimte Lutz.
    »Kein Kies.«
    »Professor Mies.« Die beiden Bullen konnten sich nicht mehr halten vor Lachen.
    »Ich verstehe«, sagte ich. »Eine Frage noch: Woher hat so ein Penner wie Johnny DeVries Morphium bekommen?«
    »Nun«, sagte Floyd Lutz, »er war gelernter Apotheker, bevor er süchtig wurde. Ich dachte immer, er benutzte das Labor von ›Uhu‹ George, um den Scheiß herzustellen. Wir haben das mal überprüft; Fehlanzeige. Keine Ahnung, wo er das Zeug her hatte. Johnny war ganz beachtlich in vielfacher Hinsicht; man hatte den Eindruck, er war mal was ganz Besonderes.« Lutz schüttelte wieder den Kopf und sah Kraus an, und der schüttelte seinen.
    Ich seufzte. »Tun Sie mir einen Gefallen«, sagte ich.
    »Sagen Sie schon«, meinte Kraus. »Jeder Kumpel von Will Berglund ist mein Freund.«
    »Danke, Walt. Sehen Sie, Will erzählte mir, Johnny DeVries und seine Schwester wären möglicherweise in einen Medikamentendiebstahl verwickelt gewesen, der während des Krieges im Marinekrankenhaus von Long Beach, Kalifornien, lief. Sie waren beide da stationiert. Könnten Sie den Kommandeur der Militärpolizei dort im Krankenhaus anrufen? Eine Anfrage von der Polizei hat bestimmt mehr Gewicht. Ich bin nur Versicherungsdetektiv - die würden mir nicht mal sagen, wie spät es ist. Ich -«
    Lutz unterbrach mich. »Fischen Sie im selben Bach wie wir, Underhill?«
    »Ganz genau. Eine große Ladung Morphium wurde gestohlen, das weiß ich, und das würde erklären, wo Johnny das Zeug her hatte, das er verteilte.«
    Kraus und Lutz sahen sich an. »Nimm das Telefon im Büro des Chefs«, sagte Lutz.
    Kraus sprang von seinem Tisch auf und ging in einen abgeteilten Raum, der mit Wimpeln der Milwaukee Braves geschmückt war.
    »Alle Einzelheiten, Walt«, rief Lutz ihm nach.
    »Klar!« antwortete Kraus.
    Ich sah Lutz an und ließ meinen nächsten Wunsch ab: »Kann ich mal in die Akte von DeVries sehen?«
    Er nickte und ging zur Registratur am Ende des

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