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Heiraten für Turnschuhträgerinnen

Heiraten für Turnschuhträgerinnen

Titel: Heiraten für Turnschuhträgerinnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Filippa Bluhm
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für das, was du zu tun gedenkst. Du heiratest, Lotte, das ist nicht irgendeine Party, die man mal nebenbei steigen lässt!« Lala ist der festen Überzeugung, dass eine Hochzeit, bei der man nicht die traditionellen Formen wahrt, allenfalls in eine Katastrophe münden kann. Neulich hat sie mir sogar eine Liste mit Spielen und Bräuchen aus dem Internet ausgedruckt. Als Georg sie auf dem Küchentisch gefunden hat, war sein einziger Kommentar: »Geht’s noch?«
    Wahrscheinlich betet sie jeden Abend für uns, seit ich ihr gebeichtet habe, dass wir sogar vorhaben, die Nacht vor der Hochzeit miteinander zu verbringen. Ja, in einem Zimmer! In einem Bett sogar!
    Aber: Wenn man Christ sein muss, um in den Himmel zu kommen, muss man dann nicht auch abergläubisch sein, damit ein Unglück eintritt? Eben.
    Und überhaupt – mir bleibt gar nichts anderes übrig, als im Dreck zu stochern. Ich meine, ich habe in den letzten Tagen wirklich ganz, ganz streng ausschließlich Rohkost mit leichtem Frühlingsquark und hin und wieder ein bisschen Vollkornbrot gegessen und habe laut Waage sogar tatsächlich noch mal 700 Gramm abgenommen. Aber als ich vorhin das Kleid anprobieren wollte, sah ich darin immer noch aus wie eineNackenrolle mit Rüschen. Na gut, immerhin bin ich diesmal alleine wieder rausgekommen – trotzdem bin ich nicht so dumm zu glauben, dass ich auch nur die geringste Chance habe, da bis zur Hochzeit reinzupassen. Also habe ich Georg angerufen und ihm erklärt, dass es mir leidtut und ich seine Geste wirklich nicht herabwürdigen will, ich ihn aber trotzdem darum bitte, das Kleid wieder zurückzubringen – drei Tage lang geht das noch. Er war ein bisschen beleidigt, hat dann aber doch eingewilligt.
    Aber irgendwas muss ich doch anziehen! Und weil mir langsam die Ideen ausgehen, suche ich jetzt bei eBay.
    Frevlerisch wie eine 15-Jährige, die auf dem Dorffriedhof einen Joint raucht, klicke ich das erste Angebot an: DREAM WEISS KURZ BRAUTKLEID, steht da. Im Grunde habe ich den Glauben an ein Hochzeitskleid ja längst verloren, aber das hier ist …
    Es ist …
    Mann, warum klingelt denn jetzt schon wieder das Telefon?
    »Charlotte Michalski?«, sage ich genervt in den Hörer.
    »Was soll das heißen?«
    Meine Mutter. O nein. Was will sie denn schon wieder? Wochenlang hat sie sich nicht bei mir gemeldet, und seit ein paar Tagen ruft sie mich fast stündlich an, um mir immer neue Adressen von polnischen Onkels und Großcousins durchzugeben, die gefälligst auch noch eingeladen werden müssen . Zum Glück kann ich ihr die meisten wieder ausreden, aber das ist mühsam. Ich verstehe einfach nicht, warum sie nicht einsehen will, dass es sich ein klein bisschen seltsam anfühlt, irgendwelche obskuren Verwandten einzuladen, die extra aus Australien in die mecklenburgische Provinz reisen müssten, obwohl wir sie bislang allenfalls einmalim Leben gesehen haben: bei Olgas Hochzeit von Weitem. Aber jedes Mal, wenn ich dieses Argument vorbringe, antwortet sie: Aber warum? Zu Olgas Hochzeit sind sie doch auch gekommen?
    »Was, Mama! Was soll was heißen?«, frage ich genervt in den Hörer.
    »Die st andesamtliche Trauung findet in der Kirche von Milow statt?«
    O weh. Sie hat die Einladung bekommen.
    »Was passt dir daran nicht?«, sage ich, obwohl ich ganz genau weiß, was es ist. Ich bin bis jetzt noch nicht richtig dazu gekommen, ihr zu verklickern, dass wir nur …
    »Heiratet ihr standesamtlich? «
    Ich stöhne. Meine Mutter lebt zwar seit 35 Jahren in Deutschland, aber im Herzen ist sie Polin, mit allen Konsequenzen. Nicht dass sie sehr tugendhaft wäre oder sich groß um die Bibel scheren würde – die sieben Todsünden zum Beispiel begeht sie täglich: Sie ist eitel, habgierig, genusssüchtig, gefräßig, missgünstig und manchmal sogar zu faul, ans Telefon zu gehen. Und: in diesem Moment ist sie furchtbar zornig . Aber sie trägt ein Marienmedaillon im Geldbeutel mit sich herum, hat eine Christophorus-Münze am Armaturenbrett kleben und hält sogar evangelische Landesbischöfe für heidnische Frevler.
    »Ihr heiratet nicht kirchlich? «
    »Mama …«
    »Das ist ein Risiko! Wer soll eure Liebe beschützen, wenn es Probleme gibt?«
    »Aber Mama, Georg und ich, wir lieben uns, wir müssen das nicht vor einem Gott bezeugen.«
    »Ihr werdet unfruchtbar sein ohne Gottes Segen!«
    »Unfruchtbar?« Jetzt reicht’s aber! Im richtigen Leben glaubt meine Mutter an Penicillin und Escada – und jetztwill sie so tun, als würde der

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