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Heinrich Spoerl

Heinrich Spoerl

Titel: Heinrich Spoerl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ADMIN JR.
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über die englische Diplomatie, die ihn in die Hölle manövriert hatte; hier mußte er nun pazifistische Schriften verteilen, die niemand haben wollte. Rasputin wurde täglich zweimal rasiert und war kaum zu erkennen, er hatte jeglichen Charme verloren, und Lord Byron fand den ständigen Geruch von Bratkartoffeln unerträglich. Tiere waren nicht vorhanden, sie kommen nicht in die Hölle; nur ein gewaltiger Gorilla lief mir in die Quere, es war aber nur Darwin. Bei Goethe hatte ich weniger Glück; er wurde zwar viel zitiert, ließ sich aber nicht sprechen. Überhaupt war die Auswahl an klugen Männern nicht groß. Die meisten hatten sich kurz vor Toresschluss noch rechtzeitig umgestellt, dafür waren es eben kluge Männer. Casanova war damit allerdings nicht durchgekommen. Auf ihn wollte die Hölle nicht verzichten, er war Renommierinsasse, und aus diesem Grund wurde es ihm auch nachgesehen, daß er von Zeit zu Zeit heimlich auskniff. Er kam dann jedes Mal etwas ramponiert zurück und erzählte in engem Kreise neue Memoiren, die ich hier nicht wiedergeben möchte.
    Auch sonst war alles ganz anders. Da waren keine Teufelchen, die um meine arme Seele Reigen tanzten und sie mit dem Bratspieß in den Schmorkessel zogen. Von dem Feuer war man abgekommen, und es gab auch keinen Trichter mit konzentrischen Kreisen, es gab überhaupt keine Kreise, es war eine Einheitshölle. Hier irrt Dante.
    Man hatte eine andere Strafe ausgeklügelt, die keinen Brennstoff und nichts kostet und sich ganz von selbst herausstellt. In der Hölle gibt es nämlich keine Sünde. Es ist wie auf der Alm, nur klimatisch nicht so gut. Wie sollte man hier auch sündigen? Jede Seele hat ihr Auskommen, Geld gibt es keines, Frauen auch nicht, sie sind in der andern Abteilung. Damit entfallen neunundneunzig Prozent aller Untaten. Wegen des restlichen ein Prozent lohnt es sich nicht anzufangen. Zu morden ist nichts, Seelen kann man nicht umbringen. Betrügen läßt sich keiner, die Leute hier unten sind viel zu gerissen. Gesetze und Verordnungen, die man mit Wollust übertreten könnte, werden nicht erlassen, aus purer Schikane nicht. Politik ist nicht vorhanden, dafür ist es eben die Hölle. Man kann hier mit dem besten Willen nichts Unrechtes tun, und das ist gerade die höllische Pein. Das Raffinierte daran ist, daß sie diejenigen am härtesten trifft, die am meisten gesündigt haben und es nicht lassen können. Die Seelen laufen vor Langeweile und Verzweiflung an den Höllenwänden hoch bis gegen den Plafond; das wird dann auf der Erde als Erdbeben registriert.
    Als ich vier Wochen unten war, hatte ich es gründlich satt. Es war nicht das geringste geschehen, ich fühlte mich geneppt und stellte einen Antrag auf individuellere Behandlung. Die Verwaltung schickte mir daraufhin einen Herrn, der mir täglich sechs Stunden den französischen Konjunktiv erklärte und dessen Stellung nach den Verben der Gemütsbewegung, des Veranlassens und Zulassens, der Beachtung und Verneinung, sofern die Handlung des Sinnobjektes negativ vom Verb beeinflusst wird. Ich erkannte meinen französischen Lehrer und erschlug ihn. Da verdoppelte er sich und unterrichtete mich von zwei Seiten weiter. So geht das in der Hölle. Ich nahm von weiteren Verdoppelungen Abstand, ich weiß aus der Mathematik, wie eine Zinseszinsrechnung ins Aschgraue geht.
    Das mit der individuellen Behandlung hätte ich lieber nicht sagen sollen. Die ganze Nacht hindurch hörte ich meine Frau Hausmeisterin, die mich schon zu meinen Lebzeiten bei der Arbeit störte, wenn sie durch das Treppenhaus rief: Fipi! – Fipi, wo biste denn? – Habe ich dich nit jesagt, du soils komme, wenn ich dich ruf. Fipi – Fipi –. Fipi war ihre Katze. Noch nie habe ich einem Menschen so das Himmelreich gewünscht.
    Nein, dafür war ich nicht gestorben. Ich ging zum Chef. Der Teufel hatte sehr menschliche Züge, er ließ mich tüchtig warten und behandelte mich ein bisschen von oben herab. Er kam mir überhaupt etwas abständig vor, er trug eine dicke Uhrkette und eine senkrechte Krawatte, trank Bier statt Feuerzangenbowle und entpuppte sich als ein richtiger Spießer. Nur Hörner hatte er keine, er war nicht verheiratet. Er bestätigte mir, daß er einen durchaus geordneten Lebenswandel führe und erzählte mir eine Stunde lang von seiner Geranienzucht. Beruflich schien er mir nicht auf der Höhe. Als ich mich wunderte, daß ich keine Kollegen traf, zuckte er die Achseln. »Sie sind Advokat? Was ist das? Davon

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