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Heinrich Mueller 01 - Salztraenen

Heinrich Mueller 01 - Salztraenen

Titel: Heinrich Mueller 01 - Salztraenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Lascaux
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habe ich mal ETN gelesen«, sagte Nicole.
    »Das ist die Bezeichnung für geklonte Tiere.«
    »Geklonte Tiere?«, wunderte sich Müller. »Wie merke ich als Käufer, dass ich Milch von geklonten Kühen kaufe?«
    »Das merkst du nicht. Die Milch ist nicht gekennzeichnet.«
    Der Kaffee für Nicole und Heiri, wie Müller nach dem Zuprosten hieß, entstand in einem Glas, in dem gefriergetrocknetes Pulver sparsam mit heißem Wasser überbrüht wurde, gerade so viel und so dünn, dass es noch Platz ließ für den Obstler, den der Störbrenner im letzten Herbst wieder hervorragend hingekriegt hatte. Mirabellen!
    Müller bemerkte bald, dass sie weniger willkommen geheißen als von den anderen fern gehalten werden sollten. Schnüffler waren nicht erwünscht, denn Bär war nicht wirklich willens, alle seine Fragen zu beantworten. Er starrte meist in sein Glas und füllte Schnaps nach. Eine halbe Stunde später wurde Nicole unruhig. Der Detektiv wollte wissen: »Hast du am Sonntag etwas Besonderes bemerkt?«
    »Nein, was soll da gewesen sein?«
    »War der Housi nicht noch bei dir, bevor er mit seinem Auto den Berg hinunter fuhr?«
    »Nicht dass ich wüsste, aber ich habe mich draußen bei den Kühen aufgehalten und nicht jeden Gast im Blick gehabt. Schon möglich, dass er hier etwas getrunken hat. Das erste Mal war’s ja nicht gewesen.«
    »Aber nicht so viel, dass er sein Auto nicht mehr im Griff gehabt hätte?«
    »Nein, eigentlich hat Housi in letzter Zeit wenig getrunken. Ich glaub, der hat früher mal einen Entzug gemacht und Tabletten geschluckt. Oder er ist bei den Anonymen Alkoholikern.« Dabei lachte er und schüttete ein paar Zentiliter Mirabelle nach.
    »Er hatte aber zum Zeitpunkt seines Todes ziemlich viel Alkohol im Blut«, sagte Heinrich.
    Fritz zuckte nur mit den Schultern.
    Nicole verdrehte die Augen und machte Zeichen zum Gehen.
    Heiri meinte, sie wollten noch vor den Kühen die Straße runter, damit sie den Alpabzug im Dorf erwarten könnten.
    Bär nickte, gab aber keinen weiteren Kommentar ab.
    Sie schafften es knapp, bevor der Weg nach Kurzenau für den motorisierten Verkehr gesperrt wurde. An der Abzweigung zum Schattgraben wollten sie warten und die Kühe an sich vorbei ziehen lassen. Aber sie hofften auch auf eine Reaktion von einem der Bauern, wenn sie die Unfallstelle passierten. Was dann geschah, war doch überraschend. Zuerst stellten Nicole und Heinrich fest, dass jede zweite Kuhstaffel bereits unterwegs in irgendein Heimetli, das abseits des Weges lag, abgezweigt war. Als nun endlich die letzten verbliebenen Herden an ihnen vorbeizogen, blieben nicht die Bauern, sondern die Kühe stehen, senkten die Köpfe, schwenkten sie hin und her, als ob sie mit dem Baum, der am Unfall mit beteiligt war, in Zwiesprache stünden. Die seltsame Zeremonie dauerte ein paar Sekunden und setzte sich durch die Reihe der Tiere fort, bis auch das letzte der eingeknickten Fichte ihre Reverenz erwiesen hatte.
    »Daraus wäre ein schönes Alphorn geworden, wenn der Housi nicht so gebrettert wäre«, sagte eine helle Stimme hinter Müller. Der Detektiv glaubte, von Menschen nur noch Informationen zu erhalten, wenn sie hinter ihm stünden, sozusagen ihm das Gesicht nicht zuwenden müssten, damit man ihre Lügen nicht erkennen würde. Jedenfalls erschrak er wieder, nicht so sehr über die Lautstärke des Redenden, sondern weil er derart in den Anblick der Kühe vertieft gewesen war. Der junge Bursche, den sie im ersten Stock der Käserei gesehen hatten, rannte von Müller weg in Richtung Schattgraben und machte zum Abschied ein paar Faxen. Ein schwermütiger Mann Anfang 20, er trug eine dunkle Cordhose, Jeansjacke und ein blaugestreiftes Hemd. Das sah der Detektiv, als sich der Sohn des Käsers noch einmal umdrehte. Tief hegende Augen mit schwarzen Rändern, ein schmales, bleiches Gesicht, halblange blonde, ungepflegte Haare.
    »Das war der Sohn des Käsers, Eichenberger Beat«, bestätigte Nicole lauter als nötig. Denn in diesem Augenblick verstummten die Kuhglocken, sodass jeder, der auf der Straße stand, Nicoles Worte aufnahm und dem Burschen nachblickte, der nun ein schnelleres Tempo anschlug.

Freitag, 22.9.2006
    Als Heinrich und Nicole in den Bären zurückkehrten, waren über dem Kurzgraben Wolken aufgezogen. Es herrschte plötzlich eine fiebrige Gewitterstimmung, die nur schlecht zum schönen Herbsttag passen wollte. Die Sonne beleuchtete die hohen Wolken von unten, sie erstrahlten in giftgelbem Orange und ließen

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