Heirat nicht ausgeschlossen
Kunden beobachtet und gehört, was sie zu dem Mann gesagt hatte.
Obwohl auch er das Verhalten des Mannes unmöglich fand, fragte er sich, warum manche Leute bestimmte Situationen förmlich heraufbeschworen, die sie in ihren seltsamen Ansichten über andere Menschen nur bestätigten. Ob es an einer kosmischen Macht liegt, die wissenschaftlich noch nicht erforscht ist?, überlegte er kurz darauf, während er zur Kasse ging.
Er war jetzt knapp eine Woche in England und hatte die herzliche Art der Engländer bereits schätzen gelernt. Besonders Sally und Chris hatten sich rührend um ihn gekümmert. Star würde seine Ankunft lange nicht so begeistert aufnehmen, wie Kyle vermutete.
Unwillkürlich musste er an die Unterhaltung denken, die er am Vorabend mit Sally und Chris geführt hatte, als er bei ihnen zum Essen eingeladen gewesen war.
“Ich glaube, Star ist gar nicht klar, dass du Tims Job übernimmst”, hatte Sally ihm gestanden. “Zugegeben, sie macht manchmal einen schwierigen Eindruck, aber …”
“Sie ist eine messerschwingende Emanze und hasst alle Männer”, unterbrach Chris sie.
“Das ist nicht fair, Chris”, protestierte Sally und wandte sich daraufhin an Kyle. “Star hatte eine schwere Kindheit. Sie hat ihren Vater bewundert, aber er wollte nichts von ihr wissen … Na ja, du kennst die Geschichte ja”, fügte sie verlegen hinzu, als Chris einen verächtlichen Laut ausstieß.
“Können wir nicht über erfreulichere Dinge reden als über deine Freundin?”, meinte er dann. An Kyle gewandt fuhr er fort: “Sie erinnert mich an die Spinnenweibchen, die ihre Männer nach der Paarung töten.”
“Oh Chris, das ist nicht fair”, protestierte Sally wieder.
“Ach komm”, konterte Chris. Anschließend erzählte er Kyle die Geschichte mit dem Brautstrauß und dass Star die Vorstellung, doch noch zu heiraten oder eine feste Beziehung einzugehen, weit von sich gewiesen hatte.
Als sie im Vorzimmer zu Tims Büro wartete, bemerkte Star, dass sich einiges darin verändert hatte, und zwar zum Positiven. Man hatte die alten Polstermöbel durch eine luxuriöse neue Sitzgruppe ersetzt und einen Automaten für Kaffee und kalte Getränke sowie einen Fernseher in den Raum gestellt. Darin lief gerade ein Video über die Fabrik in den USA, in dem die technischen Einzelheiten der dort hergestellten Klimaanlagen beschrieben wurden. Außerdem hatte man die zerfledderten alten Zeitschriften auf dem Couchtisch gegen neue Hochglanzmagazine ausgetauscht.
Überrascht stellte Star fest, dass es sogar eine Vase mit frischen Blumen gab und das Licht nicht mehr so hart war.
Tims Sekretärin, Mrs. Hawkins, eine Frau mittleren Alters, lächelte, als sie sah, wie Star ihre Umgebung betrachtete. “Es sieht jetzt viel freundlicher aus …”
“Oh ja”, bestätigte Star und warf einen Blick auf ihre Armbanduhr. “Habe ich noch Zeit für eine Tasse Kaffee, bevor ich mit Tim spreche, oder …?”
“Oh, Sie werden nicht …”
Die Sekretärin verstummte, da in diesem Moment die Tür zum Büro geöffnet wurde und eine männliche Stimme verkündete: “Es freut mich, Sie wiederzusehen, Star. Würden Sie bitte hereinkommen?”
Es war Kyle! Misstrauisch stand Star auf.
“Ich hatte einen Termin mit Tim”, begann sie herausfordernd, aber er hatte bereits ihren Arm umfasst und zog sie mit sich.
Sobald sie drinnen waren und Kyle sich umdrehte, um die Tür zu schließen, befreite Star sich aus seinem Griff. “Wo ist Tim?”
“Im Urlaub”, erwiderte er leise.
“Im Urlaub?” Verständnislos sah sie ihn an. “Für wie lange?”
“Das steht noch nicht fest. Alex war der Meinung, vier Wochen seien eine gute Zeit, vielleicht auch sechs.”
Sechs Wochen!
“Und wer vertritt ihn?”, erkundigte sie sich, obwohl sie die Antwort bereits kannte.
“Ich.”
“Aber das ist unmöglich!”, wandte sie ein und errötete prompt ob dieser ungeschickten Bemerkung, was ihr sonst eigentlich nie passierte. “Ich meine, Sie arbeiten nicht für Alex”, verbesserte sie sich. “Sie haben nichts mit dem Verkauf zu tun. Alex hat mir gesagt, Sie seien für den Vertrieb und den Kundendienst zuständig. Wenn ich das gewusst hätte, dann …”
“Es tut mir leid, wenn Sie es falsch verstanden haben”, sagte er leise. “Sicher hat Alex Sie nicht bewusst in die Irre geführt.”
“Aber Sie wussten, dass Sie Tims Job übernehmen würden, bevor Sie hierhergekommen sind, oder?”
“Dass ich ihn vertrete, ja.” Kyle machte eine Pause
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