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Heinichen, Veit - Proteo Laurenti 01 - Gib jedem seinen eigenen Tod

Titel: Heinichen, Veit - Proteo Laurenti 01 - Gib jedem seinen eigenen Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Heinichen
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würde er Rossana Di Matteo anrufen, damit sie Decantro, den wild gewordenen Volontär, unterrichten konnte.
    »Er muß sich um achtzehn Uhr beim Schichtleiter melden und wird dann erst einmal mit Statistiken abgefüttert. Das dauert etwa zwei Stunden. Danach führen wir ihn ins Coroneo, wo er die Untersuchungshäftlinge begutachten darf, die haben dann gerade Filmvorführung. Anschließend Schichtbeginn mit Appell zum Antreten und einer großen Ansprache an die Männer. Von mir selbst. Das gab es über zehn Jahre nicht. Für was auch. Aber vielleicht ist es zwischendurch ganz hilfreich. Und deinen Freund wird es beeindrucken.«
    »Hört sich gut an, nur daß er nicht mein Freund ist. Was machen die Kontrollen?« Laurenti war immer neugierig auf die Berichte von der Streife. Die war immer am nächsten am Geschehen, man erfuhr direkt, was in der Stadt los war.
    »Welche meinst du? Im Borgo ist alles so, wie wir es erwartet haben. Einige neue Mädchen sind angekommen. Die Kameras sind geladen, und du wirst bald dein Foto haben. Und an der Illegalenfront gibt es noch keine nennenswerten Erfolge. Wie läuft es bei dir?«
    »Nebulös, diesig, so wie heute die Sicht über den Golf, Claudio. Nichts außer Vermutungen. Aber eines wollte ich dich fragen: Habt ihr in den letzten Monaten irgendwelche besonderen Meldungen aus der Via dei Porta bekommen, daß dort irgend etwas Besonderes vorgefallen ist? Der Kasten oberhalb der Villa Ada.«
    »Ach so. Ja, natürlich. Hin und wieder beschweren sich die Nachbarn, weil die Straße blockiert ist von einer Menge dicker Autos, und im Sommer gibt es Beschwerden wegen Ruhestörung. Die feiern da irgendwelche Feste im Garten mit reichen Gästen. Aber es ist nichts Besonderes.«
    »Mich interessiert das, Claudio. Kannst du bei Gelegenheit heraussuchen lassen, wann das war? Vielleicht hilft es uns weiter.«
    »Wenn du meinst«, Fossa schaute ihn so mißtrauisch an wie jeder, der sich unerwartet kontrolliert fühlt.
    »Und sonst?« fragte Laurenti.
    Fossa räusperte sich. »Hast du von dem Fund der Carabinieri gehört?«
    Laurenti schüttelte den Kopf.
    »Im Karst. In der Nähe des Golfclubs, Richtung Bassovizza. Ein Golfspieler auf der Suche nach seinem Ball fand im Gestrüpp die unbekleidete Leiche einer jungen Frau. Nicht zu identifizieren. Kein Sexualdelikt. Sieht nach einer Hinrichtung aus. Sie wurde von hinten erschossen. Drei Schüsse. Parabellum. Die Gerichtsmedizin stellt ein Porträtfoto von ihr her, mit dem wir nach ihr suchen sollen. Kommt heute Abend schon mit auf Tour.«
    »Ihr seid also dazu verdonnert, den Carabinieri zu helfen. Hoffen wir, daß ihr bald Erfolg habt. Kannst du mir die Unterlagen in Kopie zukommen lassen, bitte? Es ist gut, wenn man Bescheid weiß.«
    »Was du immer mit den Carabinieri hast! Ich komme gut mit ihnen zurecht. Es sind keine Sympathieträger, aber das sind wir auch nicht. Polizei ist Polizei. Wir sind doch für die meisten nur ein Stück Scheiße.«
    Claudio Fossa verabschiedete sich nach einer Weile, in der sie sich noch darüber austauschten, wie viele Morde es in Triest in den letzten Jahren gegeben hatte und wie froh sie waren, daß zwei Hände ausreichten, sie zu zählen. Und in den letzten fünfzig Jahren waren insgesamt nur acht unaufgeklärte Fälle verzeichnet.
    »Bei uns stinkt’s vermutlich nur im Freihafen, wo wir nichts zu suchen haben. Dort aber gewaltig«, mit diesen Worten ging Fossa hinaus.
    17.30 Uhr
    Laurenti konnte an diesem späten Nachmittag nicht mehr viel tun. Er hatte einen Berg an Informationen zusammengetragen. Viktor Drakic hatte versprochen zu kommen und sich offensichtlich verspätet. Dafür war ein aufgeblasener Decantro am Telefon, der sich darüber beschwerte, daß es ein offensichtliches Komplott sei, ihn mit auf Streife zu schicken, wenn normale Bürger schliefen. Es hinge doch eindeutig mit dem Besuch bei der Chefin zusammen. Laurenti hörte zu, kommentierte nicht und fragte nur, ob dies alles sei, was Decantro zu sagen habe. Mit den Entscheidungen der Zeitung habe er nichts zu tun. Dann legte er grußlos auf und schüttelte den Kopf. Er staunte über den Mut des jungen Mannes, sich so aufzuspielen.
    Laurenti rief in der Gerichtsmedizin an, erreichte den alten Doktor Galvano, der diese Funktion schon ausübte, als Proteo mit dreiundzwanzig Jahren nach Triest versetzt worden war. Galvano hatte soeben seine Hallen verlassen wollen, um, wie er sich ausdrückte, den Freizeitwert der Stadt zu nutzen. Er erzählte,

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