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Heinrich Mueller 01 - Salztraenen

Heinrich Mueller 01 - Salztraenen

Titel: Heinrich Mueller 01 - Salztraenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Lascaux
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deswegen nun täglich Reis essen muss, ein Nahrungsmittel, mit dem er asiatische Untermenschen und Hungerleider assoziiert.
    Dass er jetzt selber einer von diesen Untermenschen sein soll, will ihm nicht in den Kopf. Also verweigert er die Nahrungsaufnahme, was ihn nach ein paar Monaten wirklich wie einen Hungerleider aussehen lässt. Niemand erkennt mehr den kraftvollen Mann in ihm, und wenn er seinen Altersheimkollegen vom früheren Leben erzählen will, schreien ihn die anderen als Angeber nieder. Die Altersheimleiterin stellt derweilen in stoischer Ruhe eine weitere Schale Reis vor ihn hin, Reis, den sie später den Tauben verfüttern wird.«
    »Davor also haben sie Angst«, wunderte sich Müller, dem eben ein Stierenkatalog in die Hände gefallen war. Er legte ihn auf den Tisch und blätterte die ersten Seiten um. Fasziniert beobachtete er eine ganzseitige Tabelle, die aussah wie eine Distanztabelle zwischen verschiedenen Städten, nur dass statt der Städte andere Namen verzeichnet waren: Älpler, Bruno, Paradiso, Tabasco, Kandis, Sokrates, Hindu, Newton, Pickel, Ferdinand, Jordan, Apollo und Tomba paarten sich mit Gretli, Morchel, Aurora, Heidi, Gazelle, Karin, Narzisse, Emanza, Marlen, Claudia und Olga.
    »Nicole fehlt«, stellte Müller fest.
    Man konnte Fleckvieh haben, Braunvieh, Holstein, Red Holstein, Jersey, Eringer, Montbéliarde und Hinterwäldler als Milchrassen, Simmentaler, Limousin, Charolais, Angus, Blonde d’Aquitaine und Piemontese zur Fleischproduktion. Was zusammengehörte, ließ sich am waagrechten Strich ablesen in den grünen Feldern, orange leuchteten die heiklen Kreuzungen aus dem Blatt und rot waren die verbotenen Züchtungen markiert. Einfach. Wie beim Stopplicht an der Kreuzung, dachte Müller. Dann fiel sein Blick auf einen Satz zur Brunst beim Natursprung. Er las ihn Nicole vor: »Der Stier folgt der Kuh. Durch Auflegen des Kopfes auf die Nachhand prüft der Stier die Duldung. Das Auflegen des Kopfes und das Ausschachten des Penis sind deutliche Anzeichen seiner Erregung.« Das war eine faszinierende Vorstellung: die Kurzenauer Männlichkeit beim Ausschachten des Penis. Nicole lachte, Henry seufzte und meinte: »Dafür ist der Genetikkatalog doch gar nicht gedacht. Der ausgewählte Samen wird doch vom Tierarzt in die Kuh hineingestopft.«
    In diesem Augenblick stolperte Fritz Bär mit harten Tritten die Treppe herunter und setzte sich zu den beiden an den Tisch. Er deutete auf den Katalog und sagte: »Das sind alles Hochleistungsstiere. Wenn du mit denen eine Kuh besamst, kannst du die Nachkommen mit der herkömmlichen Fütterung nicht mehr halten. Das auf dem Hof gewachsene Gras reicht für die entsprechende Leistung nicht mehr aus, da braucht es Kraftfutter und Zusatzstoffe. Noch nicht alle Bauern haben sich darauf eingestellt, die zu ihrem Hof passenden Tiere zu kaufen und die Ausgewogenheit zwischen Aufwand und Ertrag sicherzustellen. Jetzt hast du zwar halb so viele Kühe auf dem Hof, aber die geben doppelt so viel Milch wie vor 20 Jahren. 40 Kilo am Tag. Und pro Kilo müssen 400 Liter Blut durchs Euter fließen. Jetzt kannst du ausrechnen, was so ein Herz leisten muss. Dann wird dir der Milchliefervertrag gekündigt. Du hast Schulden beim Samengenetiker, beim Tierarzt, beim Futtermittelhändler.«
    Fritz Bär griff unter die Holzbank, auf der er saß. Da stand immer ein Halbeli Valpolicella, das er bei jeder Gelegenheit hervorzog, in ein grobes Glas umschüttete und Schluck für Schluck in sich hineinrinnen ließ, den säuerlichen Geschmack auskostete, der sich nicht veränderte, egal, ob der Wein kalt oder warm war. Er liebte das feine Prickeln auf der Zunge, und der Wein passte so gut zu den kräftigen Speisen und zur rauen Luft in der Höhe, dass der Händler aus Langnau den etwas längeren Lieferweg gerne auf sich nahm.
    Müller sagte: »Ich habe draußen eine außerirdische Kuh gesehen, die hieß Candy-ET.«
    Der kleine Mann mit dem verschmitzten Gesicht lachte. »ET bedeutet Embryo-Transfer. Aus der Gebärmutter einer Elitekuh werden die Embryos ausgespült, eine Durchschnittskuh trägt dann das Kalb aus.«
    »Wie werden die anderen befruchtet?«
    »Im Berggebiet, wo es nicht in erster Linie auf die Milchmenge ankommt, weil du sonst zufüttern musst, meist mit Natursprung. Das heißt, der Stier darf ran an die Kuh.«
    »Bei den anderen darf der Tierarzt ran?«
    »Ja. Und der Stier wird aus dem Stierenkatalog gewählt. Die Auswahl ist allerdings begrenzt.«
    »Irgendwo

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