Heinichen, Veit - Proteo Laurenti 01 - Gib jedem seinen eigenen Tod
besprochen. Ich muß nach Triest.«
»Es dauert nicht lange, Vater. Ich komme steuerbord längsseits. Stopp die Maschinen.«
Kopfersberg wußte, daß selbst die Ferretti gegen die Corbelli seines Sohnes keine Chance hatte. Aber warum, fragte er sich, hatte er Angst? Er stellte die Gashebel auf Null. Die Ferretti wurde von der Wasserverdrängung stark abgebremst und verlor schnell an Fahrt. Spartaco mußte ihm schon seit Zara gefolgt sein, sonst hätte er ihn hier draußen nicht gefunden. Er ergriff nochmals den Gashebel, doch betätigte er ihn nicht. Er durfte seine Angst nicht zeigen, aber er mußte sich wehren können. Verzweifelt schaute er sich um. Spartaco kam mit gedrosselten Motoren gleichauf, er stand backbord auf der Corbelli und schwang eine aufgerollte Leine. Der Abstand zwischen ihnen betrug noch zwei, höchstens drei Meter. Spartaco warf die Leine mit Schwung herüber, und Kopfersberg fing sie auf. Dann warf er die Fender steuerbords aus.
»Was ist denn los, Spartaco?« fragte er, während er die Leine festmachte.
»Ich komm dich holen, Vater!« Seine Stimme war dunkel. »Ich habe lange auf diesen Augenblick gewartet.« Er war an Bord der Ferretti gesprungen und stand Bruno de Kopfersberg gegenüber. »Ich werde das mit dir machen, was du mit Mutter gemacht hast.«
Deswegen also die Angst, dachte Kopfersberg. »Mach keinen Unsinn, Spartaco! Ich habe dir schon oft gesagt, daß es ein Unfall war.«
»Beweis es!«
»Es gibt keine Beweise, Spartaco!«
»Du bist ein egoistisches Schwein, das ist der Beweis! Welche Rolle spielt es schon, ob du es mit deinen eigenen Händen getan hast? Das interessiert mich nicht. Jetzt bist du dran. Du wirst bezahlen!«
»Spartaco, verdammt, ich habe deine Mutter geliebt! Warum hätte ich ihr etwas antun sollen?«
»Du bringst mich zum Lachen! Du und lieben? Du benutzt die anderen. Das nennst du Liebe! Was hast du aus mir gemacht? Los, sag’s schon!«
Spartaco stand drei Meter von seinem Vater entfernt. Seine Augen blitzten wütend, die Pupillen waren weit geöffnet. Bruno de Kopfersberg sah es.
»Hast du etwas genommen, Spartaco? Setz dich hin, beruhige dich doch endlich. Wir reden darüber!« Er machte einen Schritt nach vorne und breitete die Arme aus. Spartaco wich einen halben Schritt zur Seite.
»Gib’s zu!« brüllte er.
»Was, Spartaco?«
»Du bist ein Mörder! Du richtest alle um dich herum zugrunde! Mich hast du das ganze Leben lang nur benutzt, Mutter hast du benutzt, Eva auch, und … und …« Seine Stimme überschlug sich.
»Worüber beklagst du dich? Lebst du schlecht? Du hast alles, was man sich wünschen kann, Spartaco. Sei vernünftig!« Kopfersberg hatte die Arme noch immer ausgebreitet. »Laß endlich den Mist, setz dich hin und hör mir zu!« Wieder machte er einen kleinen Schritt.
»Du bist derjenige, der zuhört!« brüllte Spartaco. »Hör auf, mich herumzukommandieren. Ich habe lange gebraucht, bis ich’s begriffen habe. Ich bin nichts anderes als ein Instrument für dich. Wie Mutter. Ihr Geld wolltest du, sonst nichts. Sie war dir im Weg.«
»Spartaco, beruhige dich doch. Ich brauchte Elisas Geld nicht, ich hatte selbst genug. Und wir verstanden uns gut. Ich liebte sie!« Er stand noch etwas mehr als eine Armlänge von seinem Sohn entfernt.
»Und was hast du mit mir gemacht? Was kann ich, außer betrügen und stehlen? Das mußte ich lernen. Ich hab es satt! Du konntest es noch nie ertragen, wenn etwas nicht nach deinem Willen geht. Dafür wirst du jetzt bezahlen!« Spucke, die aus Spartacos schreiendem Mund spritzte, landete im Gesicht und auf dem Hemd seines Vaters.
»Spartaco, vergiß nicht, alles, was ich erarbeitet habe, wird einmal deins!« Kopfersberg wischte sich mit dem Hemdsärmel über das Gesicht. Er wagte sich noch einen halben Schritt vor, doch Spartaco wich wieder ein wenig zur Seite. Er blieb trotz seines heftigen Zorns auf der Hut.
»Ich habe nichts zu verlieren, mein Leben ist ohnehin versaut. Und jetzt bist du dran, Vater …«
»Aber mit was denn?« fragte der alte Kopfersberg plötzlich spöttisch. »Du hast ja nicht einmal eine Waffe.« Damit trat er einen ganzen Schritt nach vorne und riß seinen Sohn am Hemd. Spartaco konterte geschickt und versetzte seinem Vater einen harten Uppercut, der ihn an die Kabinentür warf.
»Ich brauche keine Waffe! Du wirst im Meer verrecken. Wie Mutter!« Spartacos Stimme war auf einmal ganz ruhig, kalt. Er hatte die Fäuste gehoben.
Bruno de Kopfersberg hatte endlich
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