Heimlich
uneheliches Kind von einer ›verlorenen Liebe‹, dann erzählte sie mir gleich am nächsten Tag, sie sei Jungfrau! Ich hab’ nur gespürt, daß sie sehr einsam war, deshalb hab’ ich einmal eine Verabredung für sie zum Essen mit einem netten Freund meines Ehemannes getroffen. Sie wollte aber nicht. Sie hatte furchtbare Angst. Maggie war eine kultivierte Person, und wir führten wundervolle Gespräche über Theater, aber sie hat auch so verrückte Sachen erzählt.«
»Zum Beispiel?«
»Zum Beispiel diesen Blödsinn mit dem Baby im Osten. Sie zeigte mir einmal ein Foto. Es hat mir das Herz gebrochen. Sie hat es offensichtlich aus einer Illustrierten ausgeschnitten. Es war so traurig.«
»Wissen Sie etwas über Männer in ihrem Leben, Mrs. Grover?«
»Nein, Officer, nichts. Ich glaube wirklich, sie starb als Jungfrau.«
»Nun«, sagte ich und stand auf, »vielen Dank für das Gespräch, Mrs. Grover. Sie haben mir sehr geholfen.«
»Sie hätte es so viel besser verdient gehabt, Officer. Bitte, finden Sie ihren Mörder.«
»Das werde ich«, sagte ich, und meinte es auch.
An jenem Abend war ich auf Streife nicht bei der Sache. Ich war geistesabwesend. Ich wußte, daß ich mich ganz schnell zur Tagschicht versetzen lassen mußte, um meine Nachforschungen nachts weiterführen zu können. Ich dachte über meine Möglichkeiten nach - Anfrage bei Jurgensen? Beim Leiter der Kriminalpolizei? Krankschreiben lassen? Alles zu unsicher.
Am nächsten Morgen fuhr ich zur Wache und klopfte an Captain Jurgensens Tür. Er begrüßte mich freundlich und war überrascht, mich am Tag zu sehen. Ich sagte ihm, was ich wollte: Ich hätte einen sehr kranken Freund aus meiner Waisenhauszeit, um den sich nachts jemand kümmern müßte, da seine Frau in der Nachtschicht bei Douglas Aircraft arbeitete. Ich wollte vorübergehend Tagdienst machen, um meinem Freund zu helfen, und mich so besser mit der Gegend, in der ich arbeitete, vertraut zu machen.
Jurgensen legte sein Exemplar von »Richard III.« nieder und sagte: »Sie fangen heute an, Underhill. Einer unserer Leute macht Urlaub. Aber keine Alleingänge. Keine Heldentour. Sie machen die Streife mit einem Partner. Und jetzt an die Arbeit.«
In jener Nacht um elf Uhr dreißig beging ich mein erstes Verbrechen als Erwachsener. Ich fuhr hoch nach Hollywood, parkte neben einer Tankstelle und ging zu Maggie Cadwalladers Wohnung im Harold Way. Ich trug Handschuhe, als ich ihr Türschloß knackte und mich durch die dunkle Wohnung ins Schlafzimmer vorarbeitete. Bei mir hatte ich eine Taschenlampe, und durch gelegentliches Anknipsen konnte ich sehen, daß Maggies persönliche Habe entfernt worden war, wahrscheinlich, um die Wohnung leichter an neue Interessenten vermieten zu können, wenn der Rummel um ihren Tod abgeebbt wäre.
Im Schlafzimmer schraubte ich den Bettpfosten auf, der Maggies »unschätzbares Liebesgeschenk« enthalten hatte. Es war weg. Ich setzte den Pfosten wieder auf und schraubte den anderen ab. Nichts da. Die beiden übrigen Pfosten waren fest mit dem Bettgestell verbunden. Es war so, wie ich es erhofft hatte. Dennoch mußte die Sache noch einmal überprüft werden.
Ich fuhr zum Hollywood-Revier, parkte, ging rein, zeigte dem Wachhabenden meine Marke und sagte: »Ich bin von der Kripo in der 77. Straße. Ist jemand oben, mit dem ich reden kann?«
»Versuchen Sie’s halt«, antwortete er gelangweilt.
Das Kripobüro war menschenleer, abgesehen von einem alten Polizisten, der Berichte schrieb. Ich trat ein, als gehörte mir der Laden, und der Oldtimer schaute nur kurz von seinem Schreibkram auf. Da ich das, was ich suchte, nirgends entdecken konnte, räusperte ich mich vernehmlich, um seine Aufmerksamkeit zu erregen.
Er schaute wieder auf, seine Augen waren blutunterlaufen, und seine Stimme klang matt. »Ja«, sagte er.
Ich wollte flott klingen und älter, als ich war. »Underhill, Detektiv auf der Siebenundsiebzigsten. Ich mach’ die Pfandhausgeschichten im Bezirk Mitte-Süd. Der Lieutenant hat mich hier hochgeschickt, um den Nachlaßbericht dieser Mrs. Cadwallader zu überprüfen. In unserem Bezirk sind ’ne Menge Dinge verpfändet worden, die in Hollywood und West L.A. gekrallt wurden. Der Lieutenant dachte, Sie könnten uns vielleicht helfen.«
»Scheiße«, sagte der Oldtimer, erhob sich von seinem Stuhl und ging zu einer Reihe von Aktenschränken. »Das war kein Einbruch, wenn Sie mich fragen. Mein Partner und ich haben den Bericht geschrieben.« Er
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