Heirate nie einen Italiener
der Panik zu unterdrücken, als gleichzeitig Krankenwagen und Feuerwehr vorfuhren und sich neben der Landebahn postierten.
Ehe Helen sich’s versah, war sie von zahlreichen Menschen umgeben, denen wie ihr die Angst ins Gesicht geschrieben stand. Als durch Lautsprecheransage die Landung der Maschine angekündigt wurde, blickten alle zum Himmel. War es der Besatzung gelungen, den Schaden zu reparieren? Oder mussten sie mit dem Schlimmsten rechnen?
Helen verdrängte den grausigen Gedanken, so gut es ging, und erwartete gespannt den Moment, in dem das Flugzeug die tief hängenden Wolken durchstieß. Als es endlich so weit war, ging ein Schrei der Erleichterung durch die Menge, und dann brandete Applaus auf: Das Fahrwerk war ordnungsgemäß ausgefahren, und die Maschine landete, ohne dass die Feuerwehr eingreifen musste.
Was dann geschah, erlebte Helen wie in Trance. Die Menge hatte sich binnen weniger Sekunden aufgelöst, doch sie war wie angewurzelt stehen geblieben. Der Schock saß so tief, dass sie außerstande war, Erleichterung zu empfinden. Sie wusste, dass alles gut ausgegangen war, doch der Gedanke daran, was alles hätte passieren können, war stärker. Und obwohl das Flugzeug direkt vor ihren Augen zum Stillstand kam, meinte sie die schreckliche Gewissheit zu haben, dass es abgestürzt war und keiner der Insassen überlebt hatte. Sie würde Lorenzo niemals wiedersehen.
“Helen!”
Lorenzo schien sie bereits mehrfach angesprochen zu haben, denn er sah sehr besorgt aus. “Warum weinst du,
cara?”
, fragte er und legte ihr die Hand auf die Schulter.
Die liebevolle Berührung und das zärtliche Kosewort drohten Helen zu überwältigen. “Ich weine nicht”, erwiderte sie reflexartig und wischte rasch die Tränen weg.
“Ich dachte schon, du wärst das Warten leid gewesen und wieder in die Stadt gefahren.”
Helen hielt es für besser, ihm nicht zu sagen, was sie daran gehindert hatte, ihn direkt hinter der Passkontrolle abzupassen. “Wussten die Passagiere eigentlich, dass das Fahrwerk klemmte?”
“Die Besatzung hat uns gesagt, dass sie eine Notlandung vorbereitet”, erklärte er ihr, und sein Lächeln war so unbekümmert wie eh und je. “Als die Entwarnung kam, waren wir schon erleichtert, obwohl ich nie den geringsten Zweifel hatte, dass sie uns heil zurück auf die Erde bringen würden.”
Lorenzos unerschütterliche Zuversicht brachte Helen jäh die Ängste in Erinnerung, die sie ausgestanden hatte. Unwillkürlich traten ihr Tränen in die Augen, und dieses Mal hatte sie weder die Kraft noch den Willen, sie zurückzuhalten. Im nächsten Moment fand sie sich in Lorenzos Armen wieder, der sie fest an sich drückte.
“Um ehrlich zu sein, hatte ich schon befürchtet, dich nie wiederzusehen”, gestand er ihr leise.
“Sag das nicht!”, platzte sie heraus. “Als hätte ich nicht schon genug Angst ausgestanden.” Dann klammerte sie sich an ihn und schloss die Augen in der Gewissheit, dass Lorenzo tatsächlich nichts passiert war.
“Ich könnte jetzt einen Drink gebrauchen”, sagte er schließlich und räusperte sich ein wenig verlegen. Dann legte er den Arm um Helen und führte sie in eine Bar.
Es war tiefster Winter gewesen, als sie sich zuletzt gesehen hatten. Jetzt, im Sommer, war Lorenzo sonnengebräunt, und der dunkle Teint ließ sein dunkles lockiges Haar heller und das Blau seiner Augen kräftiger und intensiver wirken. Helen hatte sich von den Qualen, die sie durchlitten hatte, immer noch nicht erholt, doch während sie Lorenzo ansah, musste sie einsehen, dass ihr Herz noch aus anderen Gründen schneller schlug als gewöhnlich.
“Woran denkst du?”, fragte er unvermittelt.
“Dass ich mit dir nichts als Scherereien habe”, erwiderte Helen barsch. Doch Lorenzo hatte es nicht besser verdient. Wer sich hinterrücks in die Träume einer jungen Frau einschlich und Wünsche in ihr auslöste, die ihr zuvor wie Albträume vorgekommen waren, durfte sich nicht wundern, wenn sie irgendwann um sich schlug. “Es würde mich nicht wundern, wenn du die Panne am Fahrwerk absichtlich herbeigeführt hättest, nur um mir einen Schreck einzujagen!”
“Ausschließen will ich das nicht”, sagte er lächelnd, bevor er ihre Hand nahm.
Helens Wut war augenblicklich verraucht. “Wir sollten allmählich aufbrechen”, schlug sie nach einigen Augenblicken vor.
Während der Fahrt in die Stadt zählte er die Städte auf, durch die ihn seine Geschäftsreise führen würde. In New York, wo er
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