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Heiraten für Turnschuhträgerinnen

Heiraten für Turnschuhträgerinnen

Titel: Heiraten für Turnschuhträgerinnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Filippa Bluhm
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Eheschließung 1 . Stock . Gott sei Dank, eine andere Abteilung.
    »Wieso muss man sich zu einer Anmeldung anmelden? Und wieso muss man für die Anmeldung zur Anmeldung Schlange stehen?«, schimpft Georg mit mühsam unterdrückter Lautstärke.
    »Verstehe ich auch nicht. Gehen wir jetzt rein?«, frage ich Georg, doch der schüttelt den Kopf und beginnt die Telefonnummer, die unten links auf dem Schild angegeben ist, in sein Handy zu tippen. Er lauscht in den Hörer, wirft mir einen Blick zu und geht vor die Tür.
    Die Sonne blendet mich, als ich ebenfalls vor das Standesamttrete. Erst nach ein paar Sekunden erkenne ich Georg, der mit dem Handy am Ohr auf einen Baum einredet.
    »Gut, vielen Dank, auf Wiederhören!«, verstehe ich noch. Dann dreht er sich um.
    »Und?«
    »17. April, neun Uhr.«
    »Was?«
    »Unser Anmeldetermin.«
    »Aber das ist ja erst in drei Wochen!«
    »Zuerst wollte sie mir einen in sechs Wochen geben, aber ich habe sie davon überzeugt, dass es eilig ist.«
    »Reicht das denn noch? Drei Wochen später ist ja schon unsere Hochzeit!«
    »Ja, es reicht. Gerade noch so. Angeblich. «
    Georg sieht mich an. Ich sehe Georg an. Mir wird schlecht. Ich spreche nicht aus, was mir durch den Kopf geht: Was, wenn uns irgendetwas dazwischenkommt? Wenn wir den Termin vergessen? Unsere Anmeldung auf dem Postweg verloren geht? Ich will nicht daran denken. Ich will einfach nicht daran denken. Plötzlich habe ich das Gefühl, dass mir das Unternehmen Eheschließung zu viel wird. Und Georg geht es offensichtlich nicht anders, denn er zieht geistesabwesend sein Portemonnaie aus der Hose und beginnt verlegen, darin herumzuwühlen. Ich lenke mich von dem Anblick ab, indem ich in den Himmel sehe, an dem sich gerade ein Flugzeug in den Landeanflug auf Tegel begibt.
    Fast stolpere ich, als Georg mich plötzlich am Arm nimmt.
    »Komm!«, sagt er und grinst blöd.
    »Was grinst’n so blöd?«
    »Wir fahren nach Schöneberg.«
    »Warum?«
    »Weil ich heute freihabe!«
    »Aber warum Schöneberg?«
    »Wirste schon sehen!«

    »Vergiss es! Ich werde diesen Laden nicht betreten!«, kreische ich, als wir wenig später auf die Hauptstraße in Schöneberg biegen, und bleibe stehen.
    »Na komm schon, wir gehen da jetzt rein, kaufen dir das Kleid und sind so schnell wieder draußen, dass die Verkäuferin nicht einmal kapieren wird, woher die zweitausend Euro sind.«
    »Diese dumme Bohnenstange hat mir beim letzten Mal so verächtlich auf den Arsch gestiert, die würde den auf hundert Meter Entfernung erkennen!«
    »Aber du verlangst das Kleid doch mit deinem Mund, nicht mit deinem Hintern!«
    »Ich werde da nicht reingehen. Außerdem ist das Kleid viel zu klein, vergessen?«
    »Aber du hast doch schon sooo viel abgenommen! Bis zur Hochzeit schaffst du das mit links!«, sagt Georg und versucht, mich an der Hand weiterzuziehen.
    »Ich habe dreihundert Gramm abgenommen! Wenn ich in dem Tempo weitermache, schaffe ich bis zur Hochzeit allenfalls zwei Kilo!«
    »Gut, dann gehe ich da eben alleine rein«, sagt er und lässt mich stehen, einfach so, mitten auf der Straße.
    Eine Stunde später stehe ich im Schlafzimmer vor dem Spiegel und halte mir das Kleid vor den Körper. Dann feuere ich das Scheißding in die Ecke und schlüpfe wiederin T-Shirt und Hose. Ich betrachte im Spiegel mein Gesicht und erblicke eine Frau, die irgendwie … hart aussieht.
    Ich versuche, tief durchzuatmen, aber es gelingt mir nicht.
    Wir haben uns während dieser blöden Hochzeitsvorbereitung schon öfter gestritten. Während der Suche nach einem Ort für die Feier, wegen der Vöglein auf den Einladungskarten, wegen der Frage, ob die Verwandtschaft denn nun eingeladen wird oder nicht – und immer, immer wieder, weil Georg so viel arbeitet und die ganze Organisation an mir kleben bleibt. Aber jetzt habe ich zum ersten Mal das Gefühl, dass …
    Meine Pupillen im Spiegel sind ganz klein, nicht größer als Stecknadelköpfe. Beschämt sehe ich zu Boden, hebe das Kleid auf und lege es auf den Sessel, auf dem schon ein paar andere Klamotten liegen.
    Nein, ich habe nicht das Gefühl, dass irgendetwas auf dem Spiel steht.
    Es tut mir leid. Statt mich darüber zu freuen, dass mein zukünftiger Mann mir eine Freude machen und mich mit einem sündhaft teuren Traumkleid zu meinen Diätplänen motivieren wollte, war ich ungerecht und pampig. Ich habe den ganzen Rückweg nicht mit ihm geredet, in der U-Bahn nicht, im Treppenhaus nicht, im Flur nicht und auch nicht als er die

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